Mutter erzählt ihre Version des Grauens

Mutter erzählt ihre Version des Grauens
(dpa-Archiv)

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Sie wurde als kalt und gefühllos beschimpft. Manche vermuten bis heute, sie selbst stecke hinter dem Verschwinden ihrer Tochter. Jetzt legt die Mutter der seit vier Jahren vermissten Maddie McCann ihre Version der Geschichte vor.

Der Gang aufrecht, der Blick scheinbar kalt und unbewegt, kaum Tränen und keine Schreie vor den Kameras – das ist das Bild, das Millionen Menschen von Kate McCann haben. Süchtig nach Medien-Aufmerksamkeit und vielleicht sogar Mörderin ihrer eigenen kleinen Tochter. Die Geschichte ging im Mai 2007 um die Welt: Die damals drei Jahre alte Engländerin Madeleine McCann – auch Maddie genannt – verschwand spurlos aus einer Ferienanlage in Portugal. Bis heute wird sie trotz einer beispiellosen Suchaktion der Eltern vermisst. Jetzt erzählt ihre Mutter in einem Buch ihre Sicht der Dinge und räumt mit dem Bild auf, sie sei kühl und gefühllos.

Die Memoiren erscheinen am 12. Mai, dem 7. Geburtstag von Maddie. Die Erlöse aus dem Verkauf sollen in die Such-Kampagne der McCanns fließen, der trotz aller Spenden langsam das Geld ausgeht. Angeblich hat Harry-Potter Autorin Joanne K. Rowling beim Schreiben geholfen. Britische Zeitungen veröffentlichten bereits Auszüge aus dem Tagebuch.

Eine schwere Zeit

Es ist Kate McCanns Version des Grauens – aber auch eine Art Verteidigung. Denn die 43-Jährige war nicht nur für einige Zeit Tatverdächtige der portugiesischen Polizei. Noch immer glauben viele, sie und ihr Mann Gerry hätten Maddie selber getötet und verschwinden lassen. Eine der zahlreichen Varianten in den Medien: Die beiden Ärzte hätten der Kleinen ein Beruhigungsmedikament gegeben und es versehentlich zu hoch dosiert. Offiziell hatten die Vorwürfe gegen die Eltern keinen Bestand. Die Untersuchung in Portugal ist eingestellt.

In ihrem Buch beschreibt McCann, wie es in ihrem Innern aussah, während die Welt auf ihre Familie blickte. Nach Außen, für die Kameras, konnte sie einen gefassten Eindruck machen, schreibt sie. Doch in ihr brodelte die Hölle. „Es ist regelrecht angsteinflößend, wenn ich mich selbst in den frühen Tagen betrachte“, heißt es in Auszügen, die die Zeitung „The Times“ druckte. „In meinen eigenen Augen sehe ich unglaublich verletzbar, verwirrt und verloren aus.“

Hinter der Fassade

Während sie die Fassade wahrte, bekamen die Menschen in ihrer Umgebung, ihre eigenen Eltern und Freunde, ihre Schmerzen direkt zu spüren. „Ich habe geschrien, dass ich Madeleine sehen kann, kalt und auf einem großen grauen Stein ausgebreitet.“ Sie sei geradezu „besessen“ gewesen von Maddie. Bis heute träumt sie von ihrer Tochter, sieht sie vor sich und gibt die Hoffnung nicht auf, dass sie irgendwann gefunden wird.

Doch nicht nur ihre eigenen Qualen beschreibt McCann. Auch die ihres Mannes sind nachzulesen. Die Suche nach Maddie brachte die Ehe an den Rande des Zusammenbruchs, schreibt sie. „Gerry funktionierte so viel schneller wieder als ich. Manchmal fand ich das regelrecht widerwärtig, als ob er nicht genug trauern würde. Er schlug vor, etwas Schönes zu unternehmen – und ich fing an zu weinen.“ Die McCanns haben zwei weitere Kinder, die heute sechs Jahre alten Zwillinge Sean und Amelie.

Die Kritik der Eltern an der Polizeiermittlung vor allem in Portugal trieb sie dazu, eigene Detektive zu beauftragen. Doch den 7. Geburtstag ihrer Tochter nutzen sie so, wie sie jeden Jahrestag nutzen, an dem die Welt nochmal auf Maddie schaut: Sie rufen die britischen Behörden auf, Portugal zu drängen, die Ermittlungen neu aufzunehmen. Und sie bitten alle Leser: „Bitte findet Madeleine!“