Es ist schon eine kuriose Story, wie sich Tim Heymans und Pierrot Feltgen in München kennengelernt haben: „Wir sahen uns beide das Tischtennisspiel von Sarah De Nutte an, da habe ich Tim aus unserer Schicht am Vorabend wiedererkannt und er meinte zu mir: Da spielt eine Luxemburgerin“, erzählt Pierrot Feltgen mit einem Lachen. „Ich meinte nur: Ja, ich weiß.“ Dass beide aus dem Großherzogtum kommen, hatten sie am Tag zuvor im Olympiastadion noch nicht bemerkt: „Ich wusste, dass ich zwei Niederländerinnen in meiner Gruppe hatte, mit indischen oder chinesischen Volunteers spricht man Englisch, aber mit dem Rest habe ich einfach nur Deutsch geredet“, meint er weiter. „Die Welt ist halt eben klein, wie man in Luxemburg so oft sagt“, ergänzt Tim Heymans lachend.
Ein erfahrener „Bénévole“
Die beiden Luxemburger sind zwei von rund 6.500 Volunteers, die in den vergangenen elf Tagen sozusagen der verlängerte Arm der Organisatoren der European Championships in München waren. Für Pierrot Feltgen, der sich besonders im Behindertensport seit Jahrzehnten ehrenamtlich engagiert, waren die Multi-EM eine weitere Möglichkeit, hinter den Kulissen aktiv zu helfen. „Mein Leben ist ja ein einziges Volunteering, ich habe die Vereine und Verbände, bei denen ich schon ganz lange helfe, aber auch dazwischen war immer etwas. Ich habe das hier durch Zufall im Internet gesehen und habe mich dann einfach einmal gemeldet, und obwohl ich kurz zuvor schon bei den deutschen Meisterschaften der Special Olympics in Berlin dabei war, war es spannend, auch einmal etwas in einem anderen Bereich auszuprobieren.“ Doch für den erfahrenen „Bénévole“ war von Beginn an klar, dass er nicht einfach den ganzen Tag nur mit einem Schild da stehen wollte. „Dafür war ich mir mit meiner Erfahrung dann doch zu schade.“
Pierrot Feltgen war im Olympiastadion somit als einer von rund einem Dutzend Lead-Volunteers im Einsatz und leitete damit eine Gruppe von freiwilligen Helfern, die bestimmten Zuschauerblöcken zugeteilt waren: „Das fängt bei der Ticketkontrolle an – schauen, ob die Zuschauer in den richtigen Blöcken sitzen; dafür sorgen, dass die Treppen freigehalten werden oder auch das Beantworten der verschiedensten Fragen.“ Die wohl am häufigsten gestellte Frage war, neben der Suche nach den Toiletten, die, wo man deutsche Flaggen zu kaufen bekommt. „Das war nicht vorgesehen, ich weiß auch nicht warum, denn die hätten sicherlich hier Zehntausende verkaufen können“, meint Pierrot Feltgen weiter. Via Funkgerät war er auch direkt mit den Managern verbunden, womit er dann auch Notfälle weitergeben konnte, damit Ärzte und Krankenwagen direkt an die richtige Stelle geschickt werden konnten. Und auch das Lösen der verschiedensten Probleme, wie zum Beispiel doppelt verkaufte Tickets, oder Tickets, die für Reihen verkauft wurden, die gar nicht vorgesehen waren, fielen in den Aufgabenbereich des Lead-Volunteers. Am Ende stand das Wohl des Zuschauers im Vordergrund und so mussten auch die Wetterwarnungen im Auge behalten werden. „Nun stehe ich zwar doch manchmal mit Schild oder dem Leuchtstab da, aber das ist, weil man einfach sieht, dass noch schnell irgendwo eine Hand gebraucht wird“, gibt Pierrot Feltgen mit einem Grinsen an. Viel Improvisationstalent war somit in der letzten Woche gefordert, und auch einige Tipps konnte er an die Organisatoren weitergeben.
Eine Premiere für Heymans
Für Tim Heymans war es hingegen das erste Mal, dass er sich bei einem Event dieses Ausmaßes engagierte: „Ich habe es durch eine Freundin mitbekommen, die selbst turnt und durch den Verein erfahren hat, dass in München Volunteers gebraucht werden. Wir schauen uns sonst auch häufig gemeinsam Wettbewerbe an und so haben wir uns gedacht: Warum melden wir uns nicht einfach mal?“ Eine spontane Idee, viel erwartet hatten sie sich dabei eigentlich nicht. „Und hier sind wir nun“, führt der Student schließlich mit einem Lachen hinzu. Und so wundert es auch nicht, dass sich Tim Heymans von der Stimmung im Olympiastadium beeindruckt zeigt: „So groß hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt, teilweise war es schon sehr stressig. Es ist einfach beeindruckend, dabei sein zu können, die Atmosphäre, die vielen Leute, man kann sich das nicht vorstellen, wenn man es im Fernsehen sieht.“ Seine erste Schicht hatte der junge Luxemburger ausgerechnet am Dienstag, als das Olympiastadion nicht zuletzt durch die Goldmedaillen der Deutschen Niklaus Kaul im Zehnkampf und Gina Lückenkemper über 100 Meter aus allen Nähten platzte. „Es gibt auch Posten, an denen man die ganze Zeit einfach nur rumstehen muss, da ist mir das hier lieber, dann vergeht die Zeit auch viel schneller“, erklärt Heymans, dessen Hauptaufgabe die Zuschauerbetreuung im Stadion war: „Wir stehen oben an den Blöcken und kontrollieren, dass die Leute in den richtigen Block reingehen, dass die Treppen frei bleiben, dass die Zuschauer nicht die Zugänge blockieren.“
Trotz der prallgefüllten Schicht kriegen die Bénévoles dann doch ab und zu mal ein prominentes Gesicht zu sehen: „Man spricht sie natürlich nicht an, aber es ist schon schön sie zu sehen, wie etwa die ehemalige Olympiasiegerin Heike Drechsler oder die Oma aus dem Bergdoktor, die in München sehr bekannt ist“, meint Pierrot Feltgen, der, anders als seine Bénévole-Gruppe, die oben in den Blöcken stand, vom Sport selbst nicht viel mitbekommen hat. Dafür war er im Hintergrund zu sehr damit beschäftigt, Sachen zu regeln.
Ihre Anreise und ihren Aufenthalt haben die Volunteers übrigens selbst bezahlt, bekommen im Gegenzug dafür aber Ausstattung wie T-Shirts, Hosen oder Taschen gestellt, genauso wie Verpflegung. „Viele Leute denken, dass wir hierfür gut bezahlt werden. So wollte eine Frau als Entschädigung für ein doppeltes Ticketing tatsächlich mein Käppi haben.“ Dennoch freut sich der erfahrene Bénévole darüber, dass viele junge Menschen wie Tim Heymans sich bei den European Championshiops engagiert haben. „Viele machen das zum ersten Mal, so etwas ist wichtig. Ich hoffe, sie kommen hier ein wenig auf den Geschmack.“
De Maart
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