Am Scheideweg

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Die FIFA-Präsidentenkür

Prinz Ali, Scheich Salman, Gianni Infantino, Tokyo Sexwale und Jérôme Champagne: Was klingt wie eine Bande von Gangster-Rappern oder besser noch die männliche Besetzung eines Pornofilms, ist in Wirklichkeit die Kandidatenliste für den wichtigsten Posten im Weltfußball. Viel schlimmer als die ulkigen Namen ist die Tatsache, dass die fünf Kandidaten wenig Hoffnungen auf den so dringend benötigten Neuanfang im Fußball machen. Denn sie alle kommen aus dem inneren Kreis des Fußballs und waren somit ein Teil des durch und durch korrupten Systems.

Morgen geht es beim FIFA-Kongress in Zürich um die Nachfolge des Sonnenkönigs Sepp Blatter, der nach 17 Jahren an der Spitze des Weltfußballverbands FIFA einen Scherbenhaufen hinterlässt. Jahrelang deckten Journalisten einen Skandal nach dem anderen auf, doch Blatter konnte das nichts anhaben. Denn die Politiker brauchten ihn, um ein Stückchen des Kuchens abzubekommen.

Erst die komplett absurde WM-Vergabe nach Katar brachte das Fass schließlich zum Überlaufen. Die US-Justiz war es, die die FIFA mit den Festnahmen vor dem Kongress im Mai letzten Jahres in ihren Grundfesten erschütterte. Ausgerechnet die Amerikaner also, die wenig vom Fußball, dafür aber umso mehr vom Geld verstehen. Genau jene Amerikaner, die im Rennen um die Weltmeisterschaft 2022 den Kürzeren gegenüber dem Wüstenstaat Katar zogen.

Und aus deren Reihen die FIFA den Star-Ermittler Michael Garcia engagierte und ihn mit der Nicht-Veröffentlichung seines Abschlussberichts über die dubiosen WM-Vergaben 2018 und 2022 der Lächerlichkeit preisgab.
Die FIFA nahm allein mit der letzten Weltmeisterschaft in Brasilien über zwei Milliarden Dollar ein. Sie hat ca. 1,5 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Und das als nicht gewinnorientierter Verein, der die FIFA laut Statuten nämlich ist. Wer mit so viel Geld jongliert, der verliert gerne mal die Bodenhaftung.

Die Zeitenwende bei der FIFA begann 1974 mit der Inthronisierung João Havelanges als Präsident. Der Brasilianer mit belgischen Wurzeln – sein Vater war ein Waffenhändler aus Lüttich – machte aus dem Verband ein regelrechtes Wirtschaftsunternehmen und etablierte dank der Hilfe des Adidas-Chefs Horst Dassler ein ausgeklügeltes System der gegenseitigen Begünstigung innerhalb des Weltverbandes. Er war der Ziehvater von Sepp Blatter, der ihn 1998 wohl auch dank massiven Stimmenkaufs beerbte und das korrupte System ungeniert bis zum letzten Jahr weiterentwickeln konnte.

Und nun? Als Favoriten gehen morgen Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa und Gianni Infantino ins Rennen. Scheich Salman sieht sich momentan Vorwürfen der Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Sein Heimatland Bahrain ist zudem nicht gerade für Reformbewegungen bekannt. Gegenspieler Infantino ist Europas Ersatzkandidat für Michel Platini, der von seinem einstigen Förderer Blatter ans Messer geliefert wurde. Als Generalsekretär des Europäischen Fußballverbandes UEFA sollte er sich im Machtspiel um die Fußball-Millionen bestens auskennen. Ein Neuanfang mit neuen Köpfen, neuen Ideen und neuen Strukturen sieht jedenfalls anders aus.

Die FIFA steht am Scheideweg. Es ist Zeit, dass der Verband, der die populärste Sportart der Welt repräsentiert und gerne in groß angelegten Kampagnen für Fairplay und Völkerverständigung eintritt, nach 40 Jahren Vetternwirtschaft und Korruption endlich ins Reine kommt.