Freitag24. Oktober 2025

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LiteraturFrauen im Fokus: Ein paar Lesetipps zum Weltfrauentag

Literatur / Frauen im Fokus: Ein paar Lesetipps zum Weltfrauentag

Bücher, Hörbücher und Podcasts von, über und für Frauen finden immer wieder ihren Platz auf unseren Kulturseiten. Doch anlässlich des internationalen Frauentags haben wir eine Auswahl an Literatur zusammengestellt, die feministische Themen ins Zentrum stellt.

Wissenslücken schließen

Wenn Männer als „Standard“ gelten, dann benachteiligt dies alle, die von diesem Standard „abweichen“ – und zwar in sämtlichen Lebensbereichen. Das ist die zentrale Aussage sowohl von „Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert“ von der britischen Autorin Caroline Criado-Perez aus dem Jahr 2019 als auch von „Das Patriarchat der Dinge“ von der deutschen Autorin und Journalistin Rebekka Endler von 2021.

Caroline Criado-Perez liefert in ihrem dichten Werk eine detaillierte Analyse über die Ungleichheit der Geschlechter in der heutigen Welt. Dabei untermauert sie immer wieder mit rezenten Studien und Gesprächen mit Experten weltweit ihre zentrale Aussage, dass Frauen in vielen Bereichen einfach „übersehen“ werden. Dies, weil die erhobenen Daten entweder nicht nach Geschlecht analysiert werden, weil Frauen von Studien komplett ausgeschlossen werden oder weil die Entscheidungsträger und Entwickler die grundlegenden Unterschiede zwischen Frauen- und Männerkörpern nicht kennen oder beachten. Pointiert macht sie deutlich, dass sich dieser – teils unbewusste oder unbeabsichtigte – Sexismus durch sämtliche Lebensbereiche zieht – von der Arbeit über Transportsysteme, Hausarbeit, Medizin zum Produktdesign. Ein besonderes Augenmerk legt sie auch darauf, dass diese fehlenden Datenlücken erst langsam geschlossen werden und in einer Welt, in der „Big Data“ eine immer wichtigere Rolle spielt, der „Data Gap“ zwischen den Geschlechtern immer größer wird.

„Das Patriarchat der Dinge“ ist gleichzeitig enger und weiter gefasst als „Unsichtbare Frauen“. Rebekka Endler konzentriert sich in ihrem Werk spezifisch darauf, wie das Patriarchat das Design von Produkten, Gebäuden und Systemen beeinflusst. Das Buch hat also nicht die Masse und breite Übersicht. Doch geht Endler deutlicher auf Intersektionalität (also das Aufeinandertreffen von mehreren Diskriminierungen) ein.

Leser sollten sich aber nicht durch die Wissenschaftlichkeit beider Bücher abschrecken lassen. Sowohl Criado-Perez wie Rebekka Endler haben eine mit Momenten humorvolle Feder und verstehen sich darauf, komplexe Zusammenhänge auf verständliche Art und Weise herunterzubrechen und machen ihre Erkenntnisse an Beispielen fest, die aus dem Alltagsleben gegriffen sind.

Ein Beispiel, das in beiden Büchern genannt wird, ist etwa der Fakt, dass, obwohl Männer häufiger in Unfälle verwickelt sind als Frauen, weibliche Personen einem größeren Risiko ausgesetzt sind, bei einem Unfall schwer oder tödlich verletzt zu werden. Dies, weil die Standardsicherheitskonzepte in Autos auf Männer ausgelegt sind: Sicherheitsgurte, Kopfstützen, Airbags werden an Crashtest-Dummies getestet, die den Durchschnittsmann von circa 1,75 m und 75 kg reflektieren.

Wer es lieber humoristischer und kämpferischer mag, dem sei „The Indignities of Being a Woman“ (Die Demütigungen des Frauseins) von den Komikerinnen Merrill Markoe und Megan Koester empfohlen. Ihr Hörbuch hat etwas von zwei Frauen, die es sich mit einer Flasche Wein zu Hause gemütlich gemacht haben und sich darüber austauschen, wie anstrengend und frustrierend „Frausein“ früher war und heute noch immer ist. Eine feministische Haltung sei dem Zuhörer empfohlen, denn misogyne Personen werden mit den Aussagen der beiden überzeugten Feministinnen und ihrem trockenen Witz wohl kaum klarkommen.

Vorbilder schaffen

Wussten Sie, dass das erste Computerprogramm der Welt von einer Frau geschrieben wurde? Von der Mathematikerin Ada Lovelace. Ihre Lebensgeschichte und die weiterer prägender Frauen finden sich in „The Book of Awesome Women – Boundry Breakers, Freedom Fighters, Sheroes and female Firsts“ von Becca Anderson und „Good Night Stories for Rebel Girls: 100 außergewöhnliche Frauen“ von Elena Favilli und Francesca Cavallo.

Favilli und Cavallo richten sich mit ihrem Werk gezielt an Kinder, insbesondere junge Mädchen. Sie erzählen kurze Gute-Nacht-Geschichten mit liebevollen Illustrationen über Frauen, die in ihrem Leben Besonderes geleistet haben. Sie wollen Kinder mit ihren Geschichten „inspirieren“ und „träumen lassen“, wie sie im Vorwort schreiben. Die Auswahl der 100 Frauen umspannt dabei sämtliche Betätigungsfelder – von Wissenschaften und Literatur über Aktivismus, Sport und Kultur bis zu Politik – und liefert Vorbilder aus allen Ecken der Welt. Am Ende des Buches gibt es sogar eine freie Fläche, in der Kinder ihre eigene Geschichte eintragen können. Ihr Buch wurde über Crowdfunding finanziert und ist unter anderem eine Antwort auf den Wunsch, mehr Diversität in Kinderbüchern zu sehen.

Becca Andersons Buch hingegen richtet sich an Erwachsene und hat zum Ziel, die Frauen hervorzuheben, deren herausragende Leistungen nicht im allgemeinen Geschichtsunterricht auftauchen, oder die durch ihre männlichen Kollegen überstrahlt werden. Im Vorwort des Buches schreibt Anderson selbst, ihr Buch soll „das perfekte Gegenmittel“ zum Prozess sein, dass die Leistungen von Frauen immer wieder in Vergessenheit geraten. In einem Rutsch ist ihr Buch eher schwer zu lesen, der Text ist so ausgelegt, das Buch immer wieder zur Hand zu nehmen. Die Biografien selbst sind kurz gehalten und konzentrieren sich auf die wichtigsten Leistungen. Dadurch bietet Anderson aber das perfekte Sprungbrett: Plötzlich ist man von den Leistungen von z.B. Belva Ann Bennet McNall-Lockwood gepackt – der ersten Frau, die für den Posten als amerikanische Präsidentin kandidierte –, sodass man „The Book of Awesome Women“ zur Seite legt, um weiter über diese Person zu recherchieren, ohne dass man dabei als Leserin Angst haben muss, den Faden der Geschichte zu verlieren.

Ähnlich wie Andersons Werk setzt sich auch Alicia Malone mit „The Female Gaze“ gegen das Vergessen der Leistungen von Frauen ein. Sie konzentriert sich aber auf ein ganz bestimmtes Feld: die Welt des Films. In ihrem Buch finden sich kurze Beschreibungen von Filmen, in denen Frauen nicht nur vor, sondern vor allem hinter der Kamera die Führung übernahmen. Zu jedem Film gibt es eine kurze Beschreibung von der Handlung, teilweise Details zur Entstehung sowie Kritiken, Auszeichnungen und Analyse, inwiefern dieser Film sich von ähnlichen, von Männern produzierten Filmen unterscheidet – also worin genau der „Female Gaze“ (der weibliche Blick) besteht.