Schulfernsehen neu interpretiert

Schulfernsehen neu interpretiert
(Emile Hengen)

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Am Sonntag wird in der Banannefabrik in Bonneweg die erste Lektion einer videogestützten Performance abgehalten, die sich an einer luxemburgischen „Schulfernsehserie“ aus den 90ern orientiert.

Die audiovisuelle Methode zum Erlernen der Luxemburger Sprache „Da lass“ war eigentlich ein Reinfall. Das als Fernsehserie um die luxemburgische Durchschnittsfamilie „Dalass“ (man beachte das raffinierte Wortspiel) konzipierte Lernprogramm wurde von 1993 bis 1999 vom Bildungsministerium und der Handwerkerkammer produziert. 1994 wurden die ersten zehn der insgesamt 30 produzierten Folgen im Vorabendprogramm von RTL Télé Lëtzebuerg ausgestrahlt.

„Da lass“

„Da lass“ hieß ein audiovisuelles Programm zum Erlernen der Luxemburger Sprache, das Mitte der 1990er Jahre von „Samsa Film“ im Auftrag des Bildungsministeriums produziert wurde. Als erstes luxemburgisches Schulfernsehen wurde es damals in der Presse angekündigt. Geschrieben wurde die Serie von Josy Braun, Jemp Hoscheit und Henri Losch, der auch selbst mitspielt. Unter den Schauspielern finden sich weitere bekannte Namen wie Christian Kmiotek, Marco Lorenzini, Paul Thiltges und Christiane Rausch.

Gedreht wurde die an amerikanische Sitcoms angelehnte Serie rund um die luxemburgische Durchschnittsfamilie Dalass im Escher „Schluechthaus“ (heute Kulturfabrik) ab November 1993.

Die zehn ersten Lektionen wurden ab 19. April 1994 auf RTL Télé Lëtzebuerg ausgestrahlt. Insgesamt wurden bis zum Jahr 1999 ganze 30 Lektionen des Schulfernsehens gedreht.

Die für heutige Verhältnisse eher archaisch anmutenden Animationen wurden von EU-Brain, einer Abteilung der Paul Wurth SA, hergestellt.

Mit dem Inkrafttreten der neuen Rechtschreibung im Jahr 1999 wurde das Programm quasi hinfällig. Da half es auch nichts, dass in dem Jahr passende Hefte mit der neuen Schreibweise herausgegeben wurden, da sie nicht mehr mit der Orthografie in den Videos übereinstimmten.

Im Bildungsministerium kann sich heute fast niemand mehr an „Da lass“ erinnern. Das audiovisuelle Lernprogramm wurde kaum genutzt und verschwand noch vor der Jahrtausendwende in den Archiven des CNL.

Vor zweieinhalb Jahren stieß die Kulturschaffende Tanja Frank zufällig auf die DVDs und war sofort begeistert. Schnell entstand die Idee, „Da lass“ neu aufleben zu lassen. Nach ersten Recherchen und Vorarbeiten reichten sie und Carlo Thiel, die bereits gemeinsam das „Open-Screen“ in Luxemburg erfolgreich wiederbelebt haben, einen Antrag auf Unterstützung bei der „Oeuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“ ein. Nach einem Auswahlverfahren erhielten sie die Zusage und machten sich an die Arbeit. Auch der „Fonds culturel national“ (Focuna) sagte seine Unterstützung zu. Damit konnten die Vorbereitungen beginnen. Mittlerweile steht das Konzept, die Proben sind gut verlaufen, die erste Lektion findet am Sonntagabend in der Banannefabrik statt.

Es soll ein Abend werden, an dem die Zuschauer „einen unverkrampften Kontakt mit dem Luxemburgischen“ haben können, erklärt Tanja Frank. „Es gibt tatsächlich Menschen, die bereits seit zehn Jahren im Großherzogtum leben und kaum soziale Beziehungen zu Luxemburgern pflegen, mit Ausnahme der Verwaltungsbeamten, mit denen sie zu tun haben. Ob EU-Mitarbeiter oder Expats, alle leben ein bisschen in ihrer eigenen Sphäre. Genauso gibt es Einheimische, die keine Ausländer kennen. Uns geht es darum, alle diese Menschen an einem Abend zusammenzubringen.“

Videogestützte Performance

Doch was erwartet die Zuschauer bei „Da lass“? So genau weiß es Tanja Frank auch noch nicht. „Eine videogestützte Performance“, meint die 43-Jährige. Als Einleitung werden Ausschnitte aus den Originalfolgen von vor 20 Jahren gezeigt. Ein Skript gibt es wohl. Es stammt von Jacques Schiltz und Tom Dockal. Trotzdem bleibt Raum für Improvisation. Eine Art interaktives Theaterstück könnte es werden, das mit eher komödiantischen Szenen aus luxemburgischen Filmen und musikalischen Einlagen unterlegt ist. Schulstunde dürfe man es nicht nennen, denn langweilig werde es auf keinen Fall, verspricht Tanja Frank. Als „Lehrer“ treten die Schauspieler Jacques Schiltz und Nickel Bösenberg, der Pianist Grégoire Baumberger sowie die Hip-Hop-Band Freshdax in Erscheinung.

Neben dem Sprachaustausch soll das Publikum aber auch die Kultur Luxemburgs kennenlernen. Und wie geht das besser als durch den Magen? Die Teilnehmer sollen unter anderem lernen, wie man „Kachkéis“ auf sein Brot schmiert, und es wird „Bouneschlupp“ gereicht. Daneben werden aber auch, wie in der Originalserie, Traditionen des Großherzogtums wie die „Schueberfouer“ oder „Boarbelendag“ und die einzelnen Regionen des Landes vorgestellt.

Patriotisch soll die neue „Da lass“-Performance aber auf keinen Fall werden, wie Tanja Frank erklärt: „Es geht uns auch darum, dem Bild des ‚Nee-Lëtzebuerger‘ entgegenzuwirken. Wir wollen zeigen, dass Luxemburger auch offen und witzig sein können.“ Als sie mit dem Projekt begonnen haben, war die Sprachendebatte in Luxemburg noch nicht so aktuell wie heute. „Dass wir jetzt unseren Beitrag dazu leisten könne, trifft sich natürlich gut“, meint die Produzentin. (Fotos: Emile Hengen)

Termine:

Lektioun 1: 12. Februar um 19.00 Uhr

Lektioun 2: 12. März um 19.00 Uhr

Lektioun 3: 14. Mai um 19.00 Uhr

Lektioun 4: 25. Juni um 19.00 Uhr

Lektioun 5: 9. Juli um 19.00 Uhr