Sozialdialog mit Hürden

Sozialdialog mit Hürden
(Tageblatt-Archiv/François Aussems)

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Im Herbst will die Regierung – wie im Koalitionsabkommen versprochen – den Sozialdialog wiederbeleben.

Dieser war hauptsächlich an der Index-Frage gescheitert; seit 2011 reden die Sozialpartner institutionell kaum mehr miteinander, auch wenn der Dialog in den Betrieben allein schon wegen der Tarifverhandlungen fortgesetzt werden musste.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Der Wirtschafts- und Sozialrat – eine Plattform, die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände auch außerhalb von Tripartite-Runden an einen Tisch bringt – beschäftigte sich in den letzten Jahren nur noch mit Themen, die keinen konfrontativen Charakter haben (zuletzt mit Fragen der Integration), allein um das Instrument weiterhin zur Verfügung zu haben.

Um den Index nicht erneut als unüberwindbare Hürde vor den angestrebten Sozialdialog zu stellen, erklärte Staatsminister Bettel, es herrsche angesichts der aktuellen Inflations- und Wachstumsraten keine Notwendigkeit, beim Index weiter legislativ einzugreifen. Der Zeitpunkt für diese Aussage war wohl günstig, denn bei einer historisch niedrigen Inflationsrate von unter einem Prozent erfallen die Index-Tranchen in einem Rhythmus, der unterhalb der einjährigen Auszahlungsgarantie der nun ablaufenden Modulierung liegt.

Damit war das Haupthindernis zu einer neuen Tripartite-Runde eigentlich aus dem Weg – bis der Unternehmerverband UEL ohne Not und quasi aus heiterem Himmel diese Gunst der Stunde mit der Forderung nach der Liquidierung einer Index-Tranche – und zwar der nächsten – quasi torpedierte.

Er wisse zwar, so der neue UEL-Direktor Jean-Jacques Rommes während einer Pressekonferenz, dass dies kaum politisch durchsetzbar sei; dennoch formulierte er die konfrontative Forderung, die für die Gewerkschaften nicht mehr und nicht weniger als die Forderung nach einem Lohnabbau von 2,5 Prozent darstellt.

Reinigungssektor und Luxair

Ob der ehemalige Bankenlobbyist zeigen möchte, dass das Sprichwort der neuen Besen, die gut kehren, auch bei Unternehmerverbänden gilt oder ob die UEL-Mitglieder kein wahres Interesse an einem Sozialdialog nach Muster des viel gelobten Luxemburger Modells vergangener Dekaden haben, entzieht sich unserer Kenntnis. Offensichtlich ist jedenfalls, dass das Beharren auf unhaltbaren Positionen riskiert, die Stimmung noch im Vorfeld der eigentlichen Renaissance der Tripartite nachhaltig zu vermiesen. Auch die Forderung des Industriellenverbandes nach Karenztagen im Krankheitsfall der Arbeitnehmer (was einen sozialen Rückschritt um gleich mehrere Jahrzehnte darstellen würde) lässt auf keine allzu große Lust auf einen echten Dialog mit den Arbeitnehmervertretern schließen.

Schließlich bleiben noch zwei Sozialkonflikte, von denen zumindest der eine, jener im Reinigungssektor, auf Unverständnis in weiten Teilen der Bevölkerung stößt. Den Reinigungskräften in privaten Putzfirmen, ohnehin in Sachen Lohn und Arbeitsbedingungen benachteiligte Arbeitnehmer, soll auch nach vielen Jahren Arbeit eine minimale finanzielle Anerkennung verwehrt bleiben; selbstredend wird hier wieder das abgedroschene Argument der Kompetitivität angeführt.

Der andere Konflikt schwelt bei der Luxair: Von Abmachungen über Lohnstabilität will das Management der nationalen Fluggesellschaft nach einem Jahr nichts mehr wissen, obwohl die Belegschaft seit 2008 auf Lohnerhöhungen verzichtete.

Soll im Herbst ein echter Sozialdialog geführt werden, so gehören hierzu im Vorfeld Anstrengungen der Arbeitgeber, die sich von ihrer offensichtlich liebgewonnenen Krisenrhetorik und dem damit einhergehenden Benehmen verabschieden müssen.

(Robert Schneider/Tageblatt.lu)