Dienstag28. Oktober 2025

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Der eigentümliche Zauber Amerikas

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Da kann man doch nur von einem wunderschön gelungenen Musikabend in der Kulturfabrik sprechen. Der amerikanische Folk-Rock-Sänger Sam Beam, unter dem Namen Iron and Wine bekannt, und seine Vorband Musée Mécanique aus Portland, Oregon, trugen am vergangenen Freitagabend in der KuFa in perfekter klanglicher Symbiose eine eindeutige Nachricht nach Luxemburg: Und zwar dass sich die...

Dan Kolber

Die amerikanische Kultur besitzt einen ganz eigenen Zauber, dessen Empfindsamkeit und Ruhe die in Europa festgefahrene Idee einer sogenannten „Fast-Food-Nation“ gerechterweise in Frage stellen. Denn wie können die traumhaft zarte Ruhe in der Stimme eines Sam Beam und seine wunderschön empfindsamen Songtexte in unserer Wahrnehmung Amerikas neben der überragenden Geräusch- und Gestankskulisse eines McDonald’s bestehen?

Ruhige Schönheit und Losgelöstheit

Wohl nur, indem wir beiden als gleichberechtigte Teile der amerikanischen Identität die Chance geben, sich darzustellen und unseren europäischen Blick auf Amerika von seiner klischeedurchtränkten Last lösen. Denn, und das legte die ruhige Schönheit dieses „Iron and Wine“-Konzerts uns Luxemburgern ans Herz, Amerika hat mehr zu bieten als nur den Anblick einer Fast-Food-Bude auf dem Times Square.

Über alle Hochhäuser und Subways hinweg erstrecken sich Tausende von Meilen wunderschöner Landschaften, wüstenähnliche Einöden, in denen scheinbar verlorene Dörfer und Städte in ganz eigentümlicher Ruhe und Losgelöstheit vor sich hin leben. Und es sind diese Orte, wo dieser speziell amerikanische Geist geprägt wird und sich entfaltet, die die Musik von Iron and Wine überhaupt und auch an diesem Abend in der KuFa ausmachen.

Die amerikanische Folk-Musik, die raue Stimme eines Johnny Cash oder Bob Dylan werden fern dieses globalisierten Amerikas geboren, das in unserer europäischen Wahrnehmung heutzutage so dominiert. Und eine Ahnung dieses anderen Amerikas trägt Iron and Wine mit seiner diesjährigen Tour wieder nach Europa.

So war denn auch die eigentümliche Ruhe, die nach dem Abschalten der Lichter eintrat, von Beginn an fesselnd. Die Bühne war quasi leergeräumt, keine Begleitband, nicht einmal ein Hocker.
Nur ein Mikrofon und stark gedämpftes Licht prägten den Blick auf die Bühne. Als gelte es, dem Publikum in keinem Sinne die Möglichkeit der Ablenkung zu geben, fein auf das Wesentliche konzentriert soll nur die Musik den Raum erfüllen, die Stimme Sam Beams und der Klang seiner Gitarre. Kein pompöser Auftritt, der über mögliche Langweile und Schalheit der Songs hinwegtäuschen soll, im Gegenteil: die Lieder sollen unmittelbar aufs Publikum überfließen, rein, echt und klar.

Songtexte voller Melancholie

Und tatsächlich, die Live-Qualitäten eines Sam Beam geben seiner Stimme im Einklang mit seinem gekonnten Gitarrenspiel nur so die Möglichkeit, sich vollkommen zu entfalten. Da beginnt das Konzert nur mit dem leisen Anheben seines Gesangs, kein Instrument fährt dazwischen, seine Stimme breitet sich langsam in der Stille aus und öffnet sich dann graduell wieder für die rhythmische Begleitung seiner Gitarre: ein Genuss.

Dabei lockert er die leise Melancholie seiner Songtexte durch seine leicht verspielte Art der Kommunikation mit dem Publikum zwischen den Liedern gekonnt auf, und verhindert so, dass dieses allzu sehr in nachdenklicher Passivität versinkt.

Er scherzt über die furchtbar saubere Innenstadt Luxemburgs, die in seinen Augen so sauber sei, dass es ihn gereizt habe, selbst etwas Dreck auf den Boden zu schmeißen. Iron and Wine verfehlt es auch nicht, sich selbst für das Publikum zu öffnen, auf verschiedene Wünsche einzugehen und selbst nachzufragen, ob alte oder neue Songs vorgezogen würden.

So entsteht eine wunderschön entspannte, aber auch nachdenkliche Stimmung, die ein gelungenes Konzert mit grandioser Vorband perfekt abrundet.