Das hässliche Ende einer Design-Aera

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Seit 14 Jahren amüsierte der britische Stardesigner Galliano sein Publikum mit ausgefallenen Modekreationen und schrillen Auftritten. Damit ist es nun aus. Schade eigentlich.

Nach groben Pöbeleien von John Galliano trennte sich das französische Traditionshaus Christian Dior am Montagabend vom britischen Stardesigner. Galliano habe sich „besonders abscheulich“ verhalten, erklärte Sydney Toledano, CEO des weltgrößten Luxusgüterkonzern LVMH, zu dem Dior gehört. Daher bereite das Unternehmen die Kündigung vor.

Wochenende in der Kritik, weil er in seiner Stammbar im Pariser Szeneviertel Marais wiederholt ausfallend geworden war und mehrere Gäste mit judenfeindlichen Bemerkungen beschimpft haben soll. Am 28. Februar hatte die Polizei ihn zu einer Gegenüberstellung mit einem Paar und einer Frau geladen, die ihn angezeigt hatten.

Galliano verstand es, den Markt zu befriedigen

Der traurige Vorfall hinterläßt einen bitteren Nachgeschmack: Mit Galliano geht eine Ära zu Ende. Der Designer machte 1995 seine Anfänge bei Givenchy. Nach knapp 18 Monaten wurde er bereits in die höchsten Sphären der Modewelt katapultiert, als man ihn zum Chefdesigner von Dior machte. Die Marke, die seit 1947 für ihre klassische Eleganz bekannt war, brauchte eine Verjüngungskur – und der Brite war die geeignete Person.

John Galliano wurde zum Motor des Luxushauses, dem er im Jahr 2010 einen Gewinn von rund 700 Millionen Euro bescherte. Der 50-Jährige beherrschte wie keiner den schwierigen Spagat zwischen dem traditionellen französischen Geschmack und den boomenden Märkten in Russland und China. Dabei verstand er es auch, sich selbst in Szene zu setzen: Er machte seinen eigenen Auftritt am Ende der Modeschau zu einem Höhepunkt. Jedes Mal wartete das Publikum auf seinen neusten Coup: Womit würde er diesmal überraschen? Und dann trat er auf, mal als Pirat, mal als Indianer, mal als Torero.

Vater Klempner, Sohn Modedesigner

In Gibraltar als Juan Carlos Galliano zur Welt gekommen, zog er mit seiner Familie im Alter von sechs Jahren nach London. Sein Vater arbeitete als Klempner, seine Mutter war von Mode fasziniert. So erstaunte es kaum, als der junge Juan Carlos seinen Namen in John änderte und eine Ausbildung als Modedesigner an der renommierten Saint Martins School begann. Sein Abschlussdefilee 1984 haben seine Kommilitonen immer noch in Erinnerung: Galliano, der schon immer an Geschichte interessiert war, inszenierte die französische Revolution mit allem Pomp.

Seine extrovertierte Art passte nicht allen. So kommentierte einmal Pierre Bergé, Lebens- und Geschäftspartner von Modezar Yves Saint Laurent: „Ich mag keine Designer, die Theater spielen. Ich kannte Balenciaga, Coco Chanel und Yves Saint Laurent persönlich. Sie brauchten keine Inszenierung, sie wurden durch ihre Kreationen gross.“ Galliano sah das anders: „Meine Herausforderung ist es, die Leute zum Träumen zu bringen.“

Depressiver Designer?

Französische Medien berichten nun, Galliano leide seit Jahren an einer Depression, die sich mit dem Tod seines Assistenten im Jahr 2007 verschärft habe. Er habe seine Alkohol- und Schlankheitspillensucht nicht unter Kontrolle. In der Modebranche hieß es derweil, Dior habe sich schon länger von Galliano trennen wollen und nur nach einem Vorwand gesucht.

„Ich habe gehört, dass Dior nach einem Weg gesucht hat, ihn rauszuwerfen“, sagte eine Kennerin der Szene. Dabei wagt man auch schon von einem möglichen Nachfolger zu reden: Hedi Slimane, ehemaliger Chefdesigner von Dior Homme. „Libération“ meint bereits dazu, dass es eine gute Wahl sein könnte. Slimane sei „zurückhaltend und scheu“ – das genaue Gegenteil von Galliano.