Aber auch in London, Paris, Frankfurt, Lissabon, Zürich, Athen und Washington (um nur diese Städte zu nennen) gingen die Menschen auf die Straße: Nach dem Vorbild der „Occupy Wall Street“-Bewegung, die die USA seit nunmehr vier Wochen in Atem hält, demonstrierten am Samstag weltweit mehrere hunderttausend Menschen gegen die Macht von Märkten und Spekulanten.
So begrüßenswert diese Entwicklung auch ist, so entscheidend ist aber auch die Frage, ob die ausgebrochene Protestwelle anhalten und sich ausweiten sprich etwas erreichen kann. Vieles deutet derzeit darauf hin, dass dem so ist.
" class="infobox_img" />Tom Wenandy [email protected] (Bild: Tageblatt)
Einerseits scheinen die Menschen (endlich) verstanden zu haben, wie und vor allem zu wessen Gunsten die Märkte funktionieren. Es hat lange gedauert, aber letzten Endes hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich das kapitalistische System nicht (schon gar nicht von sich aus) zum Besseren wenden kann (und will). Aus der angesprochenen Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre wurden keine Lehren gezogen, die global operierenden Finanzjongleure machten und machen, als sei nichts gewesen. Vor den Augen der Politiker, die sich zwar zuweilen drohend aufplustern, ganz schnell aber wieder außer Puste geraten.
Andererseits, und dies kann einen besonders zuversichtlich hinsichtlich der Auswirkungen der „Occupy“-Proteste stimmen, setzt sich die neue Bewegung aus Menschen aller Altersgruppen und sozialen Schichten zusammen. Es ist also nicht bloß die „klassische“ Linke, die hier ihrem fast genetisch bedingten Unmut über Kapitalismus und Liberalismus Luft macht. Es ist also gut möglich, dass es sich hier nicht um eine „unsäglich alberne“ Antikapitalismus-Debatte handelt, wie sich der ehemalige deutsche Bundespräsidentenkandidat und Bürgerrechtler Joachim Gauck jüngst im Rahmen einer Veranstaltung der Zeit in Hamburg ausdrückte.
Eine besondere Gattung
Und was ist mit Luxemburg?
In der Hauptstadt folgten am vergangenen Samstag rund einhundert Menschen dem Protestaufruf der Globalisierungsgegner von Attac. In absoluten Zahlen betrachtet ein sicherlich nur bedingt wahrnehmbares Grüppchen.
Für Luxemburger Verhältnisse aber, bzw. im Vergleich zum Ausland, eine doch bereits sehr ansehnliche Zahl. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der gemeine Luxemburger doch eher der sanftmütigen, immer auf Konsens bedachten Gattung angehört. Hinzu kommt, dass es dem Land durchschnittlich betrachtet immer noch besser geht als seinen Nachbarn.
Vielleicht spielt aber auch eine Rolle, dass sich etliche Luxemburger bewusst sind, lange Zeit von den nun angeprangerten Exzessen profitiert und (sehr) gut gelebt zu haben.
Aus diesen Tatsachen aber zu schließen, dass es in Luxemburg nicht zu massiven, warum nicht sogar gewalttätigen Protesten kommen könnte, wäre (vor allem für die herrschende politische Klasse) fatal. Denn nicht nur, dass größere Umwälzungen immer klein beginnen. Auch im „verwöhnten“ Luxemburg schlummert ein erhebliches Protest-Potenzial.
Um sich dessen bewusst zu werden, reicht es, sich die vergangene Woche vom Statec vorgelegten Statistiken zur Armut anzusehen. Sage und schreibe 45 Prozent der Bevölkerung riskierten in Luxemburg in die Armut abzurutschen (Tendenz steigend!), wären da nicht die Sozialtransfers. Sinn und Zweck von Letztgenannten ist sicherlich, soziale Ungerechtigkeiten auszugleichen, die dringende Frage, die sich in diesem Zusammenhang aber stellt, ist die, wie lange sich unser Staat diese Umverteilung noch leisten kann. Oder leisten will. Denn wie sich in der jüngeren Vergangenheit gezeigt hat, wird, wenn denn gespart werden muss, dies immer zuerst auf Kosten der Schwächeren getan.
Sollte also das Patronat seine immer noch uneinsichtige, unilaterale und in vielen Fällen menschenfeindliche Politik beibehalten wollen, und die Politik dessen Vorstöße weiter unterstützen, besteht das Risiko, dass in naher Zukunft die bislang noch schweigende Mehrheit sich Gehör verschafft und das Land ein böses Erwachen erlebt.
Dabei waren die Zeiten, um das nachweislich falsch orientierte System neu auszurichten, in der jüngeren Geschichte wohl noch nie so günstig.
Den politischen Willen hierzu vorausgesetzt.
De Maart

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