Ein gutes Glas Wein zum Essen, ein kühles Bier zur Entspannung oder ein farbenfroher Cocktail beim Feiern – Alkohol ist fester Bestandteil vieler gesellschaftlicher Anlässe. Doch der Genuss hat auch eine dunkle Seite, die nicht zu unterschätzen ist. Die Folgen von Alkoholmissbrauch sind vielfältig und betreffen nicht nur Erwachsene, sondern auch Jugendliche. Ein Blick auf aktuelle Zahlen aus Luxemburg zeigt, dass das Problem weiterhin besteht.
Zwischen 2018 und 2023 mussten in Luxemburg insgesamt 3.639 Menschen wegen Alkoholmissbrauchs ins Krankenhaus eingeliefert werden. Das entspricht im Schnitt 50 Fällen pro Monat. Diese Zahlen gehen aus einer Antwort der Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV) auf eine parlamentarische Anfrage der DP-Abgeordneten André Bauler und Gilles Baum hervor.
Wie das Gesundheitsministerium auf Nachfrage des Tageblatt präzisierte, waren unter den hospitalisierten Personen insgesamt 57 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 15 Jahren, die aufgrund einer Alkoholvergiftung behandelt werden mussten – das sind 0,8 im monatlichen Schnitt in dem Zeitraum zwischen 2018 und 2023. Davon traf es am häufigsten 14- bis 15-Jährige.
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Zur Erinnerung: „In Luxemburg dürfen alkoholische Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent laut dem Gesetz vom 22. Dezember 2006 (‚Loi portant interdiction de la vente de boissons alcooliques à des mineurs de moins de 16 ans‘) nicht an Jugendliche unter 16 Jahren verkauft werden, dementsprechend haben 16-Jährige Zugriff auf jedes zulässige alkoholische Getränk“, schreibt das Gesundheitsministerium.
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Weitere Daten zum Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen sucht man allerdings vergebens: Die Polizei kann keine Angaben dazu machen, wie viele Verstöße insgesamt von Minderjährigen in Luxemburg begangen wurden, da sie über „keine spezifischen Statistiken“ verfügt. In solchen Fällen werde lediglich eine Jugendschutzmeldung erstellt, teilt die Pressestelle der Polizei auf Anfrage des Tageblatt mit. Auch zum Verkauf von Alkohol an Minderjährige existiere keine gesonderte Statistik. Solche Verstöße würden – gemeinsam mit anderen – unter der allgemeinen Kategorie „Verstoß gegen das Schankwirtschaftsgesetz“ erfasst.
Wie kontrolliert die Polizei den Alkoholkonsum Minderjähriger? Hauptsächlich „bei Kontrollen in Cafés usw.“, schreibt die Pressestelle der Polizei. Es würden zudem im Falle von Meldungen auch gezieltere Kontrollen durchgeführt werden. Sollten bei den regulären Polizeistreifen Verstöße festgestellt werden, ziehe das „natürlich ebenfalls die nötigen Konsequenzen“ nach sich, heißt es weiter.
Mindestalter anheben?
Die meisten Jugendlichen scheinen nach ihrem ersten Krankenhausbesuch wegen einer Alkoholvergiftung vorsichtiger geworden zu sein. Denn laut Ministerium wurden weniger als drei Prozent der unter 18-Jährigen mehrfach mit einer Alkoholvergiftung eingeliefert.
Schon gewusst?
Wussten Sie schon, dass Luxemburg zu den wenigen Ländern gehört, in denen das Mindestalter für Alkoholkonsum bei 16 Jahren liegt? Dies ist unter anderem noch der Fall in Kuba und San Marino. In Belgien und Deutschland ist das Trinken ab 16 nur bedingt erlaubt: Hochprozentige Getränke dürfen erst ab 18 konsumiert werden. In den meisten Ländern liegt das Mindestalter für Alkoholkonsum bei 18 Jahren, darunter Frankreich, Irland und Russland. In Japan darf hingegen erst ab 20 und in den USA sogar erst ab 21 Jahren getrunken werden. In vielen Ländern sehen die Menschen aus religiösen Gründen vom Alkoholkonsum ab – das ist besonders in muslimisch geprägten Gesellschaften der Fall.
Bei der zeitlichen Verteilung der Fälle im genannten Zeitraum zeigt sich zudem ein Muster: Spitzenwerte wurden zwischen Juli und Oktober verzeichnet. Diese würden zwar hauptsächlich Erwachsene betreffen, jedoch wird in der zur parlamentarischen Anfrage mitgelieferten Grafik nicht zwischen Voll- und Minderjährigen unterschieden. Ob Großveranstaltungen, Festivals oder Kirmessen eine Rolle spielten, bleibt derweil unklar, da in den Krankenhäusern keine entsprechenden Daten zur Teilnahme an Events erfasst werden, schreibt das Gesundheitsministerium.
Und was plant die Regierung? Das Tageblatt wollte wissen, ob Überlegungen bestehen, das Mindestalter für Alkoholkonsum auf 18 Jahre anzuheben, oder strengere Regeln für Werbung und Verkauf einzuführen. Das Ministerium verweist in seiner Antwort jedoch wieder auf die parlamentarische Anfrage. Darin hieß es lediglich, dass die Regierung darüber nachdenke, den Aktionsplan aus den Jahren 2020 bis 2024 zur Reduzierung des Alkoholmissbrauchs (Palma) zu überarbeiten und „in einen nachhaltigeren Ansatz umzuwandeln“. Die Ministerin bleibt dabei allerdings recht vage: Der angepasste Plan solle sich „insbesondere auf bestehende Aktionen stützen, die einer Verlängerung bedürfen, und gleichzeitig neue Maßnahmen einbeziehen, die auf die aktuellen Herausforderungen zugeschnitten sind“.
Elf Liter im Schnitt
Anlaufstellen bei Suchtproblemen
Unter diesem Link finden Sie eine Liste verschiedener Selbsthilfe- und therapeutischer Gruppen: http://cnapa.lu/de/services/divers-groupes-dentraide-et-therapeutique/.
Die Auswirkungen von Alkohol sind jedoch nicht nur auf Klinikaufenthalte beschränkt. Statistisch gesehen stirbt in Luxemburg alle 31 Stunden ein Mensch an den Folgen des Alkoholkonsums. Diese Zahl umfasst sowohl Todesfälle durch alkoholbedingte Krankheiten als auch durch Unfälle unter Alkoholeinfluss, etwa im Straßenverkehr. Im Jahr 2019 konnten insgesamt 280 Todesfälle auf Alkohol zurückgeführt werden – das entspricht sieben Prozent aller Todesfälle im Land, wie das Gesundheitsministerium unter Berufung auf Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Jahr 2024 mitteilte.
Auch der übermäßige Alkoholkonsum ist weit verbreitet: Rund 40.000 Menschen in Luxemburg haben Schätzungen zufolge ein Alkoholproblem, wie Claude Besenius, Direktionsbeauftragter des „Centre thérapeutique Useldange“ (CTU), auf Anfrage des Tageblatt im selben Jahr erklärte. Weltweit seien es sogar über 400 Millionen Menschen – sieben Prozent der Weltbevölkerung über 15 Jahren, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Ein Blick auf den Pro-Kopf-Konsum macht das Ausmaß des Alkoholgebrauchs deutlich: Laut OECD-Daten von 2019 konsumieren Personen ab 15 Jahren in Luxemburg durchschnittlich elf Liter reinen Alkohol pro Jahr. Ein Wert, der Luxemburg im internationalen Vergleich auf ein hohes Niveau setzt: Der jährliche Schnitt der 38 OECD-Staaten lag vergleichsweise bei 8,6 Liter pro Kopf. Dabei betont die WHO: „Beim Alkoholkonsum gibt es keine gesundheitlich unbedenkliche Menge.“
Diagnose Abhängigkeit
Laut Claude Besenius von der CTU kann von einer Abhängigkeit gesprochen werden, wenn drei der folgenden sechs Kriterien im vergangenen Jahr erfüllt waren:
„1. Zwanghaftes Verhalten oder Gefühle des Zwangs zur Einnahme der Substanz – ‚craving‘;
2. Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Einnahme in Bezug auf den Beginn, das Aufhören oder die konsumierte Menge;
3. Vorhandensein eines physiologischen Entzugszustandes beim Absetzen oder Reduzieren der Einnahme;
4. Anzeichen von Toleranz, zum Beispiel die Notwendigkeit, die Dosis der psychoaktiven Substanz zu erhöhen, um die Wirkung zu erzielen, die ursprünglich mit niedrigeren Dosen erzielt wurde;
5. allmählicher Verlust des Interesses an anderen Vergnügungen oder Aktivitäten aufgrund des Substanzkonsums, zunehmender Zeitaufwand für die Beschaffung oder den Konsum der Substanz oder für die Erholung von ihren Auswirkungen;
6. fortgesetzter Konsum der Substanz trotz ihrer eindeutig schädlichen Folgen, wie zum Beispiel Leberschäden aufgrund von Alkoholmissbrauch, Depressionen aufgrund von starkem Konsum oder kognitiven Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Substanz.“
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