Kleines Haus, großes Theater

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In Zeiten, in denen das Wort „Identität“ vor allem von Politikern oft gebraucht und noch öfter missbraucht wird, hat sich das Kasemattentheater für die kommende Saison vorgenommen, diesem komplexen Begriff künstlerisch nachzuspüren.

Janina Strötgen
 

Denn welcher Ort, wenn nicht das Theater, ist hierfür der geeignete Platz? Ist nicht schon die Identität des Schauspielers an sich ein Paradox, wie Germain Wagner die gestrige Pressekonferenz einleitete:„In der Verstellung und im Spiel ist der Schauspieler auf der ständigen Suche nach Wahrhaftigkeit.“

In der kommenden Saison will das Kasemattentheater aus verschiedenen Perspektiven und Ansätzen heraus diese Suche erneut antreten und die Identität des Kasemattentheaters als literarisches Theater weiter festigen.

Gemeinsam mit dem Théâtre du Centaure startet das Kasemattentheater mit dem Projekt „Femmes/Violences“ in den Herbst. Sowohl in dem von Carole Lorang inszenierten Stück „Zerbrochen“ als auch in „Bitches“, eine szenische Lesung mit Texten von Mireille Weiten-de Waha, Linda Graf und Josiane Kartheiser, als auch in der von Moritz Schönecker inszenierten „Oleana“ werden Themen der Gewalt behandelt. Gewalt in Beziehungen, zwischen Männern und Frauen, aber auch Gewalt an der Sprache, die nicht selten zu folgenschweren Missverständnissen führt.

Gibt es eine Männer- und eine Frauenidentität? Oder spielen Menschen in Beziehungen bestimmte Rollen?

Amphitryon und King Lear

Auch die beiden großen Produktionen der kommenden Saison, Kleists Amphitryon, eine Tragödie um die Brüchigkeit menschlicher und (im Stück auch) göttlicher Identität, und Shakespeares King Lear werfen Fragen nach dem Menschsein auf. King Lear versteht Germain Wagner zudem als eine „Hommage an zwei Schauspielergenerationen“.
Zusammengekürzt auf fünf Personen lässt er King Lear (Pol Greisch) und seinen Narr (Fernand Fox) auf eine Generation junger Luxemburger Schauspielerinnen treffen und weitet somit das von Shakespeare verhandelte Thema des Generationenkonflikts auf die Ebene der Besetzung aus.

Heimatabend für Nestbeschmutzer

Vielversprechend klingt auch der Titel „Ein Heimatabend für Nestbeschmutzer“. Germain Wagner und Marc Limpach lesen Texte von Schriftstellern aus kleinen Ländern – Max Frisch und Thomas Bernhard – und aus noch kleineren Ländern – Roger Manderscheid –, die alle zunächst als Netzbeschmutzer beschimpft wurden, weil sie sich „mit dem Gegensatz zwischen künstlerischem Anspruch und heimatlicher Kritikempfindlichkeit auseinandersetzten.

Alles in allem ein Programm mit großen Autoren und Themen, das zeigt, dass auch mit einem kleinen Budget großes Theater gemacht werden kann. „Dank der ehrenamtlichen Arbeit hinter den Kulissen“ betonte Präsident Raymond Weber, bevor er die Bar für eröffnet erklärte.

Das Programm auf einen Blick

 Zerbrochen nach dem Stück „Die zerbrochene Schale“ von Merja Repo
„Es geht um Gewalt an Frauen, aber auch um Gewalt von Frauen“ (Germain Wagner)
(siehe Interview rechts)
 Bitches: Unveröffentlichte Texte von Mireille Weiten-de Waha, Linda Graf und Josiane Kartheiser zum Thema Gewalt und Frauen
–› 8. und 9. November um 20 Uhr
 Ringelnatz-Abend mit Hans Diehl, der „nicht nur Schauspieler, sondern auch eine Clownsausbildung hat. Uns erwartet ein lustiger Abend mit Tiefgang“ (G.W.)
–› 11. und 12. November um 20 Uhr
 Oleanna von David Mamet, Regie: Moritz Schönecker. „Ein moderner Klassiker um Gewalt, Gewalt an der Sprache, die zu Missverständnissen führt“ (G.W.)
–› 8., 10., 11., 14., 15. und 17. Dezember,
5., 6., 7., 11., 12., und 13. Januar um 20 Uhr
 Tucho und K.
Wiederaufnahme der Lesung, die in diesem Jahr zum Prager Theaterfestival eingeladen wurde
–› 3. Februar um 20 Uhr
 Amphitryon ein Lustspiel nach Molière von Heinrich von Kleist
Koproduktion mit dem TNL
–› 28. Februar, 2., 4., 8., 10. und 15. März um 20 Uhr im TNL
 King Lear von Shakespeare
„Kleines Theater mit großen Themen und großen Stücken“ (G.W.)
–› 31. März und 1. April im Kasemattentheater,
2. und 3. April im Mierscher Kulturhaus
 Dies ist kein Chansonabend, Uraufführung
„Fabienne Elaine Hollwege spielt nicht nur, sondern schreibt auch.“ (G.W.)
–› 28. und 29. April um 20 Uhr
 Ein Heimatabend für Nestbeschmutzer
Hommage an Max Frisch, Thomas Bernhard und Roger Manderscheid
–› 18. und 19. Mai um 20 Uhr
 Theater und Gesellschaft
Der Messingkauf (Brecht) und Paradoxe sur le comédien (Diderot),
In Zusammenarbeit mit dem Théâtre du
Centaure, IPW, FLTP und CCRN
–› 10. Juni um 19 Uhr