Mit Mahlers Neunter in höhere Sphären

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LUXEMBURG - Michael Tilson Thomas ist ein Dirigent, der sich schon seit Längerem mit dem Werk Gustav Mahlers auseinandersetzt.

Seit einigen Jahren haben er und das San Francisco Symphony einen Mahler-Zyklus erarbeitet, der jetzt zum Abschluss kommt. Konzerte und Aufnahmen erhielten zu Recht begeisterte Kritiken und vielen luxemburgischen Musiklieb habern dürfte noch die großartige Aufführung der Achten im Gedächtnis geblieben sein.

Michael Tilson Thomas’ Interpretation der Neunten, die er zusammen mit dem San Francisco Symphony am vergangenen Freitag in der Philharmonie zur Aufführung brachte, zeugte dann auch von einem sehr tiefen Mahler-Verständnis, sowohl bei dem Dirigenten als auch bei den Musikern, ein Verständnis, das über Jahre intensivster Arbeit gewachsen ist und nun seine Früchte trägt.

Klang und Musik

So erlebten wir eine Neunte, die vom Konzept her unwahrscheinlich ausgereift war und während fast neunzig Minuten bewies, dass man auch heute noch durchaus Abstand von der modischen analytischen Vorgehensweise eines Boulez, Gielen oder Abbado nehmen und sich Mahlers Musik vom Gefühl her nähern darf.

Mit in den beiden Ecksätzen eher langsamen, bedächtigen Tempi erlaubte MTT dem Klang und der Musik, sich voll zu entfalten. Jede Nebenstimme kam zu ihrem Recht und jede Botschaft Mahlers konnte sich hundertprozentig Gehör verschaffen.

Dreidimensional

Dem Dirigenten und den Musikern gelang das Kunststück, Mahlers Neunte ungewohnt vielschichtig, ja quasi dreidimensional erklingen zu lassen. Die Gefühle entwickelten sich auf sehr natürliche Weise und ich muss zugeben, dieses Werk im Konzert noch nie so tief empfunden zu haben wie an diesem Abend.

Die beiden Mittelsätze erklangen mit derbem Charakter, einer beißender Ironie und einem tragikomischen Charakter, wie ihn nur Mahler in Musik umsetzen kann.

Historische Aufführung

Aber auch hier gaben die Vielschichtigkeit und das klare Herausarbeiten der Nuancen wichtige Impulse zum Verstehen und Empfinden der Musik. Und wie Michael Tilson Thomas und das San Franciso Symphony dann noch im Epilog des Finales die Musik quasi in höhere Sphären zu heben wussten und ihr dabei eine ganz neue Dimension des Ausdrucks verliehen, das war allerbeste Interpretations- und Musizierkunst.

Eine in der Tat historische Aufführung, die an Intensität, Schönheit und Präzision kaum überboten werden kann.