Dienstag28. Oktober 2025

Demaart De Maart

EditorialWährend ganz Europa nach politischer Stabilität ruft, zettelt die CSV-DP-Regierung zu Hause einen Klassenkampf an

Editorial / Während ganz Europa nach politischer Stabilität ruft, zettelt die CSV-DP-Regierung zu Hause einen Klassenkampf an
Regierungsmannschaft: das Kabinett Frieden in der Chamber  Archivfoto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

„Komplett abschaffen will den Sozialdialog keiner, auch nicht der Premier“, sagte CSV-Arbeitsminister Georges Mischo am Montag im Tageblatt-Interview. In der Zeit, als Luc Frieden nicht mehr Finanzminister und noch nicht Premier war, wollte er schon den Sozialdialog nicht komplett abschaffen, doch ihm weit weniger Bedeutung zumessen. Er wolle „keine langen Diskussionen“ um Verteilungsfragen wie bei der Tripartite, sondern eine Plattform, auf der große Themen „im Trilog“ debattiert werden, ohne Entscheidungen zu treffen, sagte der damalige Handelskammerpräsident 2020 dem Land. Drei Jahre später schrieb er als Formateur in das CSV-DP-Koalitionsabkommen, die Instrumente des Sozialdialogs würden reformiert, das Gesetz zu den Kollektivverträgen überarbeitet. Im Oktober drohte Georges Mischo damit, den national repräsentativen Gewerkschaften ihr Exklusivrecht zur Verhandlung von Kollektivverträgen zu entziehen. Als OGBL und LCGB im Dezember eine Gewerkschaftsfront bildeten, erfand Frieden den „Sozialdësch“ und ließ seine „Trilog“-Fantasie unter Ausschluss der Öffentlichkeit Wirklichkeit werden.

Das „Lëtzebuerger Modell“ hat keineswegs „en DP-Fundament“, wie die Liberalen am Sonntag auf ihrem Kongress behaupteten. Das Fundament für den Luxemburger Korporatismus legten 1934 während der Weltwirtschaftskrise die bis dahin eher verfeindeten LCGB und BMIAV, die Vorvorgängerorganisation des OGBL. Als Reaktion auf die Regierungsbeteiligung des unternehmerfreundlichen DP-Vorläufers „Radikal-Liberal Partei“ unter dem rechtsliberalen Premier Joseph Bech bildeten sie eine Allianz – eine „Gewerkschaftsfront“. Ihr gemeinsamer Protest führte 1936 zur Schaffung des „Conseil national du travail“ (aus dem 1945 das nationale Schlichtungsamt wurde). Mithilfe der Regierung, die eine „fonction de facilitateur et d’incitateur à la négociation collective“ übernahm, wurden 1936 erste Kollektivverträge in der Stahlindustrie vereinbart, wie der Historiker Adrien Thomas vergangenes Jahr im Land darlegte. Ein sozialer Fortschritt war das vor allem deswegen, weil die Stahlbarone sich jahrelang geweigert hatten, die Gewerkschaften als Verhandlungspartner anzuerkennen.

Das Ziel des „Lëtzebuerger Modells“, das auf der katholischen Soziallehre beruht, besteht seit fast 90 Jahren darin, Klassenkampf zu vermeiden und den sozialen Frieden zu bewahren. Sozialdemokraten und Christsozialen ermöglichte es, die revolutionären Kommunisten politisch auszugrenzen. Die Gewerkschaften nahmen eine gesetzliche Beschränkung ihres Streikrechts in Kauf, unter der Bedingung, dass der Staat sich dazu verpflichtet, zwischen ihnen und den Unternehmerverbänden zu vermitteln. Mit dem Kollektivvertragsgesetz von 1965 und der Institutionalisierung der Tripartite während der Stahlkrise wurde das „Lëtzebuerger Modell“ gefestigt.

Im Laufe der Jahrzehnte erlaubte es den jeweiligen Regierungen, auf Sozialkonflikte schlichtend einzuwirken. Selbst wenn Tripartiten manchmal fehlschlugen, es zu friedlichen Protestaktionen und 1982 zu einem Generalstreik kam, stellte keine Regierung die kollektive Verhandlung – das Fundament des „Lëtzebuerger Modells“ – in Frage. Das hat sich vor einem Jahr geändert.

Was die CSV-DP-Regierung damit bezweckt, ist unklar. Vielleicht hat „den neie Luc“ mit den Gewerkschaften noch eine alte Rechnung offen, weil sie vor 15 Jahren die Tripartite zum Scheitern brachten und mit dazu beitrugen, ihm 2013 den Weg ins Staatsministerium zu versperren. Ohne die CSV hatte der Sozialdialog zuletzt gut funktioniert. Zwar war der OGBL im März 2022 wegen der Verschiebung einer Indextranche auf die Straße gegangen, doch sechs Monate später trug er das nächste Tripartite-Abkommen wieder mit.

Wenn es Luxemburg heute mutmaßlich an „Kompetitivitéit“ und an Fachkräften mangelt, ist das mit Sicherheit nicht die Schuld der Gewerkschaften. Seit UEL und Handelskammer nicht mehr von Industriellen, sondern von kleinbürgerlichen Mittelständlern geleitet werden, hat die Gewerkschaftsfeindlichkeit beim Patronat zugenommen. Während die Welt zu brennen droht und ganz Europa nach politischer Stabilität ruft, fällt Luc Frieden offenbar nichts Besseres ein, als zu Hause einen Klassenkampf anzuzetteln.

JUNG LUC
4. Mai 2025 - 10.18

Diese Regierung wird den Klassenkampf bekommen.
- Arbeitslose Jugendliche
- Überteuerte Mieten ohne Mietdeckel. DP-Profiteure haben diesen abgelehnt
- Jugendliche und junge Erwachsene mieten in Frankreich, Deutschland und Belgien
- Sonntagsarbeit
- Kein Jugendlicher kann sich eine Immobilie kaufen wenn die Familie nicht substantiel hilft.
Der luxemburger Arbeiter und die luxemburger Mittelschicht fühlt sich hintergangen und angeschmiert.

Reinertz Barriera Manfred
1. Mai 2025 - 17.18

Die CSV-DP-Regierung will den Klassenkampf !

Germinal
30. April 2025 - 10.16

Frieden hat das gelernt. BWL-Fuzzi. Erinnern wir uns an die 70-er?

"Fanger ewech vum Index." DP-CSV

Oder dem Satz des Herrn Würth,damals Boss der Arbeitgeber: " Gefühle haben in der Wirtschaft nichts zu suchen."
Investor-Genie und Milliardär Buffet: " Wir sind im Krieg Arm gegen Rech.Und meine Klasse,die der Reichen wird diesen Kampf gewinnen."
Damit wir wissen woran wir sind.

Grober J-P.
30. April 2025 - 9.22

Die Streiter haben Kollektivurlaub, anders ist die Ruhe an der Gewerkschaftsfront nicht zu erklären.
Hatten wir schon Ähnliches 1982 mit der CSV-DP Regierung, oder? Damals hatte die Colette auch komische Ansichten über Gewerkschaften.