Inzidenz zu hochZurück zum Termin-Shopping: Der Trierer Einzelhandel gibt nicht auf

Inzidenz zu hoch / Zurück zum Termin-Shopping: Der Trierer Einzelhandel gibt nicht auf
Weil die Zahl der gemeldeten Infektionen steigt, müssen Kunden sich ab Samstag in den Trierer Geschäften wieder ankündigen.  Archivfoto: Herbert Becker

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Ab Samstag geht’s in Trier zurück zum Termin-Shopping. Was sich sperrig anhört, ist allerdings gar keine allzu hohe Hürde: Wer kaufen oder auch nur bummeln will, der ist in den Läden willkommen.

Weil der Corona-Inzidenzwert auch in Trier wieder auf über 50 Neuinfektionen pro Hunderttausend Einwohner binnen einer Woche gestiegen ist, wird die Notbremse gezogen: Wie in der Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Bundesländern vorgesehen, muss der Einzelhandel am Samstag zum sogenannten Termin-Shopping zurückkehren. Nach knapp zwei Wochen mit nahezu normalem Betrieb ist das zwar eine Einschränkung. Aber: Pro 40 Quadratmeter Ladenfläche darf weiterhin jeweils ein Kunde herein. Auch ohne vorab einen Termin vereinbart zu haben. Der Trierer Einzelhandel wirbt dafür, diese Gelegenheit auch zu nutzen.

Im Modehaus Marx in der Konstantinstraße dürfen beispielsweise auch ab Samstag immer noch rund 170 Kunden gleichzeitig bedient werden. „So viele gleichzeitig haben wir auch unter normalen Umständen eigentlich nie“, sagt Inhaberin Karin Kaltenkirchen. Trotzdem wirke leider schon der Begriff „Termin-Shopping“ auf die Kunden wie eine emotionale Hürde. „Viele fühlen sich unter Druck, bei einem vereinbarten Termin auch etwas kaufen zu müssen“, bedauert Kaltenkirchen. „Aber das ist Unsinn: Wir freuen uns über jeden, der zu uns kommt, auch, wenn jemand nur bummeln oder sich nur inspirieren lassen oder auch nur auf einen Schwatz mit unseren Mitarbeitern vorbeikommen will.“ Wer keinen Termin vorab ausgemacht hat, könne auch spontan vorbeischauen. „Die Chance, dass noch Platz und ein spontaner Termin möglich ist, ist sehr groß“, betont Kaltenkirchen.

„Dem Fachhandel werden Steine in den Weg gelegt“

Insgesamt ärgert sie die Maßregelung durch die Regierung allerdings sehr. „Ich empfinde das als Willkür: Aldi und Kaufland sind proppenvoll, und da muss niemand ein Kontaktformular ausfüllen.“ Dass Lebensmittel nun mal lebensnotwendig sind und Bekleidung eher nicht, lässt sie als Argument nicht gelten: „Wenn die Regierung es ernst meinen würde damit, dass möglichst alle zu Hause bleiben sollen, dann müsste man Aldi, Lidl und Konsorten verbieten, Töpfe, Kleidung und Gartenzubehör zu verkaufen. Dann kämen die Leute nur für Lebensmittel und wären auch viel schneller wieder draußen. So dürfen diese Läden alles verkaufen und dem Fachhandel werden Steine in den Weg gelegt – das versteht doch kein Mensch!“

Gut ist die Stimmung auch bei Gunter Niedenführ nicht. „Aber es war ja abzusehen, dass das nicht lange gut geht“, sagt der Geschäftsführer der Leder Ludwig Kofferecke am Trierer Hauptmarkt. „Wir befinden uns nun mal auf einer Gratwanderung zwischen Wirtschaftlichkeit und Gesundheit. Und auch, wenn man sicher vieles kritisieren kann: Einer – nämlich die Regierung – muss das Steuer in der Hand haben und die anderen sollten tun, was die Politik vorgibt. Sonst gib es Chaos, wenn jeder Druck macht und andere Forderungen stellt“, meint Niedenführ. Auch er bietet seinen Kunden Termin-Shopping an. Ein Ersatz für den Betrieb und Umsatz der vergangenen Tage mit normalen Öffnungszeiten sei das allerdings nicht. „Denn einen Termin zum Einkauf vereinbaren eher nur Kunden, die einen wirklichen Bedarf haben. Und ganz ehrlich: Wer braucht schon unbedingt eine Handtasche?“

Möbel und Dekoration sind sicherlich auch nicht überlebenswichtig. Trotzdem war im Möbelhaus Ehrmann in Zewen seit der Wiedereröffnung vor knapp zwei Wochen sie Kundenfrequenz „durchaus sehr hoch“, sagt Verkaufsleiter Robert Eckhardt. „Aber wenn die Inzidenz binnen eines Tages von 38 auf über 50 steigt, dann ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass auch der Einzelhandel eine Gemeinschaftsleistung bringen muss.“

Termin per Telefon, über die Homepage oder per E-Mail

Termin-Shopping ist aber auch in dem großen Einrichtungsgeschäft möglich: Kunden können per Telefon, über die Homepage oder per E-Mail persönliche Termine mit Verkäufern vereinbaren. „Aber auch bei uns ist es natürlich so, dass Kunden auch spontan vorbeikommen können – auch nur zum Bummeln“, sagt Eckhardt. Schließlich bedeutet die 40 Quadratmeter/ein-Kunde-Regel für das Geschäft mit den 25 000 Quadratmetern Verkaufsfläche, dass theoretisch mehr als 600 Kunden gleichzeitig hereingelassen werden dürften. „Aber das machen wir natürlich nicht“, sagt Eckhardt. Etwa 30 bis 35 Kunden gleichzeitig könnten von den Verkäufern beraten werden. „Zu unserem Hygienekonzept gehört übrigens auch, dass wir alle unsere Mitarbeiter zwei Mal pro Woche testen – das kostet zwar viel Geld, aber das ist uns die Sicherheit unserer Mitarbeiter und Kunden wert“, sagt Eckhardt.

Auch der Trierer Outdoor- und Reiseausrüster Viking Adventures muss ab Samstag wieder auf Termin-Shopping umstellen. „Die knapp zwei Wochen, die wir jetzt regulär aufhaben durften, waren schon wichtig“, betont Mitgeschäftsführer Erik Bohlander, „schließlich ist jeder umgesetzte Euro ein Euro weniger, den wir zwischenfinanzieren müssen. Alles ist also besser als ganz zu.“ Schon bei den ersten coronabedingten Schließungen im vorigen Jahr habe man auf positive Kundenkommunikation gesetzt. „Und weil wir viele Stammkunden haben und viele Kunden, die gezielt auf der Suche sind nach der Ware, die wir anbieten, klappt das mit dem Termin-Shopping bei uns auch ganz gut“, sagt Bohlander.

Weil Fernreisen nicht möglich sind, falle zwar ein ganz großer Teil des Umsatzes weg, zum Beispiel sei derzeit kaum noch Bedarf an großen Tourenrücksäcken da. „Dafür entdecken die Leute aber die Region vor der eigenen Haustür, die Nachfrage nach Wanderschuhen ist daher enorm derzeit.“

Bei 500 Quadratmetern Verkaufsfläche darf Viking Adventures gemäß der 40 Quadratmeter/ein Kunden-Regel grundsätzlich auch ab Samstag noch 12 Kunden gleichzeitig im Laden bedienen. Bohlander: „Auch, wer keinen Termin vorab ausgemacht hat, kann also vorbeikommen – die Chance ist gut, dass noch Platz ist!“

Quelle: Trierischer Volksfreund