KunsteckeWünsch dir ein Museum oder das „ideale Museum“

Kunstecke / Wünsch dir ein Museum oder das „ideale Museum“
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Nikolaus-Tag steht vor der Tür. Kleine Kinder haben bestimmt eine lange Wunschliste parat, Erwachsene tun sich da schwerer. Hauptwunsch dürfte dieser Tage sein: gesund bleiben. Heimische Kunstfreunde freuen sich vielleicht bereits darauf, ein „Kunstwerk“ unter dem Weihnachtsbaum zu finden.

Doch wie wäre es mit einem „Wunsch-Museum“, einem Kunsthaus, das sich jeder aus seinem Gedächtnis zusammenstellen lassen könnte. Olivier Cena hat dies nun für das gut sortierte französische Film- und Fernsehmagazin télérama getan. Das Sonderheft „Un musée idéal“ liegt am Kiosk auf. Die Auswahl der Werke ist zeitlich begrenzt, postmoderne und zeitgenössische Kunst ist ausgespart – und selbstredend subjektiv. Dies, obwohl Qualitätskriterien bei dieser Reise durch gestandene und weniger bekannte Museen sowie der Wille, Meisterwerke zu entdecken, eine Rolle gespielt haben.

Strukturiert ist das rund 100 Seiten starke und reich illustrierte Heft in fünf Kapitel, wobei die Auswahl der 1667 vom Architekten André Félibien aufgestellten Klassifizierung folgt: Genremalerei, Porträts, Sakrales, Landschaft und Stillleben. Der Autor möchte in diesen Kategorien keine Hierarchie hineininterpretieren, im Gegenteil, er sieht sie auf gleicher Höhe, betrachtet diese teils zeitlich evolutiv einzustufenden und zu bewertenden Themenkreise als ebenbürtig, vorausgesetzt, es handelt sich um echte Kunstwerke. Leider mussten bekannte Meisterwerke, etwa die „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci oder der „Genussgarten“ von Hieronymus Bosch, ausgeklammert werden. Auch andere namhafte Gemälde fielen der zwangsläufig strengen Selektion und dem Drang, doch einige Überraschungen parat zu halten, zum Opfer. Dennoch: Die künstlich und virtuell erstellte Sammlung des „idealen Museums“ ist beachtenswert.

Das Kapitel der Sakralmalerei macht den Auftakt mit der „Kreuzigung“ von Cimabue aus der Basilika Franz von Assisi in Italien. Es zeigt dann Andrei Rubljows „Dreifaltigkeitsikone“ aus der TretjakowGalerie in Moskau und reicht von Werken von Jan van Eyck über Piero della Francesca, Leonardo Da Vinci, Veronese, Caravaggio und Rubens bis hin zu Mark Rothko. Letzterem wird mit seinem Werk „Blue and Grey“, das im Besitz der Stiftung Beyeler in Riehen/Basel ist, verdienterweise eine meditative Dimension zugesprochen.

Bei den seinerzeit geschätzten und später etwas verschmähten sogenannten „Stillleben“ werden unterschiedliche Motive herausgekitzelt: etwa „Six Kakis“ von Muqi Fachang, ein Bild, das im Daitoku-ji-Tempel in Kioto zu sehen ist, „Das aufgeschlitzte Rind“ von Rembrandt aus dem Louvre oder die „Spargel“ von Manet aus dem Musée d’Orsay. Gauguin, Van Gogh, Cézanne oder Matisse, mit seinem Innenraum mit Auberginen, bis hin zu Picasso und Giorgio Morandi, von dem es ein typisches, ganz einfach gehaltenes Bild aus dem Morat-Institut in Freiburg-im-Breisgau zu sehen gibt, vervollständigen diese Liste.

Geschichte und Geschichten haben stets Künstler inspiriert. Greifen wir nur einige aus der 20 Werken starken Präsentation heraus, etwa die „Jagd auf Tiger“ von Petrus Paulus Rubens (in Rennes zu sehen), der „Raub der Sabinerinnen“ von Nicolas Poussin aus dem Louvre, die „Nachtwache“ von Rembrandt, die sehenswerte „Milchfrau“ von Johannes Vermeer, beide aus dem Rijksmuseum in Amsterdam, sowie das Schreckensbild „El Tres de Mayo“, eine Erschießungsszene von Francisco Goya, und „Le Radeau de la Méduse“, das sagenhafte Schicksal einer Fregatte von Théodore Géricault, ein Künstler, der sich mit Leib und Seele diesem Werk gewidmet hat. Wer das Kunstmuseum Reina Sofia in Madrid besucht, der kommt an Pablo Picassos’ „Guernica“ in Erinnerung an das Massaker dieser Stadt durch die spanischen Nationalisten nicht vorbei.

Faszinierende Porträts

Porträts hatten in der Antiquität und in vielen Teilen dieser Welt einen hohen Stellenwert. Im Mittelalter verschwindet die gemalte Darstellung des Menschen im Nahformat, doch bleibt diese stets eine Konstante in der Sakralkunst. Ab dem 14. Jahrhundert finden sich Könige gerne im Bild wieder. Vor allem in der Zeit vor der Erfindung der Fotografie Ende des 19. Jahrhunderts hat das Porträt Konjunktur. Das Selbstporträt gab es bereits im alten Griechenland und diente Künstlern oft gar als Zeugnis ihrer Autorenschaft. Die Verantwortlichen dieser fiktiven Sammlung haben denn auch Porträts aus diversen Epochen ausgewählt, etwa „Der Mann mit dem roten Turban“ von Jan van Eyck (National Gallery London), die „Hermelindame“ von Leonardo da Vinci (Museum Krakau), Papst Paul III. von Tizian (Museum Neapel), das Selbstporträt von Rembrandt (Kenwood House, Hamstead), „Das Mädchen mit der Perle“ von Johannes Vermeer (Mauritshuis, Den Haag), „Stéphane Mallarmé“ von Edouard Manet (Musée d’Orsay) oder „Le vieil homme assis“ von Pablo Picasso, im Picasso-Museum in Paris zu sehen.

Naturalistische und ausgewählte Landschaften

Die Landschaft als eigenes Motiv entwickelt sich ständig, wobei Ende des 17. Jahrhunderts die Aufteilung in „heroische“ (groß und außergewöhnlich) und „herkömmliche“ (den Eigenarten der Natur entsprechend) Landschaften von Roger de Piles erfolgt. Diese wird im darauffolgenden Jahrhundert aufgehoben und von Claude-Henri Watelet in drei Arten aufgegliedert: die ideale Landschaft, die Panorama-Sicht und das zusammengesetzte Landschaftsbild. Die Chinesen, deren Malerei in diesem Opus sozusagen abwesend ist, machen nur die typische „Shanshui“ (Berg-Wasser-Komposition) aus. Bei all diesen Bildnissen lebt die Natur mit ihren Bestandteilen, Bewegungen, saisonalen und regionalen Besonderheiten unterschiedlich auf. Als chinesisches Beispiel zitiert der Autor „Frühlingsanfang“ von Guo Xi, im Nationalmuseum auf Taiwan zu bewundern, Dürer-, Bruegel-, El-Greco- oder Rembrandt-Bilder gelangen ebenfalls zur Ansicht. Doch mit „Mönch am Meeresrand“ von Caspar David Friedrich (Alte Nationalgalerie Berlin) gewinnt diese Art Malerei eine neue Dimension. „Schneesturm am Meer“ von William Turner (Tate Gallery, London) und Claude Monets’ „Japanische Brücke“ (Minneapolis Institute of Art) wären am Ende dieses Kapitels zu nennen.

Selbstredend haben wir dieses von Olivier Cena erträumte „ideale Museum“ nicht in seiner vollen Bandbreite darstellen können. Doch soll dieser Beitrag, genau wie das besprochene Heft an sich, in diesen schweren Zeiten dazu einladen, in unserer Erinnerungen zu forschen und zu suchen, was uns auf Anhieb bei Museumsbesuchen in der Malerei angesprochen hat, was uns im „Herzen der Kunst“ bewegt hat – postmoderne und zeitgenössische Kunst sowie Skulptur bekanntlich ausgeklammert. Jeder hat wohl so seine eigenen Vorstellungen. Unser Tipp: Augen zu, Augen auf, um zu Weihnachten ein eigenes „Museum“ zu ersinnen!