Malochen und Maulhalten

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Wenn zu viel Freiheit die Freiheit tötet

Ohne Freihandel könnte kein unabhängiges Luxemburg existieren. Hätten wir früher unseren Stahl nicht exportieren können, hätten wir auch keinen produziert. Der Export stellt das Fundament für den Reichtum unseres Landes dar.
Und als der Finanzsektor den Stahl als Hauptwohlstandsmotor ersetzte, änderte sich nichts grundsätzlich: Auch das Kapital liebt eine möglichst große Freiheit. Kaum ein Ausländer würde hier investieren, um die Gehälter, Renten und Kredite der Eingeborenen zu verwalten.

Natürlich gibt es sogar in Luxemburg Menschen, die der Überzeugung sind, dass uns der Rückzug in die Isolation die Wiederkehr des (im verklärenden Rückblick so empfundenen) goldenen Zeitalters von „früher“ schenken würde. Von was würden wir dann aber leben? Nun, kein Problem: Wir alle würden Friseure werden und schnitten dann einander gegenseitig die Haare. So hätte jeder ein Auskommen und wir wären samt und sonders satt und zufrieden (uralter Ökonomenwitz).

Also noch mal, ohne freien Handel und Kapitalflüsse kein unabhängiges Luxemburg. Im Prinzip. Der Teufel steckt allerdings in den Regeln, unter denen dieses ganze Wirtschaftsgebaren stattfinden soll. Und da geht es zum Beispiel auf keinen Fall, dass die Interessen von Firmen und Konzernen über jenen von Mensch und Natur stehen sollen. Dass der Schutz der Investoren, so wie ihn TTIP vorsieht, über den von einer parlamentarischen Demokratie garantierten politischen Freiheiten steht.

Beide haben mit Parlamenten herzlich wenig am Hut

Fanatische Neoliberale haben etwas mit dem IS gemeinsam: Beide haben mit Parlamenten herzlich wenig am Hut. Für die Fous d’Allah steht Gottes Gesetz über dem menschengemachten, während die global agierenden Profitmaximierer sich nichts sehnlicher wünschen als internationale Schiedsgerichte, die Parlamentsbeschlüssen, die sich zum Nachteil goldgeränderter Bilanzen erweisen könnten, ohne viel Aufhebens den Garaus machen.

Da müssen wir höllisch aufpassen: Die Freiheiten, die wir einmal ohne Not hergegeben haben, werden wir so schnell nicht mehr wiederkriegen. Wenn überhaupt. Das ist wie mit der Zahnpasta: Sobald sie einmal aus der Tube raus ist, gibt es kein Zurück mehr.

Und selbst wenn nach den Aussagen von Frankreichs Außenhandels-Staatssekretär Fekl und SPD-Chef Gabriel manche bereits das Totenglöcklein für TTIP läuten zu hören meinen, gilt es, wachsam zu bleiben. Dass politische und wirtschaftliche Freiheit notwendigerweise korrelieren, wie uns die Neoliberalen immer noch und immer wieder weismachen wollen, ist nämlich ausgemachter Quatsch: In China z.B. konnte der Kapitalismus unter der Alleinherrschaft ausgerechnet einer kommunistischen Partei prächtig wachsen und gedeihen. Zugegeben, auch dort haben die Arbeitnehmer Rechte. Genau genommen zwei: Malochen und Maulhalten.