Der Film „Pour vivre heureux“ ist alles andere als eine romantische Liebesgeschichte

Der Film „Pour vivre heureux“ ist alles andere als eine romantische Liebesgeschichte

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Die luxemburgisch-belgische Koproduktion „Pour vivre heureux“ verlegt gewissermaßen Shakespeares größte Liebesgeschichte aller Zeiten ins Jahr 2018 und lässt sie in Brüssel spielen. Zwei junge Erwachsene sind unsterblich ineinander verliebt. Trotz ihrer Gefühle füreinander steht ihrer Liebe auch im modernen Zeitalter noch vieles im Weg. Sie müssen gegen Traditionen, soziale Unterschiede und Verwandte kämpfen.

Von Sara Goerres

Was macht man, wenn man 17 Jahre alt ist, verrückt nach einer anderen Person ist und die eigene Familie dieses Glück unbewusst zerstören will? Wie hält man diesem Druck stand? Genau diese Fragen werden während der 88 Minuten in der luxemburgischen Koproduktion behandelt. Die zwei Hauptfiguren Amel und Mashir, gespielt von Sofia Lesaffre und Zeerak Christopher, führen seit einem Jahr eine geheime Liebesbeziehung. Mashirs Familie stammt aus Pakistan. Sie lebt sehr traditionell und religiös, weswegen sie niemals seine Liebe zu einer Nicht-Pakistanerin akzeptieren würde. Amel, die algerische Wurzeln besitzt, lebt alleine mit ihrem Vater. Ihre Mutter starb vor einiger Zeit. Es folgen geheime Treffen in einer Garage, Küssen in Verstecken und es scheint, als wäre alles fast perfekt …

Bis Noor (Atiya Rashid), die pakistanische Cousine von Mashir, in die Nachbarschaft zieht. Denn plötzlich kommen beide Familien auf die Idee, Mashir und Noor zu verheiraten. Für Amel und Mashir die blanke Verzweiflung. Wie können sie diese Situation lösen? Statt klare Antworten hierauf zu geben, schaffen die belgischen Regisseure Salima Sarah Glamine und Dimitri Linder ein ergreifendes Liebesdrama, das verschiedene Realitäten und Konzepte aufeinanderstoßen lässt. Moderne gegen Tradition. Alt gegen Jung. Wahre Liebe gegen arrangierte Ehe.

So beginnt der Film beispielsweise inmitten der prunkvollen Hochzeit von Amin, Mashirs Bruder, gespielt von Waqas Ishaq. Dessen Mutter sagt dort zu Amel: „Du bist so hübsch, man könnte fast denken eine richtige Pakistani.“ Sofort erkennt man, dass die traditionellen Werte stets Vorrang haben.

Jedoch zeigt sich im Laufe des Filmes, dass die Fassade bröckelt. Sowohl die jüngere Generation als auch einzelne Mitglieder der älteren Garde scheinen sich nicht mehr ganz an die strengen Regeln zu halten. Der Film, der in französischer Sprache und Urdu gedreht wurde, enthält keine Untertitel. Worauf man vielleicht anfangs etwas verdutzt reagiert, verstärkt zusehends den Eindruck von Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den verschiedenen Kulturen und Generationen, die aufeinanderprallen.

Das Publikum sieht sich sowohl einer starken schauspielerischen Leistung der zwei Protagonisten als auch der Nebendarsteller gegenüber. Diese wird in mehreren Augenblicken deutlich. So liefert Sofia Lesaffre eine unglaublich starke Version einer jungen Frau, die in einem Gefühlslabyrinth feststeckt. Wenn auch zurückhaltend, so gelingt es Atiya Rashid in ihrer als Rolle als Noor trotzdem, zu berühren. Sie steckt ebenso wie die beiden Verliebten in einem Teufelskreis fest, der ständige Druck der Familie raubt ihr jegliche Kraft. Mashir (Zeerak Christopher) spiegelt hervorragend den inneren Konflikt wider, loyal gegenüber seiner Familie zu sein, aber auch seine Liebe zu Amel nicht aufgeben zu wollen.

Was wird am Ende siegen, die ewige Tradition oder die ewige Liebe? Die filmische Antwort auf die gestellte Frage ist weit weniger kitschiger, als man es erwarten könnte.