HochwasserWelle der Solidarität: Quer durch Luxemburg bewältigen Einwohner und Helfer gemeinsam die Schäden

Hochwasser / Welle der Solidarität: Quer durch Luxemburg bewältigen Einwohner und Helfer gemeinsam die Schäden

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In vielen Gemeinden Luxemburgs hat das durch den Starkregen ausgelöste Hochwasser der vergangenen Woche große Schäden verursacht. Viele Freiwillige haben sich gemeldet, um den Betroffenen zu helfen. Yves Wengler, Bürgermeister von Echternach, und Romain Osweiler, Bürgermeister von Rosport-Mompach, berichten von einer überwältigenden Solidarität. 

Luxemburg hat in der vergangenen Woche eine Naturkatastrophe erlebt, die die Betroffenen wohl noch Monate und Jahre beschäftigen wird. Die Schäden, die das sich zurückziehende Wasser preisgibt, sind enorm. Ganze Häuser standen unter Wasser, Autos wurden weggeschwemmt, Hausrat völlig zerstört. In vielen Gemeinden dreht sich nun alles ums Aufräumen – so etwa in Echternach und in Rosport-Mompach. 

„Wir haben an diesem Wochenende zwischen 220 und 300 Tonnen Sperrmüll ins ,Centre d’initiative et de gestion régional Mëllerdall‘ abtransportiert“, sagte Bürgermeister Yves Wengler gegenüber dem Tageblatt am Sonntag. „Das Schlimmste haben wir nun hinter uns.“ Das meiste, was in den quer durch die betroffenen Gebiete der Gemeinde aufgestellten Containern landete, seien Möbel gewesen. „In manchen Gebäuden musste wirklich alles raus – die stehen jetzt quasi als Rohbau da.“ Die Flut habe auch Familien getroffen, die schon vorher auf Sozialhilfen angewiesen waren. „Es gibt ein paar ganz dramatische Schicksale.“

In Echternach heißt es nun Schlamm schippen
In Echternach heißt es nun Schlamm schippen Foto: Editpress/Anne Lommel

„Zwischen 12 und 20 Geschäfte hat es in ganz Echternach getroffen“, so Wengler. Im unteren Teil der Fußgängerzone sei beispielsweise kein einziges Geschäft ohne Schaden davongekommen. In einem Fall habe ein Gastronom sein Lokal gerade erst fertig renoviert. „Die Bar wurde erst die Woche vor den Fluten frisch eingebaut.“ Andere haben ihr Unternehmen in der Corona-Krise begonnen und wollten nun eigentlich durchstarten. Doch nach den Fluten stehen sie vor dem Nichts. „Einige haben einfach keine Motivation mehr“, so Wengler. Wie viele nach dem Hochwasser wieder auf die Beine kommen, hänge auch davon ab, wie schnell die finanziellen Hilfen sie nun erreichen. 

Große Schäden

Man habe sich als Gemeinde bisher hauptsächlich um die betroffenen Einwohner und Unternehmer gekümmert und sie unterstützt. „Unsere eigenen Gebäude haben wir uns noch gar nicht angesehen“, sagte Wengler. Dabei wurden unter anderem die Schulen, das Lyzeum, das Schwimmbad, verschiedene Sporteinrichtungen und die Kläranlage schwer getroffen. „Das Schwimmbad müssen wir während einer längeren Zeit schließen, wenn es überhaupt noch zu retten ist“, so Wengler. Zuerst müsse man sich um die Schulgebäude kümmern. Immerhin stehe im September wieder die Rentrée ins Haus. „Ich weiß nicht, wo wir sonst die Schulklassen unterbringen.“ Wie hoch am Ende der Schaden ausfallen wird, kann Wengler derzeit nicht abschätzen. 

Sorgen bereitet ihm zudem die finanzielle Lage der Gemeinde: „Im Gegensatz zu Privatleuten und Unternehmen haben die Kommunen für solche Schäden keine Versicherung.“ Man hoffe auf Hilfen aus dem 50-Millionen-Euro-Pott der Regierung – „aber erst mal soll mit dem Geld den Bürgern und Unternehmern geholfen werden“. 

Solidarität online

Viele freiwillige Helfer organisieren sich über die sozialen Medien. In Gruppen wie etwa „Police Kontrol Luxembourg“ oder „Volunteer help“ bei Facebook bieten Menschen ihre Hilfe oder eine Unterkunft für Betroffene an oder tauschen sich über noch gesperrte Gebiete aus. 

Beeindruckt zeigt sich der Echternacher Bürgermeister derweil über die große Solidaritätswelle. 300 Freiwillige hätten am Samstag in der gesamten Gemeinde ausgeholfen. Am Sonntag seien es noch mal 200 gewesen. Weniger betroffene Gemeinden hätten Unterstützung in Form von Helfern, Fahrzeugen und Material geschickt und natürlich waren auch die Feuerwehr, die Armee und die Polizei weiter im Einsatz. „Wir sind überwältigt von der enormen Solidarität“, sagt Wengler. „Es sind so viele da, die einfach nur helfen wollen. Das motiviert ungemein.“ 

„Licht am Ende des Tunnels“

Auch Romain Osweiler, der Bürgermeister von Rosport-Mompach, hebt die vielen Hilfsangebote hervor, die die Gemeinde und die betroffenen Bürger erreichen. Viele Freiwillige haben sich gemeldet – und werden von den Gemeindebüros aus koordiniert und zugeteilt. „Wir erleben eine Solidarität, die in der heutigen Zeit eigentlich nicht mehr als selbstverständlich wahrgenommen wird“, sagt Osweiler. In den nächsten Tagen, wenn die Aufräumarbeiten weiter so gut voranschreiten, wolle man eine Putzaktion in den Gegenden außerhalb der Ortschaften starten. „Wer mit anpacken will, kann sich unter der Telefonnummer 73 00 66 200 melden“, sagt Osweiler.

In der gesamten Gemeinde Rosport-Mompach gebe es mittlerweile „Licht am Ende des Tunnels“. Doch je mehr aufgeräumt werde, umso deutlicher komme der angerichtete Schaden zum Vorschein, so Osweiler. Einige Häuser seien immer noch unbewohnbar und die Familien müssten weiter außerhalb unterkommen. Andere wiederum hätten mit einem durchdringenden Geruch zu kämpfen. Ursache für den Gestank: das mit Heizöl verseuchte Wasser. Des Weiteren sei die Stromversorgung noch nicht überall wieder hergestellt. In manchen Häusern habe das Hochwasser die Installation komplett zerstört. Um die betroffenen Eltern zu entlasten, bietet die Gemeinde ab Montag 30 zusätzliche Versorgungsplätze in der „Maison relais“ an. „So können die Erwachsenen sich dem stellen, was getan werden muss, ohne sich um die Kinder zu sorgen“, sagt Osweiler. 

Besonders hart getroffen wurde der Campingplatz in Born. 99 Prozent der Anlage wurden von der Flut beschädigt. Wie lange es dauern wird, um alles wieder aufzubauen, kann der Bürgermeister zurzeit nicht abschätzen. In der Gemeinde seien außerdem etliche Brücken noch geschlossen, da ihre Stabilität nach den Wassermassen und dem mitgerissenen Schutt nicht garantiert werden könne. Wie viel Zeit die ganzen Aufräumarbeiten noch in Anspruch nehmen werden, sei schwer zu sagen. „Oberste Priorität haben die Privatleute, dann die Schulen – und erst dann sehen wir nach den Freizeiteinrichtungen“, sagt Osweiler. Der Schaden nach dem Hochwasser werde die Gemeinde wohl noch Monate, wenn nicht Jahre beschäftigen. 

Ihm selbst gehe es soweit ganz gut, aber „es bleiben noch viele Eindrücke zu verarbeiten“. Vor allem die Bilder aus dem nahen deutschen Ausland hätten ihn „schwer beeindruckt“. Man könne sich glücklich schätzen, dass die Unwetter in Luxemburg keine Opfer gefordert hätten. Am Donnerstagmorgen habe er stark daran gezweifelt, ob seine Gemeinde ohne Verletzte oder Tote durchkommen würde. „Ich habe ein Leben lang mit der Sauer gelebt, so aber habe ich sie noch nie gesehen.“