Basel, am frühen Sonntagmorgen: Nach knapp vier Stunden Show das spannende Finale. Wer wird sich die Trophäe holen? Der Beitrag aus Israel oder aus Österreich? Am Ende ist es JJ, der die gläserne Mikrofon-Trophäe des Eurovision Song Contest in die Höhe stemmen darf und noch einmal sein Lied „Wasted Love“ vorträgt. Ein großer Erfolg, der für den Sender ORF allerdings stressvolle Monate bedeutet.

Denn mit dem Sieg kommt das Recht, den nächsten Eurovision Song Contest auszurichten. „Man ist nicht dazu verpflichtet. Glücklicherweise wollen es aber die meisten“, sagt Martin Green. Er ist der geschäftsführende Direktor des Eurovision Song Contest und seit Oktober im Amt. Doch mit dem ESC war er schon vorher vertraut: Er war leitender Produzent bei der Ausgabe 2023 in Liverpool und wurde dafür auch mit dem Bafta für die beste Live-Show ausgezeichnet. Er weiß also nur allzu gut, was eine Organisation eines ESC für die Produzenten bedeutet. Wir treffen ihn während des ESC in Basel, als er zwischen zwei Proben ein paar Minuten Zeit für Pressefragen hat.
„Dann sagen wir dem gastgebenden Sender erst mal: Gönn dir eine Pause, wir melden uns bald und starten dann den Prozess“, erklärt er weiter. Lange ist diese „Pause“ aber nicht – denn immerhin hat man nur begrenzt Zeit, um das Großevent auf die Beine zu stellen. „Zeit ist unser größter Gegner. Du erfährst am Samstag des Finalwochenendes, dass du in einem Jahr Gastgeber bist. Ein Jahr reicht zwar grundsätzlich, aber wir müssen fast sofort loslegen.“
Zunächst geht es darum, einen Austragsort zu finden. Es ist am Sender, mit den Städten im jeweiligen Land, die passende Hallen oder Flächen haben und interessiert sein könnten, zu sprechen. „Manchmal steht der Ort schon fest, manchmal führt man ein Bewerbungsverfahren durch“, sagt Green. Die Schweiz setzte in diesem Jahr auf eine Ausschreibung, auf die sich mehrere Städte meldeten, darunter Basel.
Man habe gleich nach dem Sieg mit der Ausarbeitung der Bewerbung begonnen, verrät Christoph Bosshardt, Leiter der Abteilung Außenbeziehungen und Standortmarketing des Kantons Basel-Stadt. Das Dossier sei umfassend gewesen, da einige feste Anforderungen bestehen. „Man muss einerseits die Main Venue zur Verfügung stellen, in direkter Nähe das Pressezentrum. Dann braucht es noch den Club, die Village und die Street.“ Der austragende Sender kümmere sich eigentlich hauptsächlich um die Produktion auf der Bühne. Alles, was dann abseits der Bühne stattfindet – die Gewährleistung der Sicherheit, die Infrastruktur, Stromversorgung usw. –, seien Dinge, die eigentlich von der Host-City erwartet wurden. „Wir hatten ziemlich genau einen Monat Zeit dafür“, sagt Bosshardt. Ende August habe die Stadt dann den Zuschlag bekommen. „Ab da hatten wir dann acht Monate Zeit, das Ganze auf die Beine zu stellen.“ Glücklicherweise habe man davon profitieren können, dass Basel sehr überschaubar ist. „So hat man kurze Wege und man kennt sich. So wussten wir schnell, welche Leute man da mit einnehmen muss, damit das Ganze klappt.“
Es braucht eine ausreichend große Arena
Das wichtigste Element einer Bewerbung sei eine verfügbare Arena, erklärt Martin Green. „Das kann knifflig sein, weil Arenen oft belegt sind. Zudem muss für all die weiteren Elemente um die Halle selbst genug Platz sein – in anderen Arenen, auf Parkplätzen oder Freiflächen.“ Damit meint Green die Pressehalle, die „Delegation Bubble“, Catering-Möglichkeiten, Security- und Production-Räumlichkeiten … In Basel vereinnahmte der ESC mehrere an die St.-Jakobs-Halle angrenzende Gebäude. Die Presse beispielsweise war im Inneren der Eishockey-Halle untergebracht. Insgesamt waren es neben den Fans 14.000 akkreditierte Personen, die für den ESC rund um die Halle im Einsatz waren, davon fast 1.000 Medienvertreter.

„Eine Mindestkapazität für die Halle schreiben wir nicht vor“, sagt Green. In Basel fanden rund 6.500 Personen rund um die riesige Bühne und den „Green Room“ Platz. Liverpool begrüßte 2023 eine ähnliche Anzahl an Besuchern in der Main Venue. 2024 in Malmö waren es deutlich mehr, in die Arena passten 15.500 Besucher.
Während die Rockhal in Belval den Ansprüchen des Luxembourg Song Contest entspricht, scheint sie für die Ausmaße des ESC zu klein. Das geben auch David Gloesener, Head of Eurovision, und Tom Weber, Technischer Direktor von RTL, im Gespräch mit dem Tageblatt zu. Doch konkret beantworten sie die Frage, welche Areale in Luxemburg für eine Ausrichtung des ESC denkbar wären, nicht. Man habe „Ideen“, wie man einen ESC im Land organisieren könne, doch ein ausgearbeitetes Dossier gebe es nicht. „Das wäre vielleicht auch ein schlechtes Omen.“ In Malmö habe man noch gedacht: „Oje, das ist eine große Nummer.“ Doch die Erfahrung hier wäre sehr wertvoll. „Wir haben in Basel gemerkt, dass es auch etwas kleiner geht“, sagt Gloesener. „Es ist klein, aber es funktioniert. Deswegen sehe ich nicht ein, wieso es in Luxemburg nicht auch funktionieren sollte.“
Vermutlich steht das neue Stade de Luxembourg auf der Liste der möglichen Venues. Immerhin finden hier etwas mehr als 9.000 Zuschauer Platz. Doch: „Das Stadion ist nicht für die Organisation von Konzerten ausgelegt“, sagte bereits der Sprecher der Gemeinde Luxemburg gegenüber Luxemburg, als „den Atelier“ das Stadion im Januar besuchte. Auch die fehlende Zufahrt für Schwerlaster würde zum Problem werden. Aber immerhin hätte man ein Jahr Zeit, um Lösungen zu finden. Für RTL sei klar, wenn man gewinne, wolle man den ESC ausrichten. „Aber es ist nicht allein unsere Entscheidung. Wir müssen uns da mit der Regierung abstimmen, da das Ganze auch finanziert werden muss. Das wäre die erste Diskussion, die wir führen müssten“, sagt Gloesener.
Wir haben in Basel gemerkt, dass es auch etwas kleiner geht
In jedem Jahr erhalte man neue Ideen, die man zu Hause auch umsetzen möchte. Beispielsweise beim LSC. „Wir können hier ganz viel lernen, um es dann später auf einer größeren Bühne umzusetzen“, sagt Gloesener. Aber vor allem stelle man fest: „Sie kochen hier auch nur mit Wasser.“ Für Tom Weber ist viel da, „was wir auch in Luxemburg stemmen können.“ Man habe genügend kreative Köpfe im Land. Und wo es an Know-how fehle, könne man sich Hilfe holen. „Dass es ein Core-Team des EBU gibt, das sich um den ESC kümmert, kann dabei ganz viel helfen“, sagt Gloesener.
Gut zu vergleichen
Basel ähnelt in vielen Dingen Luxemburgs Hauptstadt, weswegen dieser ESC mehr als jener 2024 in Malmö als mögliche Blaupause für einen ESC im Großherzogtum dienen könnte. Laut Webseite hat der Kanton Basel-Stadt knapp 207.515 Einwohner, die Stadt selbst 176.329 (Stand: 31. Dezember 2023). Der Kanton Luxemburg zählt 210.561 Einwohner (Statec, 2025), die Gemeinde selbst 136.161 (Statec, 2025). Basel befindet sich in einem der Dreiländerecken der Schweiz, arbeitet aufgrund der geografischen Nähe stark mit den Nachbargemeinden in Frankreich und Deutschland zusammen. Auch wenn Luxemburg-Stadt in der Mitte des Landes liegt, spielt die Großregion im Land traditionell eine große Rolle, immerhin arbeiten hier fast eine Viertelmillion Grenzgänger.

Logistische Herausforderungen
Die Logistik sehe er im Fall einer ESC-Ausrichtung als die größte Challenge, sagt David Gloesener. „Wo bringen wir die Delegationen unter? Haben wir genug Hotelzimmer für die anreisenden Fans? Schaffen wir es, alles in Luxemburg unterzubringen, oder müssen wir die Großregion mit einbeziehen? Wie organisieren wir die Transporte?“
In Basel waren laut Tourist Information Basel in der ersten Wochenhälfte 80 bis 85 Prozent der Betten ausgelastet, für die zweite Wochenhälfte waren es sogar 90 Prozent. 50.000 Logiernächte wurden im Kanton selbst gezählt, darunter 3.000 Menschen in privaten Unterkünften. Viele weitere Fans übernachteten zudem in Hotels und Wohnungen der angrenzenden Länder. Insgesamt sollen über 500.000 Besucher ihren Weg in die Stadt gefunden haben. „In puncto Stadtmarketing war das für uns eine einmalige Chance“, sagt Christoph Bosshardt. „Wenn man das größte Musikevent der Welt ausrichten darf, profitiert man von der medialen Ausstrahlung. Von daher haben wir von Beginn an gesagt, wir müssen es versuchen. Wir wussten, wir sind nicht unbedingt in der Pole-Position, denn wir haben mit Genf und Zürich zwei Städte, die ebenfalls interessiert waren und die – z.B. bei der Infrastruktur – noch ein bisschen besser aufgestellt sind als wir.“
Doch für Martin Green ist die Größe allein nicht maßgebend: „Es ist uns wichtig, dass wir nicht in die Falle tappen, nur noch Hauptstädte anzufahren. Städte wie Basel, Malmö oder Liverpool profitieren enorm von mehr Tourismus und lokaler Begeisterung.“
Was kostet der ESC?
Der Eurovision Song Contest in Basel hat in diesem Jahr geschätzte 63 Millionen Euro gekostet. Das Rahmenprogramm, die Sicherheit und die Infrastruktur ließ sich Basel rund 37,5 Millionen Euro (35 Mio. Franken) kosten. Für die Shows gab es noch mal rund 21 Millionen Euro vom Sender SRG und sechs Millionen von der Europäischen Rundfunkunion (EBU). Die Stadt Malmö investierte 2024 rund 32 Millionen Euro. Für die 70. Ausgabe des ESC im kommenden Jahr dürfte das zu stemmende Budget noch mal höher ausfallen.
Der eigenen Bevölkerung gerecht werden
Diese lokale Begeisterung für das Projekt ESC sei grundlegend, bestätigt Bosshardt. Das beginnt mit dem politischen Willen, das Event in die eigene Stadt zu holen. „Es gab eine Resolution in unserem Stadtparlament, das uns quasi aufgefordert hat, wir sollen uns doch bewerben. Das gab uns die politische Legitimation dafür.“ Gegenstimmen gab es kaum – aber die, die es gab, waren laut: „Von Beginn an gab es Gegenwind von einer sehr kleinen Partei in der Schweiz. Die wollten, egal, wo der ESC stattfinden würde, das Referendum ergreifen. Da hat natürlich die SRG ein bisschen das Risiko abwägen müssen.“ Das Referendum sei dann zustande gekommen, aber wurde mit einem klaren Abstimmungsergebnis (66,6 Prozent) abgelehnt. Das sei das notwendige grüne Licht gewesen.
35 Millionen Schweizer Franken habe Basel in die Organisation des ESC investiert. „Solche Summen kann man nicht ausgeben, ohne dass die eigene Bevölkerung davon profitieren kann“, sagt Bosshardt. Deswegen habe man ein so umfassendes Rahmenprogramm organisiert. Neben dem EuroClub, dem EuroVillage und der Eurovision Street, die eh als feste Elemente eines ESC organisiert werden müssen, hat Basel den Eurovision Boulevard und den Eurovision Square eingerichtet. Hier gehörten die Bühnen vor allem lokalen Künstlern. „Und dann gab es noch das ‚Arena Plus Event’ am Samstag, das es weiteren 35.000 Besucher im Stadion erlaubte, die Show live mitzuverfolgen.“ Die Besucherzahlen für die Venues sind beeindruckend: Mehr als 250.000 Menschen besuchten diese in der ESC-Woche.
„Wir waren uns anfangs nicht sicher, machen die Basler und Baslerinnen auch mit?“, sagt Bosshardt. Doch diese Zweifel wurden schnell ausgeräumt: Es habe viel Lob von der eigenen Bevölkerung gegeben. Dieser Eindruck entsteht auch in etlichen Gesprächen, die das Tageblatt während der ESC-Woche mit Basler Einwohnern führte. Fast durchgehend fanden die Angesprochenen das Event „toll“. Oft fiel das Wort „Festival-Stimmung“. Wohl auch wegen der vielen kostenlosen Konzerte, die nachmittags an verschiedenen Orten in der ganzen Stadt stattfanden.

Doch jedes Jahr könnte man ein solches Event nicht ausrichten. „Der ESC ist etwas Einmaliges – und das soll es auch bleiben. Das ist es ja, was es so besonders macht.“ Ob es für die Stadt am Ende der Veranstaltung ein finanzieller Gewinn oder Verlust war, soll eine Auswertung in den kommenden Wochen ergeben. Geht man allerdings nach den Ergebnissen anderer rezenter Host-Citys, kann es sich um eine Wertschöpfung von mehreren Millionen Euro handeln. Laut Medienberichten profitierte Liverpool 2023 durch den ESC von einem 55-Millionen-Dollar-„Boost“ für die lokale Wirtschaft. In Malmö geht man von einem Plus von 35 Millionen Schwedische Kronen aus.
Dass es sich auch für Basel gelohnt hat, dafür gibt es bereits erste Anzeichen: Laut der Webseite Swissinfo.ch sprach der Präsident des Basler Wirteverbands, Maurus Ebneter, von einer hervorragenden Stimmung, die während des ESC in der Stadt geherrscht habe. „Vor allem Bars, Cafés, Kneipen und Imbissbetriebe seien bei dem eher jungen Publikum gut angekommen. Bediente Restaurants im mittleren und oberen Preissegment hätten weniger profitiert“, heißt es im Bericht. Doch so oder so, werbetechnisch hat der ESC Basel sicherlich geholfen. „Das sind Werbeminuten für die Stadt, die unbezahlbar sind. Und 160 Millionen Augen aus der ganzen Welt sind für eine Woche auf uns gerichtet.“
David Gloesener ist sich sicher, dass ein ESC auch in Luxemburg auf viel Zuspruch treffen würde. „Es werden ja viele Großevents organisiert und die Bevölkerung nimmt sie immer gut an.“ Der ESC sei ein Projekt, wo er in Luxemburg „ein großes Interesse“ sehe. Das merke man auch daran, wie sehr man hinter den Kandidaten stehe. „Das war letztes Jahr so bei Tali und ist dieses Jahr so bei Laura“, so Gloesener. „Es ist uns wichtig, Luxemburg mit auf die ESC-Reise zu nehmen. Wir könnten stolz darauf sein, wenn wir das mal ausrichten dürfen.“
Auf Proteste vorbereitet
„Jedes globale Event muss für Sicherheit sorgen – genau wie bei Sport-Events. Unser Ziel ist, dass alle sicher sind und gleichzeitig Spaß haben. Jeder Staat hat dafür Sicherheitsexperten. Wir arbeiten sehr gerne mit ihnen zusammen und unterstützen, wo wir können“, sagt Martin Green. Um die Sicherheit zu garantieren, hat Basel Hilfe aus fast allen Ecken der Schweiz bekommen. „Das merken Sie, wenn Sie durch die Stadt laufen und die Polizei hat unterschiedliche Uniformen an. Das sind dann Kollegen aus anderen Kantonen“, erklärt Christophe Bosshardt.

Insbesondere wegen der Proteste habe man sich eng ausgetauscht mit Malmö. „Angst hatten wir nie, dass die Proteste eskalieren“, sagt Bosshardt. Man habe natürlich Respekt davor, aber man weiß, was auf einen zukommt. „Wir mussten einfach nur gut vorbereitet sein, und bisher hat ja auch alles gut geklappt.“ Bis auf den größeren Protestzug am Samstagabend, bei dem die Polizei Pfefferspray einsetzen musste, um die Demo außerhalb des ESC-Perimeter zu halten, war die Situation in Basel auch nicht mit Malmö zu vergleichen.
Bleibt abzuwarten, ob der Nahost-Konflikt auch im kommenden Jahr beim ESC eine Rolle spielen wird. Eine Host-City steht so kurz nach dem Gewinn noch nicht fest. Doch laut Berichten der österreichischen Medien sei Innsbruck daran interessiert, den ESC auszurichten. Martin Green ist übrigens optimistisch, dass der ESC irgendwann mal nach Luxemburg kommt: „Wenn man teilnimmt, hat man die Chance, zu gewinnen. Luxemburg bringt starke Acts. Wenn man die richtige Mischung findet – was jedes Jahr das Ziel ist –, wird es bestimmt eines Tages klappen“.
Wenn man teilnimmt, hat man die Chance, zu gewinnen
De Maart

Kee WËLLT jo do wannen, dat géid en Heedegeld kaschten.
Dofir schécken se jo och déi komeschst Leit.
Am beswchten nëtt méi matmaachen. Do gëtt vill Geld gespuert.
Super Show, événementiel au top !
Mé den SONG kent ze kuerz .
Et wier einfach den Originaltext vum Lidd als Zeil als Enner-Titel oder'als Laafschreft ze intégréieren.
Plus vlaicht eng iwersaten Versioun.
Was Luxemburg lernen kann. Sich von dem ganzen Blödsinn fernhalten und das viele Geld für Wichtigeres ausgeben.
ma Lëtzebuërg houët dach viir X-Milliounen-€uro a Waffen-Oprüstung zë stiëchen..
dat wär dach eng Alternativ fiir dën ESC.. wa mër géife wannen..
Am beschte mir halen eis komplett do draus.