Natürlich ist es für einen Finanzminister schön und erfreulich, wenn er zeigen kann, dass sich die Staatsfinanzen unter seiner Führung besser entwickelt haben als geplant. Jedenfalls besser so als umgekehrt. Doch wenn die Zahlen bei der Planung systematisch zu pessimistisch angegeben werden, dann birgt das auch Risiken: Bei der Mehrjahresplanung könnten beispielsweise falsche Schlussfolgerungen gezogen werden – und dadurch falsche politische Schritte unternommen werden.
Und die vom CNFP vorgelegte Untersuchung der Jahre 2007 bis 2023 deutet auf eine wirkliche systematische Verzerrung bei der Planung des Staatshaushaltes hin. Der Saldo (das Ergebnis von Einnahmen minus Ausgaben) wurde im Durchschnitt bei der Vorstellung des Budgets für das nächste Jahr jeweils um 523 Millionen Euro zu negativ eingeschätzt.
Wie sehr die Planung damit jedes Jahr wieder neben den tatsächlichen Zahlen liegt, zeigt sich vor allem, wenn man die 500-Millionen-Verzerrung mit den schlussendlich wirklich erwirtschafteten Saldos vergleicht: 2023 war es ein Minus von 1,46 Milliarden; 2021 ein Minus von 400 Millionen Euro.
Ein wiederkehrendes Muster
Die Fehleinschätzung ist dabei ebenfalls nicht auf wenige Jahre begrenzt, so die Analyse des CNFP. In den untersuchten Jahren 2007 bis 2023 war die Planung bei der Vorstellung des Budgets nur in zwei Jahren positiver ausgefallen als die Wirklichkeit. Die zwei Jahre, in der die Realität schlussendlich schlechter als die Prognosen waren, war das Jahr der Finanzkrise (2009) und das der Gesundheitskrise (2020). In all den anderen Jahren hat sich die Planung schlussendlich als deutlich zu pessimistisch erwiesen.
Die Verzerrung ist somit keine Momentaufnahme, sondern ein wiederkehrendes Muster – ein struktureller Fehler in der Haushaltsplanung durch die Staatsverwaltung, so das Ergebnis der Analyse.
Laut CNFP beruht diese systematische Fehleinschätzung vor allem auf zu pessimistischen Erwartungen bei den Einnahmen. Die Prognosen, die jeweils im Herbst vor dem betreffenden Haushaltsjahr aufgestellt werden, unterschätzen die tatsächlichen Einnahmen in den untersuchten Jahren im Schnitt um 582 Millionen Euro. Am meisten daneben liegt die Einschätzung der Unternehmenssteuern, sowie die der Besteuerung von Kapital und der Vermögen.
Bei den Ausgaben liegt der Staat im Schnitt weniger stark daneben: Meist fallen sie im Endergebnis 59 Millionen Euro höher aus als im Budget geplant.
Im Laufe der Monate werden die Rechnungen der Verwaltung dann nicht viel besser: Bei der aktualisierten Prognose im Herbst desselben Jahres (bspw. im Oktober 2023 für das Haushaltsjahr 2023) liegen die Vorhersagen im Schnitt immer noch um durchschnittlich 457 Millionen Euro unter dem tatsächlichen Resultat. Dann wurden die Einnahmen zwischen 2007 und 2023 um 239 Millionen Euro unterschätzt und die Ausgaben um 218 Millionen überschätzt. Es sind dies weiterhin Abweichungen, die statistisch signifikant sind, so das CNFP.
Die kleine staatliche Institution CNFP („Conseil national des finances publiques“), die nicht einmal eine Handvoll Mitarbeiter zählt, hat als Mission, eine unabhängige Bewertung zur Entwicklung der Planung und der Lage der Staatsfinanzen des Landes vorzunehmen. In jedem Mitgliedsland der Eurozone gibt es eine solche Institution.
Das könnte Sie auch interessieren:
Staatshaushalt 2025 unter der Lupe: CNFP: Eine gute Zeit, um Reserven anzulegen
Statec-Wirtschaftsprognosen: Die Aussicht für 2025 und 2026 hat sich verschlechtert
Einnahmen steigen, Schere klemmt: Minister Roth präsentiert Zahlen für das erste Quartal 2025


De Maart

Verantwortungvoll einen Haushalt planen, ob klein oder groß, heisst auch die Einnahmen gering und die Ausgaben höher als erwartet einzuplanen.
Wär‘s in der Politik andersrum, wär‘s schnell ein Skandal.
Falls mit Absicht systematisch unterschätzt wird dann stellt sich die Frage: " cui bono?"