Premiere in WiltzFestival „Jazzorwhatever!?“ im Brandbau

Premiere in Wiltz / Festival „Jazzorwhatever!?“ im Brandbau
Am Wochenende beim „Jazzorwhatever?!“: die Multiinstrumentalistin Esinam Foto: Maël G. Lagadec 

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Mehr als Jazz: Die erste Ausgabe der neuen Veranstaltungsreihe „Jazzorwhatever?!“ im Brandbau in Wiltz lädt am 5. und am 6. April zu einem Kurztrip durch die Welt und die Musikgenres ein. Wer auftritt und was hinter dem neuen Format steckt.

Sind Sie schon einmal an demselben Wochenende über Brüssel nach Tunesien und Ghana geflogen? Vermutlich nicht – deshalb macht das soziokulturelle Zentrum „Prabbeli“ in Wiltz es jetzt möglich: Das Festival „Jazzorwhatever?!“, das am kommenden Freitag und Samstag im Brandbau stattfindet, wartet zur ersten Ausgabe mit Künstler*innen auf, die sowohl verschiedene Musikgenres als auch Kulturkreise miteinander verknüpfen.

Dies kommt besonders am ersten Festivaltag zum Ausdruck: Dort stehen neben der Bassistin Anneleen Boehme auch das Wajdi Riahi Trio und die Multiinstrumentalistin Esinam auf der Bühne. Boehme und das Wajdi Riahi Trio, rund um den Pianisten Wajdi Riahi, werden zwar beide von der belgischen Musikagentur „Aubergine“ vertreten, unterscheiden sich vom Stil her jedoch stark. Inspiriert sich Boehme, die unter anderem Teil der Band LABtrio ist, der Agentur nach eher an westlichen Musikern, ist Riahi bestrebt, seine arabischen Wurzeln in die Musik des Trios einfließen zu lassen. 

Zwischen Tunis und Ghana

Der Pianist wurde 1995 in Tunis geboren, lebt inzwischen jedoch in Brüssel. Gemeinsam mit Basile Rahole (Doppel-Bass) und Pierre Hurty (Schlagzeug) veröffentlichte er im Dezember 2023 das Album „Essia“: Hier wechseln sich langsame und schnelle Tracks ab; vor allem durch den Gesang in Songs wie „Yala Quawmi“ oder „Road to …“ wird Riahis Bezug zu arabischer Musik hörbar. Dies liegt unter anderem an dem Gesang in arabischer Sprache in „Yala Quawmi“ und an den Melodien in „Road to …“. Konkret finden sich auf dem Album Stile wie der Stambali – ursprünglich Element religiöser Zeremonien in Tunesien – oder die Gnawa-Musik. Letztere stammt aus Marokko und zeichnet sich, neben anderen Aspekten, durch einen Satz oder einige Zeilen aus, die mehrfach wiederholt werden. 

Reist das Publikum mit dem Wajdi Riahi Trio also nach Tunis und Marokko, entführt Esinam es nach Afrika. Die belgisch-ghanaische Musikerin übernimmt in ihren Tracks Elemente traditioneller afrikanischer Perkussionsmusik, die sie mit Elektro und improvisierter Flötenmusik kombiniert. Sie begann ihre Karriere als „One Woman Band“, lud später jedoch diverse Musiker*innen zum Spiel ein. Heute tritt sie sowohl alleine als auch in Begleitung ihrer Live-Band auf. 2021 veröffentlichte sie ihr Debütalbum „Shapes in Twilights of Infinity“: ein rhythmisches Album mit kraftvollen, aber teilweise auch leichten Beats, begleitet von Sprechkunst und melodischen Gesangseinlagen. 

Hip-Hop aus Amsterdam … 

Nach der kleinen, aber feinen Weltreise am Freitag, erwartet die Besucher*innen am Samstag dann ein weiterer Trip durch die Musikgenres. So treten neben Aka Moon, deren Musik stellenweise einen orchestralen Touch hat, auch Kuna Maze und die Band Radiohop auf – beides Gruppen, die tanzbaren Jazz präsentieren, Hip-Hop und House inklusive. Kuna Maze, bürgerlich Edouard Gilbert, ist DJ, Produzent und Multiinstrumentalist aus Brüssel. Zusammen mit seiner Live-Band liefert er einen Mix aus Club-Musik und Jazz, nachzuhören auf dem Album „Débuts“, das 2020 erschien. 

Radiohop – die Band reist im Gegenteil zum Großteil der anderen Musiker*innen nicht aus Belgien, sondern aus Amsterdam an – bieten hingegen eine Mischung aus Fusion, also Jazzrock, und Hip-Hop. Entsprechend temporeich sind Singles wie  „Perugia Boy“ oder „Birthday Boi“. Johnny Biner (Gitarre), Joshua Lutz (Keys), Joel F. Svedberg (Bass) und Euan Jenkins (Schlagzeug) zogen 2020 zum Jazz-Studium nach Amsterdam, wo sie schnell bei Jamsessions gemeinsame musikalische Vorlieben entdeckten. Seitdem spielen sie zusammen Shows und feilen, so heißt es auf ihrer Website, derzeit an zwei Alben. 

… oder Luxemburg

Hip-Hop und Jazz gibt es am Samstag aber nicht nur aus Amsterdam, sondern auch aus Luxemburg – und zwar von LINQ. Der luxemburgische Musiker Mateus Wodja initiierte das Projekt und ist hierzulande längst kein Unbekannter mehr: Der 28-Jährige, der unter anderem Jazz-Bass-Gitarre spielt, ist unter anderem Mitglied von Stayfou oder Räpzodi. Für LINQ will er laut Veranstaltungstext die „freshness“ von Hip-Hop mit „punk rock energy“ darbieten, ohne dabei die Freiheiten des „modern-day jazz“ einzubüßen. Wie gut Wodja dies gelingt? Das bleibt für all jene eine Überraschung, die LINQ noch nicht live erleben durften, denn online gibt es – zumindest nach einer Suche auf gängigen Streamingdiensten – nur den Track „12 past 8“ zu entdecken. Die Gesichter hinter LINQ steigern jedenfalls die Erwartungen: John Wolter sitzt am Schlagzeug (u.a. The Disliked, Stayfou), Luca Sales an den Keys, Pierre Coq-Amann spielt das Saxofon und Gilles Grethen Gitarre – allesamt Musiker, die Jazz- und Musikliebhaber*innen ein Begriff sein dürften.

Die Teilnahme von LINQ am „Jazzorwhatever?!“ hat aber auch etwas Ungewöhnliches: Wodja und Wolter haben das Programm nämlich mit Marc Scheer, Programmleiter im „Prabbeli“, zusammengestellt. „John und Mateus haben verschiedene musikalische Backgrounds und einen Bezug zu unserem Haus“, erklärt Scheer die Wahl für Wodja und Wolter im Gespräch mit dem Tageblatt. „Es hat einfach alles gepasst.“ Dementsprechend will das Trio auch die nächste Ausgabe des Festivals, die für nächstes Jahr geplant ist, gemeinsam angehen. Scheer schwebt vor, eventuell den Standort zu wechseln und statt im Brandbau beispielsweise in einer entweihten Kirche zu spielen.

Auf die Frage, warum Luxemburg überhaupt ein weiteres Jazzfestival braucht, antwortet Scheer überzeugt: „Im Norden ist noch Platz für Jazz.“ Selbst, wenn das Trifolion in Echternach (u.a. Echter’Jazz Festival) oder das Cube 521 in Marnach (u.a. De klenge Maarnicher Festival) bereits eine tolle Arbeit leisten würden, genauso wie das Opderschmelz in Düdelingen (u.a. Like a Jazz Machine) oder das Neimënster in Luxemburg-Stadt (u.a. Reset). „Wiltz hat durch das ‚Festival de Wiltz‘ zudem eine enge Verbindung zum Jazz“, sagt Scheer. In der Tat standen bei jenem bereits Jazz-Größen wie Ella Fitzgerald, Duke Ellington und Miles Davis auf der Bühne.

Das „Jazzorwhatever?!“ sei ein kleines Festival, setze dafür aber auf Diversität, so Scheer weiter. Ein Anspruch, dem das Lineup durchaus gerecht wird, sieht man von der bescheidenen Präsenz weiblicher Musikerinnen ab. „Allgemein wollen wir möglichst viele Jazzvariationen darbieten und somit auch die Vielseitigkeit der Bevölkerung in Wiltz spiegeln“, betont Scheer. Jetzt bleibe nur noch abzuwarten, ob das Publikum anbeiße.

Jazzorwhatever?!

5. April und 6. April 2024, ab 19 Uhr
Brandbau, 2 Gruberbeerig, Wiltz                                                                                                                          Vorverkauf 5. April: 17 Euro (+ Gebühren)
Vorverkauf 6. April: 20 Euro (+ Gebühren)
Vorverkauf zwei Tagestickets: 30 Euro (+Gebühren)
Infos: prabbeli.lu, facebook.com/prabbeliwiltz, instagram.com/prabbeliwiltz