Vera Oliveira steht vor dem frisch gedeckten Dach ihres Hauses. Ihr Vater hat sich beeilt, die Arbeiten rechtzeitig vor dem „Wënzerdag“ abzuschließen. Nicht, weil es unbedingt nötig war – sondern weil es ums Prinzip geht. „Wir wollten, dass das Gerüst rechtzeitig wegkommt. Alles soll schön sein – die Blumen, die Straßen, einfach das ganze Bild“, erklärt Oliveira. „Alle geben 100 Prozent, nicht nur die Gemeinde, auch wir als Bewohner wollen, dass Ehnen sich von seiner besten Seite zeigt.“ Es ist, wie Oliveira sagt, „Stress – aber schöner Stress“. Ein kollektiver Kraftakt, getragen von einer Dorfgemeinschaft, die es ernst meint mit der Schönheit, der Geselligkeit und dem Stolz auf ihre kleine Ortschaft.
Das ist unser Highlight im Jahr – da muss alles sitzen
Was vor 40 Jahren als PR-Aktion für das Moseldorf startete, ist heute ein Aushängeschild für Lebensfreude, Weinhandwerk und dörfliche Gemeinschaft. Der Festtag wird von den Winzern und Vereinen des Ortes gemeinsam organisiert – getragen vom Engagement der Menschen, aber auch ganz offiziell unterstützt: Das Ganze steht unter dem Protektorat der Gemeinde Wormeldingen und des „Syndicat d’initiative“.
Showcooking mit Anne Faber
Am Morgen des 20. Juli beginnt alles mit einem feierlichen Hochamt und der Segnung des 2024er Jahrgangs. Danach zapft Bürgermeister Claude Pundel auf dem Kirchplatz das Fass Riesling an. Der gesegnete Wein (und Traubensaft für die Kinder) wird zur Einstimmung ausgeschenkt. Ab Mittag servieren Restaurants und Vereine Spezialitäten aus der Region. Der Eintritt bleibt frei.
Und später am Tag? Kommt TV-Köchin Anne Faber zum Showcooking. Zweimal tritt sie auf dem Kirchplatz auf – mit saisonalen, regionalen Rezepten und ihrem bekannten Gespür für luxemburgischen Geschmack. Eine Art kulinarisches Heimatgefühl in Echtzeit.
Isabelle (Name von der Redaktion geändert) ist zwar Winzerin im Ruhestand, doch den „Wënzerdag“ lässt sie sich auf keinen Fall entgehen. „Was den Tag für mich besonders macht? Man trifft so viele Menschen, die sich wirklich für Wein interessieren.“
Für sie ist der „Éiner Wënzerdag“ vor allem ein Ort des Wiedersehens. „Man tauscht sich aus, trifft Kollegen, stößt zusammen an. Es geht ums Zusammensein.“ Dann lacht sie. „Einen guten Schluck gönne ich mir übrigens auch – auch wenn ich dafür nicht unbedingt ein Fest brauche.“
Neue Gesichter, alte Werte

Christophe Yans ist sein Kurzem Wirt im Gasthaus „Am Keller“ – und 2025 zum ersten Mal beim Fest dabei. „Wir wissen ehrlich gesagt nicht genau, was uns erwartet. Aber alle hier haben uns gesagt: Bereitet euch gut vor – das ist ein Riesenereignis.“
Also hat Yans vorgesorgt: Oben, im Hotel-Restaurant „Ehnen“, gibt es zur Feier des Tages ein Spezialmenü. Unten, im „Keller“, liegt der Fokus auf dem Bier – weil das im Dorf sonst fehlt. „Wir hoffen einfach, dass die Leute uns entdecken. Das Lokal war lange geschlossen. Vielleicht ist der ,Wënzerdag‘ der perfekte Neustart.“
Wein heißt Arbeit – und Begegnung
Elisabeth Mannes vom Weingut Häremillen bringt die Dinge pragmatisch auf den Punkt: „Das ist unser größtes Dorffest im Jahr. Nicht nur für uns Winzer, auch für die Vereine, für die Jugend, für alle.“ Die Aufgaben sind klar verteilt: Die Winzer kümmern sich um Wein und Crémant, die Clubs um Speisen und Getränke. Kunst, Musik, Kinderprogramm – alles kommt dazu.
Am schönsten ist es, wenn die Besucher sagen, wie charmant sie unser Dorf finden. Dass die Atmosphäre etwas Besonderes hat.
Acht Winzer teilen sich heute rund 51 Hektar Rebfläche in Ehnen, verteilt auf 211 Parzellen. Doch die Zeiten haben sich geändert: Es gibt weniger Betriebe, dafür aber mehr Zusammenhalt. Und das merkt man auch an der Organisation.

Luc Kohll, ebenfalls Winzer in Ehnen, hängt am gestrigen Donnerstagnachmittag bereits fleißig Wegweiser auf, damit sich am Festtag niemand im Trubel verliert. „Für mich ist der ,Wënzerdag‘ eine Tradition. Seit ich denken kann, bin ich dabei. Und es ist jedes Jahr wieder ein Ereignis.“ Ihm geht es um Begegnung, Austausch – und darum, sein Dorf von der besten Seite zu zeigen. Und damit ist er nicht allein.
Wer am „Wënzerdag“ durch Ehnen schlendert, wird überrascht sein: Neben Weinständen und Musikgruppen findet sich auch Kunst. Im Weingut Kohll-Leuck etwa wird es poetisch: „Créatures fabuleuses au cœur des vignes“ heißt die Ausstellung, die Pop Art und Naturmythen vereint. Weinreben treffen auf Fantasiewesen – eine visuelle Hommage an das Terroir.
Auch die musikalische Bandbreite ist riesig: Von Dudelsackspielern über Blaskapellen bis hin zu Electro-DJs – jeder findet seinen Takt. Und am Sonntagnachmittag wird’s offiziell: Die Weinkönigin „Anne-Catherine“ aus Grevenmacher besucht Ehnen, begleitet vom Who’s Who aus Politik und Tourismus.
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