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Es drängt sich der Eindruck auf, als hätten die vergangenen rund fünf Jahre nicht stattgefunden. Zumindest was die Bemühungen um die Beilegung der griechischen Schuldenkrise anbelangt.

Denn im Grunde sind die EU-Europäer seit dem Kassensturz der 2009 ins Amt gewählten Regierung des Sozialisten Giorgos Papandreou keinen Deut weitergekommen. Noch immer steht man am Anfang, um zum einen einen Weg zur substanziellen Verminderung und Tragbarkeit der griechischen Schulden zu finden. Und zum anderen, um den desaströsen Zustand der staatlichen Verwaltungsstrukturen zu beheben, der ebenfalls in den Folgemonaten nach dem Offenbarungseid in Athen allmählich sichtbar wurde. Wenn da nicht die Feststellung wäre, dass in der gleichen Zeit breite Gesellschaftsschichten in Griechenland verarmten und die Wirtschaft in vielen Bereichen an den Abgrund getrieben wurde.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Doch jetzt wird noch einmal draufgesattelt. Bis zu 86 Milliarden Euro sollen in den kommenden drei Jahren zu den ohnehin immensen Schulden des Landes hinzukommen. Die Aussicht, diese dann auf über 400 Milliarden Euro angewachsene Summe an griechischen Außenständen wieder abtragen zu können, sind trotz angebotenem längerem Tilgungsaufschub und längeren Zurückzahlungsfristen eher noch geringer als vor fünf Jahren die Rückzahlung der damaligen Schulden. Menschen, die nicht so schnell die Hoffnung aufgeben, werden immerhin versuchen können, dahinter einen künftigen Schuldenschnitt zu vermuten, den renommierte Wirtschaftswissenschaftler längst fordern. Er wäre, auch wenn nur teilweise ausgeführt, mehr als angebracht, angesichts der Fehler und Versäumnisse, die die Euro-Staaten bei ihren Versuchen, die Krise zu bewältigen, gemacht haben.

Etwa als sie es vernachlässigten, tiefgreifende Strukturreformen im griechischen Staatswesen einzufordern. Denn eine der maßgeblichen Ursachen der derzeitigen Lage in Griechenland war und ist eine in weiten Teilen dysfunktionierende staatliche Verwaltung. Immerhin soll dies nun nach der gestrigen Einigung angegangen werden.

Und noch immer wird an dem 2011 eingeführten Privatisierungsprogramm festgehalten, das damals schon als eine eher widersinnige Maßnahme eingeschätzt wurde. Abgesehen davon, dass von den damals ebenfalls veranschlagten 50 Milliarden Euro, die sich von der Veräußerung staatlicher Infrastrukturen und Unternehmen erhofft wurden, bisher nicht einmal zehn Prozent eingenommen wurden, haben die Griechen hier mehr zu verlieren, als sie einnehmen können. Zum einen bringt der Verkauf des Tafelsilbers lediglich einen Einmaleffekt. Zum anderen werden sich potenzielle Interessenten höchstens im Unterbieten überbieten, da sie wissen, dass die griechische Regierung auf jeden Euro angewiesen ist, da mit den Einnahmen aus den Privatisierungen zum Teil die Schulden beglichen werden müssen.

Zwar wurde jetzt eine zumindest vorläufige Einigung, wie es in Griechenland weitergehen soll, gefunden. Doch braucht es auch eine Verständigung darüber, wie in Zukunft miteinander umgegangen werden soll. Denn in dieser Hinsicht liegt weiterhin viel Konfliktpotenzial in dem, was gestern beschlossen wurde.