Spiel mit der Angst

Spiel mit der Angst
(Tageblatt)

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Über die Vermischung von Politiken

Die meisten Kongresse sind gelaufen, die Parteien für die Gemeinderatswahlen im Oktober aufgestellt. Einige legten früh los. Die CSV z.B. ist seit längerem dabei, ihre lokalen Kandidaten und Kandidatinnen auf Auftreten und Argumentieren in Spezialkursen zu trimmen. Keine Partei will den Lauf der (Wahl-)Dinge dem Zufall überlassen.
Alle wissen sie, dass wer bei den Oktoberwahlen gut abschneidet sich eine gute Ausgangsstellung für die Parlamentswahlen im nächsten Jahr verschafft.

Und so kommt den Gemeindewahlen ganz sicher eine nationale Bedeutung zu, auch wenn sie vorrangig von jeweils lokalen Themen dominiert sein dürften. Vorrangig. Denn es scheint einigen Leuten schwerzufallen, sich bei den anstehenden Wahlen nur darauf zu konzentrieren. Die nationale Politik schaltet sich ein. Mit dem Ergebnis, dass plötzlich, noch im Vorfeld des eigentlichen Wahlkampfs, Themen auftauchen, die zwar nationaler Natur sind, jedoch jeden betreffen und daher einigen oppositionellen parteipolitischen Strategen geeignet scheinen, auch auf die lokale Ebene verlagert zu werden. Zumindest vorübergehend.

Ein solcher Begriff sind die Renten. Zwar gibt es im Großen und Ganzen eigentlich keinen Anlass dazu, in Sachen Renten aktiv zu werden. Umso mehr Spaß scheint es der CSV zu machen, gerade eben dies doch zu tun. Obwohl sie weiß, dass Luxemburg bei den Renten weltweit über die größten Reserven verfügt, treten sowohl CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler als auch CSV-Präsident Marc Spautz eine öffentliche Diskussion los. Wie gesagt, vor den Gemeinderatswahlen, nicht vor den Parlamentswahlen.

Auch was die Staatsfinanzen anbelangt, werden sie aktiv. Hier plädiert die CSV für eine erneute Sparpolitik. Alles andere könne sich das Land nicht leisten. Trotz aller Bestnoten, die Luxemburg von internationalen Gremien zugeteilt werden, trotz eines Wirtschaftswachstums von fast vier Prozent. Es gebe Leute, die Angst vor irgendeiner nächsten Krise verbreiten wollen, wies Präsidentin Corinne Cahen das oppositionelle Austeritätsansinnen auf dem gestrigen nationalen DP-Kongress scharf zurück, ohne Namen zu nennen.

Beim Thema Wohnungsbau, ebenfalls ein nationales wie ein lokales Reizthema, wurde zurückgerudert. Auf nationaler Ebene kann man zwar immer mal mit dem Finger auf die Regierung zeigen. Auf lokaler Ebene jedoch riskiert man, auf eigene Parteifreunde zeigen zu müssen, wenn darauf hingewiesen werden soll, was bei einzelnen Projekten schiefgelaufen ist.

So harmlos diese Vermischung von nationalen mit lokalen Themen auch daherkommen mag, so unschuldig ist sie nicht. Erstens zeigt sie, dass das Wahlabkommen zwischen den Parteien, das den Beginn der Wahlkampagne auf den 11. September festgelegt hat, nicht unbedingt von jedem respektiert wird, aller gegenteiligen Zusicherungen zum Trotz. Hinzu kommt, dass diese neue Art „Diskussionskultur“ haarscharf vorbeischrammt an einem sehr ungesunden Spiel mit der Angst.