Rechnet man die 60 Tage Sommerurlaubszeit ab, während der das Geschehen in Luxemburg, sei es landespolitischer oder auch kommunalpolitischer Natur, bekanntlich auf Sparflamme steht, dann bleibt den Parteien und Kandidaten bis zum ersten Wahltag am 9. Oktober nicht mehr viel Zeit, um die Werbetrommel zu rühren. Kein Wunder also, dass in den letzten Tagen, in verschiedenen Gemeinden, die ersten Werbegeschenke mit Abziehbildern einzelner Kandidaten und Parteien bereits die Runde machten.
" class="infobox_img" />Roger Infalt
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Doch braucht es solcher 10-Cent-Geschenke überhaupt?
Der Wahlkampf 2011 hat doch eigentlich alles, was er braucht. Themen wie umweltbewusste Energie, Bildung und Schulbau, leere Gemeindekassen, fehlende Arbeitsplätze, Wasserpreis, Gemeindefusionen, innerörtliche Verkehrsberuhigung, Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität generell, Unterbringung von Asylbewerbern usw., usf. Genug Stoff, um darüber zu reden – und zu streiten. Genug Stoff, der aber – bis dato jedenfalls – auf schöne austauschbare Bilder reduziert wird. Offenbar hat die Landes- und Gemeindepolitik in den letzten Jahren Wahlkämpfer wie auch Wähler eingelullt. Wie anders ist es zu erklären, dass die eigentlichen Probleme in den Hintergrund gerückt werden, um dem oberflächlichen Geplänkel Platz zu machen?
Die Parteien und Kandidaten begnügen sich damit, Trostpflaster zu verabreichen, die das Grundübel nur bedecken, aber nicht beseitigen. Die Saison der Placebos ist eröffnet. Von solchen Mitteln, die gegen alles und nichts wirken, sollten sich die Wähler in den anstehenden Wahlkampfwochen nicht länger täuschen lassen.
Man sollte Folgendes bedenken: In Luxemburgs Gemeinden sind am 1. Januar 2012 insgesamt 1.139 Posten neu zu besetzen, für die schätzungsweise 4.000 Kandidaten ins Rennen gehen. Da greift schon mal der eine oder andere ganz tief in die Trickkiste, wenn er um die Gunst der Wähler buhlt.
„Attacke“
Die eine oder andere Kandidatenliste geht zwar mit dem Aufruf „Attacke“ in den Wahlkampf hinein, doch die Waffen sind stumpf. Am Montag, zum Beispiel, hat die CSV-Sektion aus Esch ihre Kandidaten vorgestellt. Es sei seit langem die stärkste Liste der Escher Filiale der „Volkspartei“, hieß es zu später Abendstunde in den eigenen Reihen. Altbewährtes, gemischt mit junggebliebenen Ärzten, jungen Juristinnen, Sportlerinnen und einem nicht mehr so jungen Noch-Radiojournalisten, der in den nächsten Wochen den Posten des CSV-Pressesprechers übernimmt.
Von Aussagen, wie sie CSV-Spitzenkandidat Ady Jung beim Wahlgang 1999 in Esch gemacht hatte („Buergermeeschter oder näischt“) und die ein Jahr später zu Neuwahlen geführt hatten, wolle man heute nichts mehr wissen. Und es folgte eine Auflistung von Ideen, die man so oder ähnlich auch bereits vor Wochen bei der LSAP gehört hat. Dort, wo die Sozis blau sagen, sagt die CSV jetzt halt dunkel- oder hellblau. Attacke? Na ja! Eher „Attäckchen“, wenn überhaupt.
Es fehlt an Abgrenzung, an Trennschärfe, an Profil. Und dies gilt bei weitem nicht nur für die Escher CSV. Dieses Manko stellt man zunehmend bei Parteien und Kandidaten jeglicher Couleur fest. Es fehlt der Mut!
Apropos: Auf dem Kongress von „déi gréng“ ließ Camille Gira seine „Käerjenger Kollegen“ am Samstag hochjubeln und beklatschen, „da sie den Mut aufbrachten, sich bei der Abstimmung um die Bascharager Entlastungsstraße zu enthalten“. Keine Meinung zu haben, ist in der heutigen politischen Welt also ein Beweis von Mut!?
Massiver Einsatz von Placebos, Griffe in die Trickkiste, Profillosigkeit, Mangel an Courage – der Wähler wird es nicht leicht haben, wenn er am 9. Oktober seine Kreuzchen machen muss.
De Maart
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