Champagner in der Luft

Champagner in der Luft
(Ben Zurbriggen)

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Theaterpremiere am vergangenen Samstag: Marion Rothhaar inszeniert „Fräulein Else und Leutnant Gustl“, zwei Novellen von Arthur Schnitzler, die Boris C. Motzki in eine zeitgenössische Theaterfassung umgeschrieben hat.

Nachdem Marion Rothhaar im Jahr 2012 für ihre Inszenierung des „Anatol“ ins Möbelhaus Sichel auf Howald geladen hatte, war Treffpunkt ihrer diesjährigen Schnitzler-Inszenierung die Lobby des „Hotel Le Place d’Armes“. Ein Fünf-Sterne-Hotel, das sich mit seinen dicken Teppichen, den mit rotem Samt bezogenen Sesseln und der verwinkelten Architektur wunderbar eignet, ein Raum der Fantasie und der Kreation zu werden.

Maskénada

Fräulein Else und Leutnant Gustl

• Weitere Vorstellungen am 17., 19. und 20. Juli um 20 Uhr und am 20. Juli um 16 Uhr

• Im Hotel le Place d’Armes

• Informationen:
Tel.: 27489382
info@maskenada.lu

www.maskenada.lu

Larisa Faber als Fräulein Else spielt mit ihrem Cousin (Gianfranco Celestino) im Innenhof des Hotels Badminton, während das Publikum so langsam Platz nimmt. Spätestens als Faber dann in ihrem weißen, wehenden Tenniskleidchen über die Schwelle tritt und die ersten Sätze in den Raum richtet, schafft sie es, das Publikum an sich zu binden: Es klebt an ihren Lippen, ist verzückt von ihrer Komplexität. Die neunzehnjährige Fräulein Else hadert mit sich, ob sie sich vor Mister Dorsday ausziehen soll, um an das nötige Geld zu kommen, das ihren Vater vor dem Ruin bewahren könnte. Eine Frage der Verantwortung gegenüber der Familie, der eigenen Ehre und der weniger schlechten Wahl. Larisa Faber gelingt es wunderbar, zwischen naiver Unschuld und verführerischem Kalkül hin und her zu wechseln. Eine Lolita, die sich ihrer körperlichen Reize durchaus bewusst, doch gleichzeitig ihrer tiefen Verletzlichkeit völlig ausgeliefert ist. Man kann nur empathisch sein mit dieser weichen Schönheit.

Zuschauer im Schlepptau

Da hat es Max Thommes nach der Pause nicht leicht, noch einen draufzusetzen. Doch er hat einen Trumpf in der Hand: Nach wenigen Sätzen und einigen Klavierstücken mehr fordert er sein Publikum auf, mitzukommen, nach draußen, auf einen Spaziergang durch die Altstadt. Als Leutnant Gustl, dessen Ehre verletzt wurde und der sich deshalb mit Selbstmordgedanken plagt, wandelt er durch die Nacht, hin und her schwankend zwischen Selbstmitleid, Verantwortungsbewusstsein und Verzweiflung. Mal auf einer Parkbank, mal unter einer Laterne. Immer die 50 Zuschauer im Schlepptau. Eine Theatererfahrung, die den Zuschauer zum Komplizen macht gegenüber den neugierigen Blicken der Passanten …

Marion Rothhaar inszeniert Schnitzlers Novellen sehr publikumsnah, sehr zeitnah. Die Herausforderung, Schnitzlers inneren Monologe nach außen zu richten, hat sie voll angenommen. Mehr noch: Sie bezieht das Publikum in das Geschehen mit ein, es wird zum Gesprächspartner ihrer beiden Protagonisten, für die ihre Wahl der Schauspieler nicht besser hätte passen können. Es lag Champagner in der Luft, bei dieser Premiere am Samstagabend. Absolut sehenswert!