Nutzung der Kapitalerhöhung der Weltbank

Nutzung der Kapitalerhöhung der Weltbank

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Bertrand Badré und Charlotte Petri Gornitzka*

Im April stimmten Regierungen aus aller Welt einer Kapitalerhöhung von 13 Milliarden Dollar für die Weltbank-Gruppe zu. Sie sandten damit ein deutliches Signal aus, dass der Multilateralismus alles andere als tot ist. Die zusätzlichen Mittel werden die Fähigkeit der Weltbank-Gruppe stärken, Entwicklungsprojekte weltweit zu unterstützen. Doch sie werfen zugleich wichtige Fragen darüber auf, wie man die neuen Mittel am besten einsetzen sollte und in Zukunft am besten öffentliches Kapital aufbringt.

Das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen für 2030 sowie des Ziels der Weltbank-Gruppe selbst, die Entwicklungsfinanzierung „von Milliarden auf Billionen“ zu steigern, erfordert die optimale Ausschöpfung des Potenzials der jüngsten Kapitalerhöhung. Und hierzu bedarf es des Aufbaus einer neuen Architektur für die Entwicklungsfinanzierung, damit eine Vielzahl mit begrenzten Ressourcen agierender Akteure Anreize erhält, ihre Leistung zu steigern, gemeinsame Maßnahmen zu verfolgen und die Duplizierung der Anstrengungen anderer zu vermeiden.

Ein neuer Rahmen wird alle beteiligten Akteure – darunter die Weltbank-Gruppe, regionale Entwicklungsbanken, bilaterale Einrichtungen, die Europäische Investitionsbank (EIB) und andere Institutionen – zwingen, ihre Rolle innerhalb des größeren Systems zu überprüfen. Wir wissen aus vergangenen Erfahrungen, dass durch eine Stärkung der Weltbank-Gruppe die Nutzung öffentlichen und privaten Kapitals in der Entwicklungsfinanzierung stärker fragmentiert werden könnte. Um ein derartiges Ergebnis zu vermeiden, brauchen wir ein System, das unterschiedliche Parteien zu einer transparenten Zusammenarbeit motiviert.

Mobilisierung von Kapital

Ein zentraler Schwerpunkt sollte auf der Stärkung des Ansatzes „von Milliarden auf Billionen“ liegen, der sich auf die Mobilisierung von Kapital des privaten Sektors und die Sicherstellung einer optimalen Nutzung des Kapitals aus dem öffentlichen Sektor konzentriert. Entsprechend darf man nicht zulassen, dass die Zunahme öffentlicher Mittel durch versteckten Wettbewerb oder einen „Verdrängungseffekt“ Beiträge des privaten Sektors abschreckt. Diesen Bedenken zu begegnen, wird bei der Zuordnung von Risiken und Verantwortlichkeiten eine klarer definierte Arbeitsteilung erfordern.

Zudem ist es Zeit, die offizielle (durch Regierungen geleistete) Entwicklungshilfe, die für die Bekämpfung der Armut, den Schutz der Menschenwürde und die Finanzierung grundlegender Dienstleistungen an Orten, wo keine anderen Finanzressourcen zur Verfügung stehen, unverzichtbar bleibt, neu zu überdenken. Aufgrund begrenzter Investitionen in die SDGs muss die offizielle Entwicklungshilfe auf eine Weise eingesetzt werden, die zusätzliche Finanzmittel anlockt oder bestehende Ressourcen durch kombinierte (öffentlich-private) Finanzierungsmechanismen kanalisiert.

Als Mehrheitsteilhaber am multilateralen Entwicklungsbanksystem haben die größten Beitragszahler eine zentrale Rolle dabei zu spielen, die Anreize für den öffentlichen und den privaten Sektor aufeinander abzustimmen. Gemeinsam können sie die internationale Gemeinschaft in Richtung eines Systems lenken, das auf gemeinsamen Zielen und kollektiver Verantwortung basiert.

Die Kapitalerhöhung der Weltbank-Gruppe sorgt an einem für den Multilateralismus kritischen Moment für Beruhigung. Doch sie sollte nicht als Ausrede dienen, um Innovationen einzustellen oder den einfachen Weg einzuschlagen, sich allein auf öffentliches Kapital zu stützen und dabei die schwierige Aufgabe zu vermeiden, kombinierte Finanzierungsansätze zu verfolgen. Stattdessen müssen wir den Moment nutzen, um weltweit die Quellen der Fragilität, des Konflikts und der Gewalt anzusprechen und ein für eine verstärkte Investitionstätigkeit des privaten Sektors förderliches Umfeld zu schaffen. Nur indem wir die aktuelle Dynamik aufrechterhalten, können wir die SDG-Agenda vorantreiben.

Bisher wurden kombinierte Finanzierungsmechanismen zur Mobilisierung privaten Kapitals überwiegend in relativ stabilen Ländern mittleren Einkommens eingesetzt. Laut einer aktuellen OECD-Studie kamen fast 43% der zwischen 2012 und 2015 durch derartige Mechanismen aufgebrachten privaten Gelder in Ländern mit hohem mittleren Einkommen zum Einsatz, und nur 7% in den am wenigsten entwickelten Ländern.

Kapital aus privatem Sektor anlocken

Es ist lebenswichtig, den Einsatz von Kombifinanzierungen in fragilen und einkommensschwachen Länder auszuweiten. Die privatwirtschaftlichen Arme der Entwicklungsbanken müssen mehr tun, um ihren Kapitaleinsatz auf eine Weise auszurichten, die Risiken mindert und Kapital aus dem privaten Sektor anlockt, statt dieses unbeabsichtigt zu verdrängen.

Die Welt verfolgt die SDG-Agenda erst seit einigen wenigen Jahren. Doch schon jetzt ist klar, dass ihre Umsetzung neue Anreize für öffentliche und private Akteure erfordert, Investitionen in Richtung derjenigen auszurichten, die Gefahr laufen, abgehängt zu werden. Dies bedeutet die Schaffung eines Systems, in dem öffentliche Gelder konsequent zu den richtigen Zwecken auf die richtigen Bereiche ausgerichtet werden.

In Zeiten populistischer Agitation gegen multilaterale Institutionen ist die Kapitalerhöhung der Weltbank-Gruppe per se eine bemerkenswerte Leistung. Doch macht das aktuelle politische Umfeld es umso wichtiger, dass wir die nächste Phase der Entwicklungsfinanzierung richtig hinbekommen. Wir müssen uns weiterhin auf den Aufbau und Erhalt einer in sich geschlossenen Architektur zur Erfüllung der SDGs und anderer internationaler Verpflichtungen konzentrieren, wie etwa jener, die im Pariser Klimaabkommen verkörpert sind.

Veränderungen passieren nicht von allein. Statt uns also auf Gnade und Ungnade den globalen Finanzströmen auszuliefern, müssen wir die Kapitalbeschaffung als ein Instrument für das Erreichen unserer Ziele nutzen. Dies erfordert ein echtes, langfristiges Engagement seitens der „Teilhaber“ und den Druck seitens engagierter Bürger weltweit.

* Bertrand Badré ist CEO und Gründer von Blue like an Orange Sustainable Capital und Co-Vorsitzender des Global Future Council on International Governance, Public-Private Cooperation, and Sustainable Development des Weltwirtschaftsforums.
Charlotte Petri Gornitzka ist Vorsitzende des Entwicklungshilfeausschusses der OECD und Co-Vorsitzende des Global Future Council on International Governance, Public-Private Cooperation, and Sustainable Development des Weltwirtschaftsforums.
Aus dem Englischen von Jan Doolan
Copyright: Project Syndicate, 2018
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