Im „Rocas“ in Luxemburg-Stadt kreuzen sich kulturelle Produktionen diverser Art: Hier kann man interaktiv Theater praktizieren, zu DJ-Sets tanzen, im Rahmen wöchentlicher Jam-Sessions selbst Musik machen, bei Lesungsreihen zuhören oder mitwirken und sich die regelmäßig organisierten Konzerte – mit Schwerpunkt auf Math-, Post-, und Noiserock – anhören. Bei vielen der angebotenen kulturellen Events steht das Interaktive im Zentrum, so dass Kultur im „Rocas“ nicht bloß passiv aufgenommen wird.
Vor einigen Tagen bemerkte jemand auf dem „Food For Your Senses“, dass es zwar in der Festivalbroschüre vermerkt, jedoch bedauerlicherweise nicht auf dem Festivalgelände anzufinden war. Die Rede ist vom „Café-Théâtre Rocas“, das vor fast acht Jahren seine Eröffnung an der Schnittstelle der rue des Bains und der rue des Capucins feierte.
Kultinstitution bei den Musikern
In der Tat ist das „Rocas“ relativ schnell zu einer Kultinstitution unter luxemburgischen Musikern und Musikbegeisterten geworden. Dies erklärt sich wohl zum Teil auch dadurch, dass der Besitzer David Rocas selbst ein großer Musikfan ist – und sich mächtig ins Zeug legt, wenn es darum geht, die Musikszene in Luxemburg zu unterstützen. Weswegen er einmal wöchentlich eine Jam-Session organisiert, die vor kurzem vom Donnerstag auf den Mittwoch verlagert wurde. Aus Respekt vor dem „Liquid“, das am Donnerstag ja auch oft Konzerte und Jams organisiert.
Seit kurzer Zeit gibt es nämlich im „Rocas“ auch mehr Jams, die sich im Blues verankern. „Da ergab es für mich Sinn, eine Änderung des Wochenprogrammes vorzuschlagen. Via Internet habe ich eine Umfrage gestartet. Seitdem ist mittwochs der Tag der Jam.“
Jam-Sessions und Konzerte
Neben den Jam-Sessions organisiert David Rocas aber auch eine ganze Reihe an Konzerten – oder er bietet Organisatoren wie dem Schalltot oder dem Grapesound Collective einen Raum für ihre bedingungslos empfehlenswerten Events.
Kleine Zwischenanekdote: Als ich vor Jahren mal zu meinen Studienzeiten in Paris in einer kleinen Konzerthalle die legendären, mittlerweile aufgelösten Maybeshewill (aus Leicester) zusammen mit den nicht minder mythischen Lite (aus Tokio) sah und danach, weil eine Bekannte den Bassisten attraktiv fand, mit der Band redete, erklärte mir der sympathische Bassist, sie würden nach diesem Konzert nach Luxemburg fahren, um dort im „Rocas“ zu spielen. Ob ich schon mal was von der Bar gehört hätte. Als ich Jahre später das Abschiedskonzert der Band im Londoner „Koko“ – einer prächtigen, übergroßen Konzerthalle – sah, erinnerte ich mich daran, dass diese Gruppe mal im kleinen „Rocas“ aufgetreten war.
Darüber hinaus erklärte David Rocas, er würde grundsätzlich keiner Band aus Luxemburg absagen – egal, ob der Bandsound ihm jetzt persönlich gefalle oder nicht. „Es gibt sehr wenige Gründe, wieso eine lokale Band bei mir nicht spielen darf. Es kann höchstens z.B. passieren, dass ihre Gage zu hoch ausfällt und unser Budget sprengt.“
Diese Leidenschaft für die Musik erklärt dann auch, wieso David Rocas mit seiner Bar bereits auf vielen Festivals einen Stand hatte – sei es auf dem „Out Of The Crowd“, auf dem „Food For Your Senses“ oder auch auf dem „Mess For Masses“, das „Rocas“ gehörte vom Esprit und der Einstellung der Kneipe her einfach dazu. „Dieses Jahr sind wir zum ersten Mal seit langem bei keinem Festival dabei. Aber ich hoffe, das wird sich nächstes Jahr wieder ändern.“ Wünschenswert wäre es auf jeden Fall.
Das „Rocas“ beschränkt seine kulturellen Aktivitäten jedoch nicht auf die Musik. Diese Vielseitigkeit erklärt sich dadurch, dass David Rocas nach einem Filmstudium lange Zeit selbst als Kameraassistent und Kameramann für Produktionsfirmen wie Samsa gearbeitet hat – und dann Leuten wie Al Pacino, Demi Moore und Gérard Depardieu begegnet ist (Pacino und Moore hat er in sehr guter Erinnerung, Depardieu nicht, was einen natürlich nicht großartig verwundert). Durch diese Erfahrung gab es im „Rocas“ dann auch schon eine Reihe von Castings – weswegen auch schon Promis wie Kad Mérad in der Bar waren.
Auch Lesungen gibt’s im „Rocas“
Dem Publikum bietet die Kneipe seit Jahren auch zwei Lesungsreihen – Francis Kirps und Claudine Munos Lesebühne, die allerdings seit letztem Jahr einen nomadischeren Weg eingeschlagen haben und die „Désoeuvrés“ veranstalten – regelmäßige DJ-Sets und eine Zusammenarbeit mit dem „Studio Théâtre“, einer semi-professionellen Theatertruppe, die Workshops anbietet, am Ende derer ein Theaterstück entsteht. Manchmal komme es zudem vor, so David Rocas, dass Workshop-Teilnehmer später dann auch zu Mitgliedern der Truppe würden.
Aufgeteilt werden die kulturellen Aktivitäten auf zwei Räume. In dieser Konstellation liegt definitiv einer der Vorteile des „Rocas“. Die auf ein spezifischeres Publikum abgezielten Aktivitäten finden so im ersten Obergeschoss der Bar statt – in einem Raum, der mit kleiner Bühne, Sofas, Mischpult und Tresen leicht vom Lesungsraum zur Konzerthalle bis hin zur Theaterbühne umfunktioniert werden kann. Unten, im kleinen, aber liebevoll ausgestatteten Hauptraum, der im Sommer leicht mit der Terrasse verschmelzen kann, findet dann die massentauglichere Programmierung statt. Am meisten freut sich David Rocas auf den achten Geburtstag seiner Bar – für dieses Event wird es, wie könnte es anders sein, dann auch wieder eine Reihe von Konzerten geben.
De Maart

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