Die Lasten der Anerkennung

Die Lasten der Anerkennung
(Jeff Schinker)

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Am Donnerstag wurde der Luxemburger Pavillon im Palazzo Ca’ del Duca mit Mike Bourscheids erster Performance eröffnet. Das Eröffnungsritual, das wie üblich von einem typisch luxemburgischen – sprich großzügigen – Buffet begleitet wurde, hat fast alles, was in der Luxemburger Kunstszene Rang und Namen hat, angezogen und bot eine erste Performance von Mike Bourscheid.

Staatssekretär Guy Arendt betonte während seiner kurzen Rede wiederum, dass die Tage in der Ca’ del Duca am Canal Grande gezählt seien. Der nächste für die Biennale zurückbehaltene luxemburgische Künstler wird seine Werke wohl im Arsenale, eine der größten Ausstellungshallen der Biennale, zur Schau stellen. Mike Bourscheids Dank geht anschließend an seine Mutter, die es leider nicht zur Biennale geschafft hat, und seine Ehefrau.

Bourscheids Stimme bricht hier und da unter der Emotion, und auch den Kurator Kevin Muhlen lässt dieser emotionale Moment nicht kalt. Verständlich, bedeutet doch dieser luxemburgische Pavillon einen sehr frühen Höhepunkt für den jungen Mike Bourscheid, der sich überaus erfreut zeigt, während der Biennale Freunde aus Berlin, wo er eine Zeit lang gelebt hat, und aus Vancouver, wo er momentan auch lebt, wiedergesehen zu haben.

Mike Bourscheids Pavillon ist gewollt sehr auf den Appartementcharakter der Ca’ del Duca zentriert. In jedem Raum soll man einen Einblick in das Leben und die Persönlichkeit der fiktiven Einwohner bekommen, die wiederum allesamt einen Aspekt der Persönlichkeit des Künstlers beleuchten. Und tatsächlich hat man den Eindruck, in einen leicht schiefen Haushalt einzutauchen. Themen sind das Spiel mit Gender-Klischees, die mit liebevoller DIY-Ästhetik belichtet werden, die Auseinandersetzung mit der Mode, die Entstellung der Haushaltsrituale, denen andere Gestaltungsmöglichkeiten hinzugefügt werden.

In einem gefilmten Narrativ spielt Bourscheid einen in Vancouver gestrandeten Piraten, der sich entscheidet, zum Cowboy zu werden – und sich dementsprechend neu einkleidet. Auf einem Laufband entsteht dann ein Dialog zwischen Papagei und dem entarteten Piraten. Der Papagei beschwert sich: „Ich hingegen werde immer ein Papagei bleiben.“ Bourscheids Cowboy-Alter-Ego entgegnet stumm: „Dafür wirst du aber auch immer schön bleiben.“ Wo das Schöne sich beim Menschen in einer permanenten Metamorphose befindet, das Einkleiden, die Rollen und Stereotypen unsere Identität bestimmen, bleibt der Papagei ein natürliches, unveränderbares Wesen.

Während seiner Performance trug Bourscheid einen fast 30 Kilo schweren Helm, an dessen oberem Ende eine Vase fungiert. Das Publikum bekam beim Eintritt des Pavillons Blumen ausgeteilt. Am Ende des Rundgangs konnte man dann die Blumen in die an Mike Bourscheids Kopf befestigte Vase ablegen, woraufhin der Künstler sich ausführlich mit Floskeln wie „thank you so much, awesome“ bedankte.

Die Wahl, zum Teilhaber des Kunstwerkes zu werden, wurde so zeitgleich mit einer kritischen Beurteilung kombiniert. Im selben Augenblick trug der Zuschauer aber auch dazu bei, die Last, die Bourscheid auf dem Kopf trug, zu erschweren. Beim Ausgang gab es dann auch ein Stück Gebäck, das in von Bourscheid angefertigten Formen das Spiel mit Geschlechtern sowohl formal als auch semantisch zur Spitze trieb.

Ein ausführlicher Bericht zur Biennale finden Sie in unserer Montagsausgabe