Über die Hasser

Über die Hasser
(Alain Rischard/editpress)

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Den „corbeau“, jenen Beschmutzer, der anonym lästert, besch...ßt und beschuldigt, gab es schon immer.

Er (oder sie!) ritzte in Holz und Stein, bekleckste Wände und beschrieb Papier, voll perverser Schadenslust, Neid und Hass. Heute tummelt sich diese Spezies ungeniert in den sozialen Foren und auf den Web-Kommentarseiten vieler Medien, darunter auch Zeitungen wie das Tageblatt.

20150427 ar Esch-sur-Alzette,Rockhal,Alvin Sold

Diese Foren und die Kommentarseiten werden in Luxemburg rund um die Uhr hunderttausendfach von Internauten angeklickt, die wissen wollen, was „die andern“ zu den Schlagzeilen-Themen denken. Sie, die unbescholtenen Leser, stoßen dann auf vor Häme triefende Ergüsse, welche mit falschem Namen oder Pseudonym unterzeichnet sind.
Seit Monaten sind die Politiker der blau-rot-grünen Koalition, insbesondere Bettel, Schneider (E.), Gramegna, Meisch und Bausch, im Visier einer Horde von Miesmachern, die, sich im Mistmachen wollüstig überbietend, verdrehen, unterstellen und lügen, was das Zeug hält. An keinem Biertisch geht es so primitiv-vulgär und so pervers-perfide zu wie auf diesem neuen Medium.

Dass es sich, zumindest teilweise, um gezielte Kampagnen gewisser Parteigänger und -schreiber handelt, ist glasklar. Die Einbindung des Webs mit seinen Foren in die politische Auseinandersetzung, welche hauptsächlich in der verbalen Vernichtung der Konkurrenz besteht, ist auch im kleinen Luxemburg Praxis, wie kürzlich in der Referendum-Debatte nachweisbar.

Wer sich allein aus diesen Webquellen informierte, konnte keinen anderen Eindruck gewinnen, als dass in Luxemburg zurzeit alles, aber auch alles, schlecht läuft, wegen „Gambia“ (welche abgrundtiefe Verachtung wird doch mit dem Namen dieses armen afrikanischen Staates verbunden!), wegen der „Eliten“ (typisch rechtsradikal, diese Hetze gegen „die da oben“), wegen der CSV-losen Regierung …

Dabei ist Luxemburg im schwierigsten Kontext der letzten Jahrzehnte gerade jetzt ziemlich erfolgreich.
Anstatt, wie es im Zuge der großen Krise des Kasino-Kapitalismus durchaus hätte geschehen können, ein Konkursfall zu werden (mit dramatischen Folgen für die alteingesessenen Luxemburger, denn die Ausländer wären abgewandert), konnte es sich unter seiner geschickten politischen Führung aus der Falle befreien. Ohne Wolter und Gibéryen und Kartheiser und wie sie alle heißen, die neu-alten Kometen am schwarzen Himmel. Und auch ohne die ehemaligen Fixsterne Juncker und Frieden!

Ja, die wirtschaftlichen und finanziellen Voraussetzungen für ein robustes Wachstum sind binnen der vergangenen Monate in Luxemburg geschaffen worden. Wir sind das LuxLeaks-Image zwar noch nicht ganz los, aber die Strategie der schnellen Kurskorrektur und der Offenheit zu den Partnern zahlt sich aus.

Der wahre Kompetenztest für Blau-Rot-Grün sollte daher kein anderer sein als eine sozialgerechte Umverteilung dort, wo sie nun wieder möglich wird. Die Liste der Forderungen, beispielsweise der führenden Gewerkschaft, ist nicht lang, aber präzise und plausibel.

Und daher unterstützenswerter im allgemeinen Interesse als die Internet-Hasstiraden der (anonymen) Feiglinge, die unter uns herumschleichen, ob im Auftrag irgendwelcher okkulten Kräfte oder, was genauso schlimm wäre, infolge einer krankhaften Veranlagung.