Grenzenlose Hypokrisie

Grenzenlose Hypokrisie

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Eins muss man den Chinesen lassen: Sie haben im Gegensatz zu den Russen eine viel intelligentere Art und Weise, Politiker im Ausland verstummen zu lassen. Während Moskau in seiner Außenpolitik wie Washington auf die Brechstange setzt, um geostrategische Interessen zu verteidigen, geht Peking viel subtiler, wenn auch nicht weniger skrupellos vor.

China lässt ganz einfach die anderen die Drecksarbeit machen, versteckt sich, wenn auch teilweise knurrend, im UN-Sicherheitsrat hinter Russland, stützt jedes Veto aus Moskau und lockt mit Business. Besonders pervers: Die Auswüchse des syrischen Stellvertreterkriegs und das humanitäre Elend in Syrien sind zum Teil der chinesischen Unterstützung Russlands geschuldet. Wieso aber wird China bei solchen Kriegen in öffentlichen Diskussionen kaum kritisiert?

Richtig. Wegen des lieben Geldes. Denn mittlerweile wird Peking als Wirtschaftspartner der Zukunft gesehen und jeder, der sich auch nur traut, die Menschenrechtsfrage anzusprechen, wird als linksversiffter, kurzsichtiger Gutmensch abgetan. Denn China ist ein heiß umworbener Handelspartner, dessen Märkte tatsächlich ein unschätzbares Wirtschaftspotenzial darstellen.

Doch gerade dies macht die Haltung vieler westlicher Staaten und Politiker so grenzenlos hypokritisch. Während Russland wegen der Krim-Annexion auf Druck der Amerikaner zum Schmuddelkind wurde, braucht China nur Besserung in Sachen Menschenrechte zu geloben und schon geben sich die ausländischen Politiker zufrieden. Dies zeigte sich jüngst bei der Visite der luxemburgischen Delegation in China. Jeder betonte, man habe die Menschenrechtsfrage angesprochen – for the record, versteht sich – und das war es dann auch mit der Kritik.

Ändern tut sich damit aber nichts für Menschen wie den Dissidenten und Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, der jetzt erst aus dem Gefängnis entlassen und in ein Krankenhaus verlegt wurde – nachdem man bei ihm Leberkrebs diagnostizierte.

dsabharwal@tageblatt.lu