Zahlreiche ausländische Studien über das Wohlbefinden von Minderjährigen zeigen nämlich unabhängig voneinander, dass Jugendliche und eben sogar Kinder sich allgemein – vor allem mental – schlechter fühlen. Oft fällt in diesem Zusammenhang der Begriff Stress.
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Dieser Stress ist denn auch die häufigste Ursache dafür, dass zusehends mehr Kinder unter chronischen Bauch-, Kopf- oder Rückenschmerzen leiden. Das sagt nicht irgendwer, das sagt Boris Zernikow, Chefarzt des ersten Deutschen Kinderschmerzzentrums, das vor rund zwei Wochen seinen Betrieb in Datteln (Nordrhein-Westfalen) aufgenommen hat.
Aber warum sind Kinder und Jugendliche schon in jungen Jahren so krankhaft gestresst?
Sind junge Menschen heutzutage „schwächer“, als ihre Altersgenossen es noch vor einigen Jahren und Jahrzehnten waren? Wohl kaum. Steckt vielleicht die Pharmaindustrie hinter diesem „Trend“? Unmöglich ist dies theoretisch nicht, in diesem Fall scheinen die Krankheitsbilder aber zu vielfältig und teilweise zu diffus zu sein, als dass man sich gezielten Profit versprechen könnte.
Sind es dann vielleicht die Eltern, die mit der „korrekten“ Erziehung ihrer Kinder überfordert sind? Die ihre Kinder nicht mehr „bestmöglich“ auf die Welt vorzubereiten und damit „stressresistent“ zu machen vermögen? Wenn dem (in diversen Fällen) auch noch so wäre, wären es deshalb schlechte Eltern? Oder aber liegt das Problem vielleicht ganz woanders?
Der österreichische Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier, Vorsitzender des Wiener Instituts für Jugendkulturforschung, zum Beispiel ist überzeugt davon. Und er steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Was zähle, sei in der heutigen Zeit einzig und allein die Leistung des Einzelnen, damit verbunden seine berufliche Karriere und damit das gesellschaftliche Ansehen. Eine Tatsache, die bereits Kindern direkt oder indirekt vermittelt wird. Das Ergebnis ist oft ein Teufelskreis aus Ängsten, Selbstzweifeln und permanenter Anspannung. Der Leistungsdruck wird von Kindesbeinen an oft schon derart aufgebaut, dass Kinder spätestens im Jugendalter daran zu zerbrechen drohen.
Das System wird weiter ausgebaut
In einer Studie schlussfolgert Heinzlmaier, dass das „System“ die Schuld an der besorgniserregenden Entwicklung habe. Etwas differenzierter sagt er, dass es heute ein „unhinterfragbares Allgemeingut“ sei, dass sich die Gesellschaft an Konsum und Leistung orientiere. Dies würde weder von konservativer noch von linker Seite hinterfragt, kritisiert er.
Was es brauche, sei eine andere Ethik, eine Rückbesinnung auf die viel gescholtenen „traditionellen Werte“. Allerdings werde alles so weitergehen wie bisher. Und die nächsten Jugendlichen werden in die Krise schlittern, gibt sich der Experte nicht sonderlich optimistisch.
Wenn man nun weiß, dass diese Einschätzung bereits vor rund fünf Jahren erstellt wurde, muss man leider feststellen, dass der Mann recht behalten sollte. Es reicht, sich die derzeitige Situation in der westlichen Welt bzw. in Europa anzusehen.
Und Luxemburg bleibt von dieser Lage (beileibe) nicht verschont. Oder um es korrekter zu sagen: Luxemburgs Politiker (konservative und linke, siehe Heinzlmaier) zimmern eifrig am Ausbau von Globalisierung und Neoliberalismus mit.
Politiker fordern auch hierzulande genau wie Wirtschaftsbosse immer mehr Flexibilität, Argumente liefern ihnen dabei die selbst gezeichneten und durch nichts zu belegenden Schreckensbilder zur finanziellen und wirtschaftlichen Zukunft des Landes. In diesem Sinne wirken sich auch die beschlossene Indexmanipulation und die geplante Rentenreform alles andere als psychologisch beruhigend auf kommende Generationen aus.
Ein falsches Signal geht auch von der aktuellen Diskussion über die Schulreform aus. Viele Schüler fühlen sich verloren, übergangen, teilweise alleingelassen. Sie wissen nicht, was kommt und ob sie zukünftig in diesem „System“ noch so funktionieren können, wie dies von ihnen „erwartet“ wird.
Kinder und Jugendliche brauchen Halt, feste Strukturen und Regeln. Dies gilt für das Elternhaus genauso wie für die Gesellschaft. Jeder Unsicherheitsfaktor irritiert junge Menschen und stört Leistungsentwicklung und ihr soziales Wohlbefinden.
Dies sollten sich Politiker auch vielleicht einmal vor Augen führen, wenn sie in ihren Reden gebetsmühlenartig vorgeben, alles nur zum Wohle der zukünftigen Generationen zu tun. Und dabei oft wohl nur an die eigenen Interessen, sprich die eigene Wiederwahl denken.
De Maart
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