Sie sollen bleiben

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(Alain Rischard/editpress)

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Hat die Regierung nach dem Nein auf die drei Fragen zurückzutreten?

Eine Umfrage, die Ilres im Auftrag des Tageblatt am 4. Juni abschloss, also kurz vor dem Referendum, ergab: 60% der Wähler würden diese Konsequenz nicht fordern, 31% täten es. Damit stand bereits fest, dass es gewissen Strippenziehern nicht gelingen würde, die erste Konsultation der neuen Art in ein Votum gegen die Dreierkoalition umzufunktionieren.

Am Freitag wurde die Bestätigung dieser politisch wichtigen Erkenntnis nachgeliefert: Laut Wort-RTL-Politbarometer fordern nur 18% den Rücktritt der Regierung und Neuwahlen.

Die Frage der Ilres-Demoskopen („Nach dem dreifachen Nein sollte die Regierung …“) ließ fünf mögliche Antworten zu:

a) „… ihre Politik ändern und den Dialog mit den Bürgern suchen“ (64% Zustimmung).

b) „… zurücktreten und Neuwahlen organisieren“ (18%).

c) „… zurücktreten und eine neue Regierung bilden, ohne Neuwahlen“ (9%).

d) „… weitermachen wie bisher“ (6%).

e) „Weiß nicht“ (2%).

Besonders interessant ist Punkt a) in der Verknüpfung mit einer anderen Aussage derselben Umfrage, nämlich, dass 70% mit ihrem Nein lediglich auf die tatsächlich gestellten Referendumsfragen reagierten. Nur 3% straften allein
die Regierung ab, weitere 24% brachten ihre Ablehnung der Vorschläge und gleichzeitig
der Regierung zum Ausdruck. Zusammen 27%, ein Total, das mit dem von b) und c) übereinstimmt …

Fassen wir zusammen: 70% der Wähler betonen, ihr Nein sei die Antwort auf die gestellten Fragen gewesen, „sans plus“, und 61% ziehen aus dem dreifachen Nein den Schluss, nun sei die Regierungspolitik zu ändern und der Dialog mit dem Bürger zu suchen.

Was heißt die orakelhafte Weisung des Souveräns?

Wagen wir doch einen Deutungsversuch.

Nach der Ausbootung der CSV, die ihre Koalitionsfähigkeit wegen Juncker verloren hatte, trat Blau-Rot-Grün im Dezember 2013 mit dem erklärten Willen zu vielen gesellschafts-, finanz- und sozialpolitischen Reformen an. Man überschlug sich förmlich vor Eifer, um dies und das neu zu gestalten, von oben herab, ohne Rücksicht auf etablierte Interessen.

Dieses ungestüme Vorpreschen, gepaart mit hektisch geschaffenen Tatsachen, war es, das den Eindruck von einer Selbstherrlichkeit schuf, die dem Luxemburger zuwider ist.

Unsere Variante der Demokratie verlangt einen vorsichtigen, immer taktisch geschickten Umgang miteinander.

Ein Minister, der sich zwei oder drei „kleine“ Verbände oder Berufsgruppen aufhalst, weil ihm die Geduld oder der Wille zum Kompromiss à la luxembourgeoise fehlt, werkelt unbewusst am Aufbau einer immer breiteren außerparlamentarischen Opposition. Bei Blau-Rot-Grün agieren nahezu alle Regierungsmitglieder über die Köpfe jener hinweg, die sie als Partner oder zumindest als Zustimmende bräuchten.

Noch kann die Entfremdung zwischen Regierung und Volk überbrückt werden.

Lasst euch mehr Zeit für die komplizierten Dinge, ihr Minister und Staatssekretäre. Dieses Land braucht eine Pause.