29. Dezember 2025 - 15.54 Uhr
Akt.: 29. Dezember 2025 - 17.53 Uhr
Dritte Herde im LandWie Wasserbüffel in Schifflingen wichtige Lebensräume erhalten
Fährt man von Schifflingen in Richtung Foetz vorbei am Gewerbegebiet „Op Herbett“, sind sie kaum zu übersehen: Wasserbüffel, mit ihrem dunklen Fell und den nach oben geschwungenen Hörnern, wie sie seit einigen Monaten auf der Weide hinter dem „Pizza Hut“ grasen. Dort, wo bei jedem Regen genug Wasser steht, dass man mit dem Boot über die Wiese paddeln könnte, fühlen sich die Karpatenbüffel wohl. Es ist die dritte Herde im Land, die offiziell zu einem Naturschutzprogramm gehört, das von der Naturverwaltung (ANF) zusammen mit anderen Partnern verwaltet wird, und die durch ihr Fressverhalten zur korrekten Beweidung feuchter Gebiete beiträgt. Ihr Job: dichte Vegetation zurückdrängen, Wasserlöcher „buddeln“ und so wichtige Lebensräume für Flora und Fauna erhalten.
Im März 2021 zogen die ersten Wasserbüffel ins Großherzogtum. Die Initiative kam von Bauer Alex Mehlen, der die Paarhufer für das Naturschutzgebiet „Schlammwiss-Brill“ bei Mensdorf vorschlug und bei der Naturverwaltung gleich auf Zuspruch stieß. „Ich war sofort Feuer und Flamme, also sind wir nach Belgien gefahren, um uns die Tiere anzuschauen, und Alex Mehlen hat sich zehn Stück gekauft“, erzählt Philip Birget, der sich um die Verwaltung der landesweiten Biodiversitätsverträge kümmert. Mittlerweile bewohnen etwa ein Dutzend Büffel die rund 25 Hektar große Fläche im Syrtal, weitere 15 stehen auf zwei Weiden des oben genannten Naturschutzgebiets „Dumontshaff“ in Schifflingen und nochmals eine Handvoll auf dem renaturierten ehemaligen Arbed-Gebiet in Esch-Lallingen. „Es gibt natürlich auch noch Privatleute, die Wasserbüffel halten, aber mit diesen hat die Naturverwaltung nichts zu tun“, so Birget.
Plus fürs gesamte Biotop
Die Wiederkäuer sind dabei keine Neuheit im Großherzogtum, denn bereits vor 150.000 Jahren lebten Wasserbüffel in Luxemburg. Seither hat sich die Landschaft zwar verändert, der Mehrwert der Tiere bleibt jedoch derselbe, denn dort, wo Traktor, Galloway-Rind, Schaf und Co. nur ungern „arbeiten“, erledigen Büffel einen exzellenten Job. „Sie brauchen feuchtes Terrain mit Weihern. Bei über 25 Grad lieben sie es, sich im Wasser zu suhlen, wodurch wieder neue Weiher entstehen, in denen Amphibien laichen, Schwalben Schlamm für ihre Nester holen und Zugvögel wie die Zwergschnepfe aus Nordrussland im Winter Futter finden“, erklärt der Biologe. Vor allem große Grünlandflächen und Offenland profitieren von der Anwesenheit der Büffel, deren extensive Beweidung und Entbuschung maßgeblich zum Erhalt der biologischen Vielfalt beiträgt.
Der Staat ist dabei nicht der Besitzer der Rinder, sondern verpachtet die Flächen, auf denen sie leben, an Bauern, per Ausschreibung. „Es gibt über 70 verschiedene Biodiversitäts-Programme, die von den Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt getragen werden. Klassiker sind das Mähen bestimmter Flächen erst nach dem 15. Juni, verschiedene Beweidungstypen oder die Wanderbeweidung durch Schafe, um nur einige zu nennen“, so Birget. Auch für die Haltung von Wasserbüffeln erhalten teilnehmende Bauern finanzielle Unterstützung vom Staat, da die strengen Auflagen in den Naturschutzgebieten einen gewissen wirtschaftlichen Verlust bedeuten, der kompensiert werden muss.
2026 umfassen die verschiedenen Programme über 10.000 Hektar Fläche in Luxemburg, zusätzliche Weiden für Wasserbüffel sind derzeit jedoch nicht vorgesehen – aus Platzmangel, aber auch, weil entsprechende Renaturierungsprojekte meist Jahrzehnte dauern. Fakt ist auch, dass sich der Nutzen der Tiere wirtschaftlich gesehen aktuell (noch) in Grenzen hält, denn die erlaubten acht Büffel pro zehn Hektar sind zu wenige, um sie für die Fleischproduktion zu vermarkten. „In Rumänien und Italien, wo sie noch einheimisch sind, ist ihr Fleisch sehr beliebt. Hierzulande ist der Aufwand für die Bauern jedoch enorm groß, der Preis für den Endverbraucher hoch und es mangelt an Metzgern, denn große Produzenten wollen andere Quantitäten als die, die geliefert werden können“, erklärt der Verantwortliche.
Eine positive Bilanz
Fürs Erste reicht also die Nutzung der Büffel als Naturschützer, die dabei noch eine ganz besondere Eigenschaft besitzen: „Im Vergleich zu Milch- und Fleischrindern sind Wasserbüffel sehr anhänglich und menschenbezogen. Sie erkennen ihren Bauern, in Mensdorf reiten die Kinder von Alex Mehlen sogar auf ihnen, denn als eigentliche Zugtiere haben vor allem die Büffel aus den Karpaten einen ähnlich ruhigen Charakter wie beispielsweise Ardenner-Pferde.“ Um den Verlauf des Projektes zu beobachten, wurde die Herde in Mensdorf von einem Master-Studenten begleitet, der via Tracker analysierte, wo sich die Büffel aufhalten und wie man ihren Lebensraum optimal anpasst. „Wir haben gemerkt, dass die Karpaten Fließwasser nicht sonderlich mögen, und ihnen vor zwei Jahren eine Brücke über die Syr gebaut, damit sie nicht durch den Fluss stapfen“, erklärt der Biologe.
Wolle man hingegen Schilf am Flussufer erhalten, müsse man dieses umzäunen, denn sonst machen die Büffel auch dieses nieder. Die Bilanz nach vier Jahren sei positiv, denn durch die erfolgreiche Entbuschung der Flächen durch die Rinder konnten Wiesenvögel wieder auf Weiden ziehen, die sonst durch die Anwesenheit von Greifvögeln wie Sperber, Habicht und Co. in Hecken und Bäumen unattraktiv für sie wären. Die Geschichte der Luxemburger Wasserbüffel geht also weiter und dies freut nicht nur Umweltschützer: Auch der eine oder andere Autofahrer, Radler und Spaziergänger lässt sich vom Anblick der Karpaten-Büffel entzücken.

De Maart

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