8. Dezember 2025 - 8.34 Uhr
Akt.: 8. Dezember 2025 - 8.35 Uhr
Vegan Christmas MarketVorleben statt Aufzwingen: Wie Luxemburg über Veganismus spricht
Luxemburg hat am Wochenende wieder gezeigt, wie bunt, kreativ und genussvoll eine rein pflanzliche Lebensweise sein kann. Der Vegan Christmas Market im Bonneweger Kulturzentrum lockte an zwei Tagen mit rund 40 Ständen Hunderte Besucherinnen und Besucher an – mit kulinarischen Highlights, nachhaltigen Geschenkideen und intensiven Gesprächen über eine Bewegung, die längst in der Luxemburger Gesellschaft angekommen ist. Das Tageblatt war vor Ort, hat beobachtet und zugehört: Was bewegt Menschen zum Veganismus? Und wie spricht man darüber, ohne zu bevormunden?

„Wollen Klischees abbauen“
Barbara Ujlaki, Präsidentin der Vegan Society Luxembourg, betont im Gespräch: „Uns geht es darum, zu zeigen, dass es vegane Optionen gibt – und zwar hier, regional, von Luxemburger Betrieben. Viele Menschen wissen gar nicht, dass man Croissants, Käse oder Kleidung auch vegan bekommen kann. Wir wollen Klischees aus der Welt schaffen: Wir sind normale Leute, wir essen nur anders.“
Für sie ist klar, dass Sensibilisierung nicht über Druck funktioniert: „Man darf niemandem etwas aufzwingen. Das bringt nichts. Was funktioniert, ist Aufklärung – erklären, warum Tiere leiden, wie z.B. Milchindustrie und Fleischindustrie zusammenhängen. Viele wissen das schlicht nicht. Wenn man es ruhig erklärt, öffnen sich die Menschen.“

„Es geht ums Vorleben“
Auch Miriam Agat, Designerin von Simple Animal Design, erzählt, wie sie schon als Jugendliche den Schritt zum Vegetarismus wagte: „Ich war 15, habe Berichte über Massentierhaltung gesehen und wusste: So kann ich das nicht unterstützen. Später an der Uni habe ich Tierrechtsaktivisten kennengelernt – da wurde mir klar, vegetarisch reicht nicht.“
Heute produziert sie vegane, fair hergestellte Kleidung und lebt mit ihrem ebenfalls vegan lebenden Kind in Luxemburg. Und sie kennt die Herausforderungen jenseits der eigenen Küche: „Es ist gesellschaftlich manchmal schwieriger als ernährungstechnisch. Auf Kindergeburtstagen bringe ich immer einen Kuchen mit, damit mein Sohn sich nicht ausgeschlossen fühlt.“

Ihre Erfahrung beim Sensibilisieren? „Man muss es vorleben. Ohne Druck. Menschen beobachten und übernehmen dann vielleicht etwas davon.“ Sie erzählt von einer ehemaligen Mitbewohnerin, die unbemerkt vegan wurde – einfach, weil Agat es vorgelebt hatte. „Es breitet sich aus, ohne dass man etwas erzwingt. Das ist die beste Art, Menschen mitzunehmen.“
Genuss als Türöffner
Caroline Boulanger, Gründerin von „Bloop Cookies“, setzt auf den Überraschungseffekt: „Die beste Art, Menschen zu sensibilisieren, ist über Produkte, bei denen man gar nicht merkt, dass sie vegan sind.“ Ihre Cookies sind so beliebt, dass vielen gar nicht auffällt, dass sie ohne Eier und Milch auskommen. „Ich schreibe es nicht überall hin“, erklärt sie. „Ich möchte nicht, dass das Wort ‚vegan‘ abschreckt. Viele haben immer noch Vorurteile. Erst wenn sie es herausfinden, sind sie überrascht – und plötzlich offener.“ Ihre Motivation war klar: „Ich bin aus Liebe zu den Tieren vegan geworden. Später habe ich verstanden, dass es auch für die Umwelt wichtig ist. Aber am Anfang war es die Tierethik.“


Auch Naomi Barre, die Gründerin des alternativen Supermarktes „Superette“, sieht ihre Arbeit als Beitrag zur Sensibilisierung. Sie selbst ist keine Veganerin, achtet aber penibel auf Qualität. „Ich suche Marken aus, die natürlicher produzieren.“ Es geht darum, Menschen mit besonderen Ernährungsweisen neue Möglichkeiten zu geben. „Ich will zeigen, dass gesunde Ernährung Spaß machen kann. Viele Menschen mit Allergien oder speziellen Diäten fühlen sich eingeschränkt. Bei uns finden sie neue Produkte, die nicht nur gesund, sondern auch kreativ und bunt verpackt sind. Das ist Teil der Botschaft: Veganismus ist nicht Verzicht, sondern Vielfalt.“

Im europäischen Vergleich
Barbara Ujlaki ordnet die Entwicklung ein: „Luxemburg ist besser aufgestellt als Frankreich, aber nicht so weit wie Deutschland. In Supermärkten ist das Angebot in den letzten Jahren explodiert, Restaurants ziehen nach. Jeder weiß hier, was vegan bedeutet – es ist sozial akzeptiert. Aber es ist noch Luft nach oben, vor allem in Kantinen.“
Die Gespräche auf dem Vegan Christmas Market machen deutlich: Die Wege zum Veganismus sind vielfältig – von ethischen Überzeugungen über ökologische Argumente bis hin zu Genuss. Doch alle Stimmen eint die Haltung, dass Sensibilisierung nicht über Zwang funktioniert. „Man muss informieren, vorleben und überraschen“, fasst Caroline Boulanger zusammen. „So entsteht Offenheit – und vielleicht auch Lust, Neues auszuprobieren.“

Bildlegenden:
1. Zwischen Glühwein, Musik und veganen Köstlichkeiten füllt sich der Saal mit neugierigen Besuchern
2. Bunte Vielfalt am Vegan Christmas Market: Rund 40 Stände präsentieren kulinarische Spezialitäten, nachhaltige Geschenke und kreative Ideen
3. Hoher Besuch: „Kleeschen“ und „Houseker“ lassen am Samstag die Kinderaugen strahlen
4. Barbara Ujlaki, Präsidentin der Vegan Society Luxembourg (3.v.r.): „Wir wollen Klischees abbauen und zeigen, wie selbstverständlich vegane Optionen heute sind“
5. Miriam Agat, Designerin von Simple Animal Design: „Man muss es vorleben – so entsteht Offenheit für den Veganismus“
6. Caroline Boulanger, Gründerin von Bloop Cookies (r.): „Meine Cookies überraschen – viele merken gar nicht, dass sie vegan sind“
7. Naomi Barre, Gründerin der Superette: „Gesunde Ernährung soll Spaß machen – bunt, kreativ und voller Entdeckungen“
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