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Jetzt auch in LuxemburgWas hat ein Jahr Handyverbot an Neuseelands Schulen gebracht?

Jetzt auch in Luxemburg / Was hat ein Jahr Handyverbot an Neuseelands Schulen gebracht?
Seit dem 22. April 2025 gilt in den Grundschulen Luxemburgs und den „Maisons relais“ ein Handyverbot Symbolbild: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

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Lernen ohne Ablenkung? Seit April 2024 sind Smartphones an Neuseelands Schulen verboten. Die Regierung versprach sich davon mehr Konzentration und bessere Noten. Eine neue Untersuchung zeigt nun, ob das Verbot wirklich hält, was es verspricht. In Luxemburg gilt ein Handyverbot an den Grundschulen und in den „Maison relais“ seit diesem Dienstag – die höheren Klassen folgen nach den Pfingstferien.

Neuseeland hat Anfang April 2024 für ein Jahr Smartphones an Schulen verboten – mit dem Ziel, bessere Lernbedingungen für Kinder zu schaffen und die schulischen Leistungen zu verbessern. Premierminister Christopher Luxon erklärte damals, es sei an der Zeit, Ablenkungen zu reduzieren, damit Kinder lernen und Erfolge erzielen könnten. „Akademische Erfolge sind etwas, das man feiern sollte, und ich möchte, dass es in unserem Bildungssystem künftig mehr davon gibt“, schrieb er auf der Plattform X über das Handyverbot.

Neuseeland ist mit dieser Maßnahme nicht allein. Auch im benachbarten Australien sind Smartphones in der Schule in einigen Bundesstaaten verboten. Hier wurde sogar ein generelles Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige verabschiedet. In Europa hingegen herrscht ein regelrechtes Regulierungschaos: Während Österreich ab dem 1. Mai 2025 ein bundesweites Verbot für die unteren acht Klassenstufen einführt, wird in Deutschland eine gesetzliche Regelung in mehreren Bundesländern noch diskutiert. Bayern aber hat bereits strenge Regeln. Auch in der Schweiz ist die Kontroverse groß, wobei die Meinungen darüber, ob ein Verbot sinnvoll ist, stark auseinander gehen. Viele Schulen haben aber eigene Regeln und Richtlinien für den Umgang mit Smartphones.

Neuseeland hat nach zwölf Monaten generellem Handyverbot nun Bilanz gezogen. Ein Forscherteam der University of Canterbury untersuchte, wie das Handyverbot in den Schulen umgesetzt wurde und wie Schülerinnen und Schüler darauf reagierten. Befragt wurden 77 Jugendliche im Alter von zwölf bis 18 Jahren aus 25 Schulen. Da es sich um eine relativ kleine Stichprobe handelt, sind die Ergebnisse eher als erste Tendenz zu sehen und nicht als allgemeingültig.

Kritik an Doppelmoral

Viele Schüler reagierten mit gemischten Gefühlen auf die Verbote, wie die Akademiker in einer Zusammenfassung ihrer Studienergebnisse schrieben. Einige gaben zu, dass die Verbote dazu beitrugen, Ablenkungen zu reduzieren und ihnen eine Pause von der Handynutzung zu ermöglichen. Ein Schüler erklärte, ohne das Verbot würden sie „den ganzen Tag, den ganzen Nachmittag und die ganze Nacht am Handy verbringen“ – und das sei nicht gesund für ihren Geist.

Andere Schüler berichteten jedoch, dass das Verbot neue Probleme geschaffen habe. Erstens fühlten sich einige Schüler gestresst und ängstlich, wenn sie ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten tagsüber nicht erreichen konnten. Zweitens waren die Regeln nicht immer klar oder fair. Manche Lehrer seien streng, andere nicht. Und manchmal benutzten Lehrer ihre Handys im Unterricht, Schüler jedoch nicht. Diese Doppelmoral führte in einigen Fällen dazu, dass Schüler ihre Handys heimlich benutzten oder kreative Umgehungsmethoden entwickelten – etwa durch den Einsatz von Walkie-Talkies, wie es an einer Schule in Auckland beobachtet wurde.

Fehlende Mitsprache

Viele Jugendliche kritisierten, dass das Verbot ohne ihre Beteiligung eingeführt wurde. Sie hatten das Gefühl, dass Erwachsene über ihre Köpfe hinweg entschieden, ohne ihre Perspektive zu berücksichtigen. „Es fühlt sich an, als würden sie einfach alles verbieten und denken, damit wäre das Problem gelöst“, sagte ein Schüler. Gleichzeitig wiesen viele darauf hin, dass andere Technologien wie Laptops im Unterricht weiterhin erlaubt sind – was die Sinnhaftigkeit des Verbots infrage stellt.


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Viele Schüler wünschten sich eine flexiblere Regelung: Statt eines vollständigen Verbots könnten Smartphones in den Pausen oder während der Mittagspause erlaubt sein. Zudem sollten Erwachsene nicht nur Verbote aussprechen, sondern selbst gesunde digitale Gewohnheiten vorleben und nicht nur Regeln festlegen.

Lernen statt verbieten

Anhand der Antworten der Schüler kamen die Forschenden zu dem Schluss, dass es tatsächlich hilfreicher zu sein scheint, den gesunden Umgang mit Handys zu lernen und zu lehren, als sie gänzlich zu verbieten. Auch Forschungsergebnisse des Digital Wellness Lab am Boston Children’s Hospital in den USA würden diesen ausgewogenen Ansatz unterstützen, schrieben die Wissenschaftler. Auch hier liege der Schwerpunkt auf dem Kompetenzaufbau statt auf Einschränkungen. Damit dieser Ansatz funktioniert, bräuchten aber auch Erwachsene Unterstützung in Form von Schulungen und Ressourcen.

Zudem verwiesen die neuseeländischen Wissenschaftler darauf, dass junge Menschen Technologie nicht nur passiv nutzen. „Sie sind aktive Problemlöser“, schrieben sie. Jugendliche wollten deswegen Teil der Lösung sein. Ein offener Dialog zwischen Schülern, Lehrern und Eltern könnte dabei helfen, realistische und faire digitale Regeln zu entwickeln, von denen alle profitieren, glauben die Forschenden.

Kaum Verbesserung bei akademischen Leistungen

Ob das Verbot tatsächlich zu besseren schulischen Leistungen geführt hat, bleibt unklar. Bislang gibt es keine groß angelegte Studie in Neuseeland, die nachweist, dass das Verbot direkte Auswirkungen auf die Noten der Schüler hatte. Eine kürzlich im Magazin The Lancet veröffentlichte britische Studie mit über 1.200 Schülern konnte keinen signifikanten Einfluss auf schulische Leistungen oder Wohlbefinden finden, egal ob Schulen strikte Handyverbote verhängt hatten oder nicht.

Eine im vergangenen Jahr im Fachjournal Education Sciences publizierte Überblicksstudie, bei der Augsburger Wissenschaftler fünf Studien aus Norwegen, Spanien, Tschechien, England und Schweden analysierten, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass ein Smartphone-Verbot einen moderaten positiven Effekt hat. Dieser sei im Bereich des sozialen Wohlbefindens stärker ausgeprägt als im Leistungsbereich, schrieben die Wissenschaftler. Smartphone-Verbote könnten soziale Probleme wie Cybermobbing reduzieren. Allerdings warnten auch die deutschen Forscher, dass ein reines Handyverbot ohne pädagogische Begleitung wenig Wirkung zeige.

Dunord Hagar
24. April 2025 - 5.19

@JJ
Auf Neudeutsch gesagt… „da bin ich voll bei Ihnen!‘

fraulein smilla
23. April 2025 - 14.17

Tik Tok auf Walkie Talkies ?

JJ
23. April 2025 - 8.38

"Erstens fühlten sich einige Schüler gestresst und ängstlich, wenn sie ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten tagsüber nicht erreichen konnten. "
Ach. Man fragt sich wie wir Alten und die noch Älteren überleben konnten.Bei solchen Kommentaren muss man doch von der Schädlichkeit dieses Instruments ausgehen.
Tamagochi-Effekt könnte man dieses Syndrom nennen. Schöne neue Welt.
Und da wird noch nicht von der unwiderruflichen Kurzsichtigkeit bei Kindern gesprochen.
"Mens sana in corpore sano und auf der Nase eine dicke Brille."