Jeder ist verdächtig

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(dpa)

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Im Europäischen Parlament wird am Donnerstag über ein Abkommen mit den USA zur Weitergabe von Informationen über Flugzeugpassagiere im Rahmen der Terrorismusbekämpfung abgestimmt, das unter den EU-Parlamentariern höchst umstritten ist.

Dennoch dürfte damit zu rechnen sein, dass vor allem mit den Stimmen der konservativen EP-Abgeordneten das Abkommen die Zustimmung der europäischen Volksvertretung erhält. Dabei sollte aber gleich vorweg gesagt werden, dass zum einen das Votum in Straßburg nur den Charakter einer Empfehlung hat – das Abkommen also auch bei einer Ablehnung nicht verhindert werden kann. Wenn auch in einem solchen Fall ein sehr deutliches Signal gesetzt werden würde und der zuständige Ministerrat ziemlich in die Bedrouille geraten würde. Zum anderen aber würde die US-amerikanische Heimatschutzbehörde dennoch an ihre Daten kommen, denn die Fluggesellschaften müssen diese Informationen weiterleiten, wenn sie die USA anfliegen wollen.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt)

Abkommen mit offenkundigen Mängeln

Die Weitergabe der sogenannten PNR-Daten (PNR: Passenger Name Records) und ein schon bestehendes Abkommen waren in der Vergangenheit bereits Gegenstand heftiger Diskussionen. Damals wurde versprochen, bei einem neuen Anlauf für ein Abkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten die Dinge besser zu regeln. Doch auch dieses Mal scheinen die Europäer ihre Prinzipien den Wünschen aus Washington hintangestellt zu haben.

Einmal abgesehen davon, dass jeder Flugreisende, der in die USA will, als potenzieller Terrorist betrachtet wird, hat das Vertragswerk offenkundige Mängel, was den Datenschutz anbelangt. Dies wurde bereits von der Europäischen Datenschutzbehörde beanstandet, was allerdings letzten Endes nicht berücksichtigt wurde.

Neben der 15-jährigen Speicherdauer dieser Daten wird ebenfalls die im Abkommen festgehaltene Möglichkeit kritisiert, die Daten von den USA aus an Drittstaaten weiterzureichen, mit denen die Europäer kein Abkommen verbindet. Was äußerst bedenklich ist, denn immerhin werden hier neben sämtlichen verfügbaren Kontaktinformationen auch alle verfügbaren Zahlungs- und Abrechnungsinformationen (Kreditkartennummer) weitergereicht. Darüber hinaus nehmen sich die US-Behörden das Recht, später auch Zugang zu Datensätzen in Europa zu haben. Die PNR-Daten dienen mit dem neuen Abkommen allerdings längst nicht mehr nur der Terrorismusbekämpfung. Sie können bereits genutzt werden, wenn das Sicherheitspersonal am Flughafen eine nähere Befragung vornehmen will.

Was einst zum Standard einer Einreise in einen totalitären Staat sowjetischen Zuschnitts gehörte, wird sich nun in der sogenannten freien Welt einbürgern. Und die Europäer leisten beflissen Schützenhilfe, wenn es darum geht, den Generalverdacht zum Normalzustand zu erheben. Für sie ist das Abkommen denn auch eine Art Vorarbeit für ein ähnliches System der Datensammlung, dem Flugreisende nach Europa demnächst ausgesetzt werden sollen.