Google-DatencenterWird das schlechte Drehbuch wirklich verfilmt?

Google-Datencenter / Wird das schlechte Drehbuch wirklich verfilmt?
Eine Grundvoraussetzung für die Erschließung des Google-Areals bleibt die Neugestaltung der Straßeninfrastruktur auf Roost Fotomontage: Editpress

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Seit nun mehr sechs Jahren geht die Rede von einem in Bissen geplanten Datencenter. Dieses Rechenzentrum hat im Laufe der Zeit viele Gemüter erhitzt. Es gründeten sich Bürgerinitiativen und fragwürdige Entscheidungen des früheren CSV-Bürgermeisters sorgten unter anderem für heftige Debatten sowie lokalpolitisches Stühlerücken.

In den beiden letzten Jahren war es wiederum still um dieses Projekt geworden. Auch die vor Kurzem von Wirtschaftsminister Lex Delles (DP) gegenüber RTL gemachte Aussage, das Projekt sei keinesfalls gestorben, ist längst keine Neuigkeit. Bereits Ende letzten Jahres hatte uns Bürgermeister David Viaggi („Är Leit“) Folgendes gesagt: „Soweit ich weiß, hat Google das Projekt eines Datencenters auf ‚Busbierg‘ nicht aufgegeben. In der Zwischenzeit haben die initialen Pläne wohl mehrere Änderungen erfahren. Ich rechne damit, dass es sich bis Mitte 2024 zeigen wird, was in diesem Dossier wirklich passiert.“

Der Vorgänger von Lex Delles im Wirtschaftsministerium, Franz Fayot (LSAP), hatte dies ebenfalls bereits in seiner Mandatszeit hervorgehoben: „Mit der Entwicklung der Digitalisierung, besonders im Bereich der künstlichen Intelligenz, steigt das Bedürfnis nach zusätzlichen IT-Infrastrukturen zunehmend. In diesem Sinn bleibt der Standort in Bissen eine potenziell interessante Option für den Bau eines Datencenters.“ Die Regierung sei weiterhin mit Google in Kontakt, hieß es.

„Zone Datacenter“ seit 2019

Blättern wir, zum besseren Verständnis, in diesem schlechten Drehbuch zurück: „Der Internetgigant Google möchte ein Datencenter auf Roost (Gemeinde Bissen) bauen“, hieß es im Juli 2018. Der Bauträger „London Bridge“ habe hierfür ein rund 33 Hektar großes Areal auf „Busbierg“ erworben. Dies sorgte sehr schnell für viel Gesprächsstoff. Eine erste Hürde bestand in der Umklassierung des genannten, in seiner Fläche etwa 50 Fußballfeldern gleichkommenden Areals in eine „Zone spéciale Datacenter“. Dank des einstimmigen Votums vom 7. Januar 2019 erhofften sich die Gemeinderäte aus Bissen künftig eine transparentere Zusammenarbeit mit dem Internetgiganten.

Am 25. Juni 2019 kehrte Bürgermeister Jos Schummer der CSV den Rücken, da er sich sowohl von seiner Partei als auch von zwei CSV-Räten (Hoscheid und Barros) im Dossier rund um das geplante Datencenter im Stich gelassen fühlte. Er blieb aber auf dem Bürgermeisterstuhl sitzen. Einen Tag später gab Rätin Cindy Barros ebenfalls ihre Parteikarte ab. Damit hatte die CSV ihre knappe Mehrheit im Gemeinderat Bissen verloren. Nach diesen Ereignissen schlug die neue Mehrheit im Gemeinderat, die Initiative „Är Leit“, folgende Neubesetzung der Gemeindeführung vor: Bürgermeister wurde David Viaggi, den Posten des Ersten Schöffen ging an Roger Sauerfeld, den des Zweiten Schöffen an Cindy Barros.

Einen Monat später lag der punktuelle Bebauungsplan (PAP) zum Projekt Datencenter zur Einsicht im Rathaus auf. Doch auch dieses Papier gab eigentlich wenig Aufschluss über das, was auf „Busbierg“ einmal entstehen soll. Was z.B. den Strom- und Wasserverbrauch anbelangt, darüber gab es keine einzige Zeile zu lesen. 177 Reklamationsschreiben waren bis zum 11. Januar 2020 im Rathaus eingegangen. Dazu kamen noch Einwände der lokalen Organisationen „Pro Bissen“ und der „Biirgerinitiativ Bissen“ sowie des „Mouvement écologique“.

Lange Zeit war im Dossier Datencenter Bissen nichts von einem sogenannten „Memorandum of Understanding“ zwischen der Regierung, der Gemeinde Bissen und dem Internetgiganten Google bekannt. Offiziell jedenfalls nicht. Doch als die Rangelei im Gemeinderat Bissen losging, war dieses MoU, nennen wir es Absichtserklärung, plötzlich in vieler Munde. Als dieses Dokument nach vielem Hin und Her von der zuständigen Kommission als „nicht vertraulich“ eingestuft wurde, löste es eine unbändige Nervosität in den Reihen der damaligen CSV-Opposition in der Abgeordnetenkammer aus. Sie – und nicht nur sie – versprachen sich Zündstoff in dieser Absichtserklärung, doch im Nachhinein sollten alle in dieser Hinsicht enttäuscht werden.

„Das Projekt ist nicht gestorben“

Dann wurde es 18 Monate lang still um das Dossier „Google“. „Wir kommentieren keine Gerüchte“, so die Reaktion aus dem Wirtschaftsministerium im August 2022, als wir den damaligen Wirtschaftsminister Franz Fayot auf die Gerüchte, dass Google das geplante Datencenter in Bissen nicht realisieren würde, ansprachen. Wenige Tage später teilte das Ministerium mit: „Das Projekt ist keinesfalls gestorben, so wie es nun vonseiten der CSV-Opposition in den Raum geworfen wird. Es steht dem Wirtschaftsministerium nicht zu, Pläne, den zeitlichen Ablauf oder auch noch die Umsetzung des Projektes eines Unternehmens oder eines privaten Investors zu kommentieren.“ Es gebe jedenfalls keine Anzeichen dafür, dass das Google-Projekt in Bissen auf Eis gelegt oder sogar gestorben sei, hieß es.

An dieser Stelle sollte man daran erinnern, dass Google die Fertigstellung des Datencenters in Bissen von vornherein für das Jahr 2025/26 vorsah. Bei einer geschätzten Bauzeit von anderthalb bis zwei Jahren müsste der Bauträger demnach bald mit einem konkreten, überarbeiteten Projekt daherkommen.

Neun Jahre alte Versprechen

Doch damit nicht genug: Bereits 2015 wurden der Gemeinde Bissen gleich mehrmals Pläne für eine dringend notwendige Verbesserung der Straßeninfrastruktur auf Roost vorgestellt – passiert ist bis heute nichts. Im Einzelnen geht es darum, die Kreuzungen der N7 mit den Zufahrtsstraßen zu den einzelnen Industrie- und Gewerbezonen zu entschärfen. Dies soll anhand von Verteilerkreisen geschehen.

„Bereits lange vor der Bekanntgabe, dass der Internetgigant Google eventuell ein Datacenter in Bissen bauen möchte, hatte uns Mobilitäts- und Infrastrukturminister François Bausch ein schnelles Handeln in Aussicht gestellt. Damals ging die Rede von je einem Verteilerkreis in Höhe der Mercedes-Benz-Niederlassung sowie in Höhe der Zufahrt zur Industriezone ‚am Seif‘, wo sich Luxlait und Creos niedergelassen haben“, so Bürgermeister David Viaggi dem Tageblatt gegenüber. Nach Bekanntwerden des Google-Projekts kam 2018/2019 ein dritter Verteilerkreis in Höhe der Firma Mako sowie eine Zufahrtsstraße zum Areal, auf dem das Datencenter vorgesehen ist, mit in die Planung. „Ohne diese Straße ist das 33 Hektar große Areal, wenn überhaupt, nur schwer zu erschließen“, so der Bürgermeister. Letztgenanntes Projekt sollte 2023 ausgeschrieben werden.

Bürgermeister David Viaggi
Bürgermeister David Viaggi
Reden allein genügt nicht, es müssen auch Taten folgen

David Viaggi, Bürgermeister Bissen

Auf unsere Anfrage hin ließ Viaggi am vergangenen Freitag durchblicken, dass laut seinen Informationen diese Ausschreibung aber erst in diesem Jahr, und zwar bis zum kommenden Sommer über die Bühne gehen soll. „Die Politik sowie die Straßenbauverwaltung müssen aber die gesamte Straßeninfrastruktur (N7) auf Roost schnellstens in Angriff nehmen. Das ist eine Grundvoraussetzung nicht nur für die Erschließung des Google-Areals, sondern auch für die Bewältigung des gesamten Verkehrsaufkommens auf Roost.“

Auf die kürzlich gemachte Aussage von Wirtschaftsminister Lex Delles angesprochen, meinte David Viaggi: „Es war vielleicht keine Neuigkeit, doch immerhin wird mal wieder über das Datencenter geredet. Reden allein genügt jedoch nicht, es müssen auch Taten folgen.“