Zum Hochmut einer Partei

Zum Hochmut einer Partei
(AFP)

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Es ist erschreckend, wie gelassen der Spitzenpolitiker Frieden ins Mikrofon sagt, er fürchte Neuwahlen nicht.

Dass seine Partei bei einem vorgezogenen Urnengang zwar einige Prozent Verlust hinnehmen müsste, scheint aufgrund der letzten Meinungsumfragen wahrscheinlich (cf. Tageblatt/Ilres-Sonntagsfrage), aber noch wahrscheinlicher ist die Bestätigung ihrer Vormacht. Mit dem gängigen, auf die CSV zugeschnittenen Wahlmodus ist ein Machtwechsel in Luxemburg quasi unmöglich geworden. Der Staat ist fest im Griff der Juncker-Riege, die ihre Vertrauensleute in den vergangenen Jahrzehnten überall dort platzieren konnte, wo Einfluss Zustimmung bedeutet, oder ganz einfach: Stimmen.
Feingeister, Moralisten, Naive (man trifft noch gelegentlich auf solche) glauben allen Ernstes, das, was Juncker und die Gesellen sich seit einer halben politischen Ewigkeit an Verfehlungen leisten, erscheine jetzt im Lichte der Bommeleeër- und SREL-Affären als untragbar.

asold@tageblatt.lu

Für eine demokratische Gesellschaft ist es in der Tat untragbar, weil die Fäulnis des vereinnahmten Staatskörpers offenbarend.
Nur sieht, spürt und riecht in Luxemburg der systematisch geblendete Bürger die Fäulnis nicht; er blickt noch voller Bewunderung auf die großen CSV-Gestalten, denen man in schwieriger wirtschaftlicher Zeit („Haben wir nicht andere Sorgen?“) solche Pannen doch im höheren Interesse des Landes nicht anlasten sollte.

Dazu, zu dieser gängigen Überlegung, die für die CSV reines Gold ist, ein paar kritische Fragen, die wir in zwei Gruppen einteilen, von denen die erste den Doppelskandal an sich betrifft und die zweite die finanzielle Misswirtschaft anspricht:
1. Warum wurde die Staatsanwaltschaft bei ihrer Aufgabe, den oder die Bommeleeër zu fassen, von Gendarmerie und Polizei behindert? Was darf der „kleine Mann“ auch heute noch nicht wissen? Wegen der Staatsräson? Was ist Luxemburger Staatsräson? Wem nutzt sie? – Wieso ließ der Staatsminister seinem SREL, dessen dubiose Chefs ihn duzen, die Leine derart lang? Warum saß er, und er allein, beharrlich auf diesem immer dicker werdenden Dossier von Illegalitäten? Genügt es, auf die viele Arbeit an der Regierungsspitze und in europäischen Gremien zu verweisen, um den für uns Steuerzahler teuren Schlamassel des Geheimdienstes zu rechtfertigen?

2. Es genügt nicht. Für ihre „viele Arbeit“ an der Regierungsspitze und in Europa verdienen Juncker und Co. kein Lob, sondern Tadel.
Die Austerität, unter deren Joch sie die Landespolitik stellten, ist der Hauptauslöser der gegenwärtigen Wirtschaftsflaute mit den negativen Folgen für Handel, Handwerk und inländisches Dienstleistungsgewerbe.
Am Mittwoch gab die Luxemburger Zentralbank ihre neuen Prognosen bekannt, die immer noch ein kleines Wachstum erwarten. Betont wird aber, dass die Sparmaßnahmen der Regierung enorme 0,8 Prozent BIP im Jahr kosten; das sind Milliarden gestohlene Wirtschaftsleistung, und logischerweise mehr Arbeitslosigkeit als ohnehin.

Der große Zauberer

Und dafür gebührte den Verursachern Lob und blendende Wiederwahl? Für die äffische Nachahmung der Merkel-Vorschriften, welche die deutsche Infrastruktur, wie der Spiegel diese Woche schrieb, „kaputt sparen“?
Leider, leider ändern die aufgezeichneten Fakten die für die CSV nach wie vor positive Grundstimmung bestenfalls marginal. Die Luxemburger sehnen sich nach materieller Sicherheit, und Herr Juncker brachte es, wie seine CSV-Vorgänger, fertig, diese Sehnsucht nach Sicherheit oral zu befriedigen. Er ist ein großer Zauberer.

Seine besten Tricks werden in einem kurzen, vorgezogenen Wahlkampf ankommen, als wären sie neu. Und dann wird er sich den gefügigen Kleinpartner für die Konsolidierung der CSV-Hegemonie aussuchen. Die LSAP, die DP oder „déi gréng“.
Schlimm, diese Qual der Wahl, nicht wahr!