Die wichtigen Dinge im Leben

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In Sonntagsreden wird vieles hin und wieder als das Wichtigste überhaupt im Leben bezeichnet. Ob Politiker oder Patronatsvertreter: Alle behaupten sie, dass Arbeit doch nicht das einzig Wahre im Leben sein könne. Spitzenreiter unter den „wichtigsten Dingen im Leben“ sind die Gesundheit und die Zukunft unserer Kinder. Dass Sonntagsreden jedoch meilenweit von der Realität entfernt...

Da wäre zum Ersten die Schulpolitik. Dass das kürzlich beschlossene neue System der Studienbeihilfen auf Kosten der Grenzgänger geht, die einen Großteil der Steuereinnahmen des Staates erwirtschaften, wurde an dieser Stelle bereits kommentiert.

Diese Maßnahme soll auch dazu beitragen, dass der Anteil an Hochschulstudenten in Luxemburg steigt. Dies ist ja einer der Schwachpunkte, unter denen die Wettbewerbsfähigkeit des Landes leidet. Es drängt sich allerdings die Frage auf, ob eine Finanzspritze an studierwillige Jugendliche ausreicht, denn es ist zweifelhaft, ob es überhaupt genügend Jugendliche gibt, die studieren wollen oder studieren könnten. Dass nicht jeder studieren will, muss man akzeptieren, aber dass es nicht genug junge Leute gibt, die die Voraussetzung mitbringen, um Hochschulstudien aufzunehmen, müsste doch auch zu denken geben. Wird genügend unternommen, um mehr Jugendliche auf eine Universität vorzubereiten? Anstrengungen müssen zweifelsohne in Sachen Schulinfrastruktur unternommen werden. Dass nun drei geplante Lyzeen (Clerf, Mondorf und Differdingen) den Sparmaßnahmen der Regierung zeitweilig zum Opfer fallen, kann man eigentlich nur mit einem Kopfschütteln quittieren. Es stimmt, dass nicht alles gebaut werden kann, wenn Ebbe in der Kasse ist. Aber es bleibt die Frage, ob man es sich in der Bildungspolitik leisten kann, ein paar Jahre Zeit zu verlieren.

Zwei-Klassen-Medizin vermeiden

Neben der Zukunft der Kinder wird, wie bereits erwähnt, die Gesundheit gerne als unser wichtigstes Gut hervorgehoben. Ohne Gesundheit nützt kein Geld, ohne Gesundheit ist es schwer, glücklich und zufrieden zu sein, so abgedroschen und simpel dies auch klingt. Dies für die Mehrheit der Bürger im Land zu gewährleisten, ist die eigentliche Herausforderung der geplanten Gesundheitsreform. Eine gesunde Gesundheitskasse ist Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung für jedermann. Eine Qualitätsmedizin könnte es sicherlich auch ohne eine Gesundheitskasse geben, dann allerdings nur für diejenigen, die es sich leisten können; die unteren Schichten der Einkommensleiter würden auf der Strecke bleiben. Eine Zwei-Klassen-Medizin muss vermieden werden, denn auch sie wäre ein Wettbewerbsnachteil.

Dass die Beitragserhöhungen oder die Aufhebung der Beitragsgrenze, wie sie jetzt besteht, vom Patronat kritisiert wird, zeigt, wie weit sich diese Herren von den Problemen unserer Gesellschaft verabschiedet haben. Die Berechnungsgrenze für die Beiträge liegt momentan bei fünfmal dem Mindestlohn, das sind rund 8.200 Euro. Es gibt wohl nicht viele kleine und mittlere Unternehmen, die solche Löhne zahlen, und wenn, dann wird es sich wohl kaum um die Masse der Angestellten handeln.

Betriebe, in denen es viele Angestellte mit solchen Löhnen gibt, müssten eigentlich auch eine große Gewinnspanne aufweisen und infolgedessen auch noch genügend Geld haben, um ihren Beitrag am Gesundheitssystem zu leisten. Ist dies nicht der Fall, leben sie vielleicht über ihre Verhältnisse und sollten mit dem Sparen bei sich anfangen. Die Arbeitgeber werfen den Gewerkschaften oft mangelnde Flexibilität vor, dabei ist ihre sture Haltung ein guter Beweis für ihren Willen, unser Sozialsystem, trotz aller Lippenbekenntnisse in ihren Sonntagsreden, abschaffen zu wollen. Wie heißt es doch so schön in der Bibel: „An ihren Taten werdet ihr sie erkennen.“

Claude Molinaro
cmolinaro@tageblatt.lu