Kachelmann: Neuer Anwalt kritisiert Gericht

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Der Ton im Kachelmann-Prozess vor dem Landgericht Mannheim hat sich verschärft.

Der neue Verteidiger Johann Schwenn hat am Mittwoch Gericht und Staatsanwaltschaft heftig kritisiert. Zu Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge sagte der Anwalt: „Sie erscheinen mir als Partei, die gemeinsam mit dem Hause Burda anstrebt, Herrn Kachelmann fertig zu machen.“ Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren auch in die Medien getragen.

Der 52-jährige Wettermoderator ist wegen schwerer Vergewaltigung angeklagt. Er bestreitet die Tat und sieht sich von seiner 37-jährigen Ex-Freundin falsch beschuldigt.

Den Richtern der 5. Großen Strafkammer warf Schwenn die unnötige Vernehmung zahlreicher früherer Kachelmann-Freundinnen vor. Das Frageprogramm sei „unappetitlich und abstoßend“. Indirekt drohte er mit einer Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH). „Sie sind nicht die letzte Instanz“, sagte Schwenn zum Vorsitzenden Michael Seidling. Schon am Morgen hatte Schwenn die suggestive Befragung einer Kachelmann-Freundin gerügt und deshalb eine Unterbrechung der nichtöffentlichen Vernehmung durchgesetzt.

Staatsanwalt Oltrogge weist Vorwürfe zurück

Staatsanwalt Oltrogge wies die Vorwürfe des neuen Verteidigers zurück. „Wir haben sehr knappe Pressemitteilungen herausgegeben“, sagte er. Die seien erst zu einem Zeitpunkt herausgegangen, als es nach dem Pressegesetz angezeigt gewesen sei. Die erste Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft wurde zwei Tage nach der Verhaftung Kachelmanns auf die Homepage der Ermittlungsbehörde gestellt. Den Namen des Beschuldigten Moderators enthielt sie nicht. Die Medien fanden ihn aber schnell heraus und auf Anfrage wurde dann der Name Kachelmann bestätigt.

Die Ladung zahlreicher Zeuginnen hat das Gericht bereits zu Prozessbeginn damit begründet, dass es sich ein Persönlichkeitsbild von dem schweigenden Angeklagten machen müsse. Oltrogge erwiderte auf die Vorhaltung Schwenns, es seien 10 Zeugen aus Kachelmanns beruflichem Umfeld, aber nur fünf aus seiner Privatsphäre geladen. Allerdings hatten auch Berufskolleginnen sexuelle Beziehungen mit Kachelmann, sodass die Öffentlichkeit auch bei ihrer Vernehmung ausgeschlossen wurde.

Gründe für Anwaltwechsel nicht bekannt

Schwenn, ein bundesweit bekannter Prominentenanwalt aus Hamburg, hat überraschend den bisherigen Hauptverteidiger Reinhard Birkenstock im Kachelmann-Prozess abgelöst. Auch der zweite Wahlverteidiger, Klaus Schroth, wurde von Kachelmann entbunden. Die Gründe für den Verteidigerwechsel wurden auch am Mittwoch nicht mitgeteilt. Eine Sprecherin des Landgericht Mannheim sagte, dass der Wechsel auch für das Gericht überraschend kam. Kommentieren wollte sie den Vorgang nicht.

Die Nebenklage beurteilte den Wechsel als Rettungsversuch Kachelmanns. Der Anwalt des möglichen Vergewaltigungsopfers, Thomas Franz, sagte: „Vielleicht schätzt der Angeklagte seine Situation realistischer ein als sie seine Verteidiger bisher darstellten, zumindest gegenüber der Öffentlichkeit.“
Der Prozess wird am Freitag mit der Befragung des ersten psychologischen Gutachters fortgesetzt. In der kommenden Woche wird die mit Spannung die Aussage des LKA-Beamten erwartet, der die DNA-Spuren in der Wohnung des möglichen Opfers untersuchte.

dapd