„Gesetze dürfen nie auf Religion basieren“

„Gesetze dürfen nie auf Religion basieren“
(Tageblatt/Isabella Finzi)

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Die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Taslima Nasreen wurde gestern Ehrenbürgerin der Stadt Esch.

Bürgermeisterin Lydia Mutsch, Kulturschöffe Jean Tonnar und Daniel Codello, Präsident der Kulturkomission, haben in ihren Reden die schriftstellerischen Leistungen von Taslima Nasreen, besonders aber ihren bedingungslosen Kampf für die Gleichheit zwischen den Menschen, zwischen Mann und Frau, hervorgehoben. Das Tageblatt hatte die Möglichkeit, sich vor der Feier kurz mit Taslima Nasreen zu unterhalten.

Taslima Nasreen

Heute Abend im Theater

„Héla Fattoumi ist algerischer Abstammung. Sie verträgt die Burka nicht. In ihrem Tanz zeigt sie, dass der Schleier ein Gefängnis ist, dass frau sich darin nicht bewegen kann. Schichtenweise fliegt der Schleier davon, bis am Ende dann Freiheitsgesänge den Raum erfüllen. Sehr spannend und sicher das politischste Stück im Programm.“

Mit diesen Worten beschreibt Charles Muller, Direktor des Escher Theaters, das Tanzstück „Manta“, das heute Abend von Héla Fattoumi aufgeführt wird.
Im Anschluss findet ein Rundtischgespräch mit Héla Fattoumi selbst, ihrem Choreografen Eric Lamoureux und der Schriftstellerin Taslima Nasreen statt.

Es sind noch einige Tickets an der Abendkasse des Escher Theaters erhältlich.
Tel.: (+352) 54 03 87
www.theatre.esch.lu

Was bedeutet es für Sie, dass die Stadt Esch Ihnen die Ehrenbürgerschaft verleiht?

„Es ist sehr wichtig für mich, zu wissen, dass Menschen, die an Menschen- und vor allem Frauenrechte, an Meinungsfreiheit und an Gleichheit glauben, eine Schriftstellerin wie mich ehren, die für ihren Kampf um eben diese fundamentalen Pfeiler einer Demokratie aus ihrem Land vertrieben und mit dem Tod bedroht wurde. Diese Ehrenbürgerschaft ermutigt mich, meinen Kampf weiterzuführen.“

Sie haben es angesprochen: Mehrmals haben islamistische Fundamentalisten die Fatwa über Sie verhängt. Das heißt, Sie leben ständig in Angst, jeden Tag. Wie gehen Sie mit dieser Bedrohung um?

„Es ist schwierig. Aber was soll ich machen? Ich lebe weiter. Und zwar so, wie ich es verstehe. Ich habe niemals daran gedacht, aufzuhören zu schreiben und meine Ideale und Überzeugungen zu verleugnen. Niemals. Weil ich weiß, dass ich die Wahrheit sage. Ich weiß, dass Frauen gleich viel wert sind wie Männer. Ich weiß, das viele Menschen nicht nur einverstanden sind mit mir, sondern auch glücklich sind, dass ich das immer wieder sage und schreibe. Und ich weiß, dass ich vielen Menschen durch meine Texte helfe. Das lässt mich weitermachen. Die Welt ist nicht nur voll von Konservativen und Fundamentalisten, es gibt viele Menschen, die meine Überzeugungen teilen. Und für sie riskiere ich mein Leben.“

Heute Morgen haben Sie vor 500 Schülern gesprochen. Was ist die Botschaft, die Sie vermitteln möchten?

„Ich möchte, dass sie niemals vergessen, dass die Freiheit und die Menschenrechte, die sie hier in Esch, in Europa, genießen, nicht selbstverständlich sind. Und dass es viele Menschen gibt, die jeden Tag dafür kämpfen.

Glauben Sie, dass die Revolten und Revolutionen in der arabischen Welt besonders auch die Situation der Frau verbessern werden?

„Frauen müssen ununterbrochen für ihre Rechte kämpfen. Demokratie bedeutet Gleichheit. Und davon sind viele islamisch geprägte Länder noch weit entfernt.“

Haben Sie grundsätzlich etwas gegen den Islam?

„Ich glaube an keinen Gott und an keine Religion. Aber ich habe nichts gegen Menschen, die glauben. Doch ich habe etwas gegen Gesetze, die sich auf eine Religion stützen. Gesetze müssen immer auf Menschenrechten und Gleichheitsprinzipien beruhen. Doch niemals auf einer Religion.“