Donnerstag23. Oktober 2025

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MonarchieVon Tradition und Wandel: Erbgroßherzog Guillaume als „Lieutenant-Représentant“ vereidigt

Monarchie / Von Tradition und Wandel: Erbgroßherzog Guillaume als „Lieutenant-Représentant“ vereidigt
Zur Unterzeichnung des großherzoglichen Erlasses im Palais: Luc Frieden, Großherzogin Maria Teresa, Großherzog Henri, Erbgroßherzog Guillaume und Erbgroßherzogin Stéphanie Foto: Editpress/Julien Garroy

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Erbgroßherzog Guillaume wurde am Dienstag als insgesamt sechster „Lieutenant-Représentant“ in der Geschichte Luxemburgs vereidigt. Dabei handelt es sich um ein Novum: Zum ersten Mal legt der Thronfolger seinen Eid im Parlament ab.

Wenn Neugierde spürbar ist, dann an diesem Dienstagnachmittag. Während sich die Soldaten der Luxemburger Armee auf den großen Moment vorbereiten und die zahlreichen Journalisten noch einmal über den genauen Ablauf der Zeremonie informiert werden, haben sich auch die Abgeordneten vor dem Parlament eingefunden. Ein absoluter Pflichttermin so ganz ohne Debatte steht an, gewissermaßen parteienübergreifend.

Derweil bleiben mehr und mehr Schaulustige vor den Absperrgittern vor dem Palais und der Chamber stehen. Einige stellen berechtigte Fragen zum sich anbahnenden Zeremoniell. Andere wissen schon längst, um was es hier geht. So etwa Bernard und Dominique. Die beiden Belgier sind extra für ein paar Tage aus Tournai angereist. Sie wollen als Zaungäste das recht unspektakuläre Spektakel verfolgen. „Wir sind Monarchisten“, erklärt Bernard euphorisch. „Wir verehren sowohl das belgische Königshaus als auch die luxemburgische großherzogliche Familie.“ Außerdem sei das Schloss der Familie von Prinzessin Stéphanie, das Château d’Anvaing, nur gut zwanzig Kilometer von ihrem Wohnort entfernt, fügt Dominique hinzu. Man sei sozusagen Nachbarn.

Großherzog Henri beim Unterschreiben des Erlasses, durch den Prinz Guillaume „Lieutenant-Représentant“ wird
Großherzog Henri beim Unterschreiben des Erlasses, durch den Prinz Guillaume „Lieutenant-Représentant“ wird Foto: Editpress/Julien Garroy

Begonnen hatte die feierliche Zeremonie um halb vier. Im Palais haben die Fotografen und Journalisten ihre Position früh eingenommen und kommen im gleißenden Licht der Scheinwerfer schnell ins Schwitzen. Geduld ist gefragt. Doch pünktlich, wie es das Protokoll verlangt, betreten Großherzog Henri und Großherzogin Maria Teresa, Erbgroßherzog Guillaume und Erbgroßherzogin Stéphanie sowie Premierminister Luc Frieden den Saal. Großherzog Henri unterzeichnet den großherzoglichen „Arrêté“ (Erlass), durch den Prinz Guillaume „Lieutenant-Représentant“ wird, also sozusagen der Statthalter seines Vaters. Daraufhin unterschreibt Luc Frieden und hält eine kurze Rede. Es sei ein großer Tag in der Geschichte des Landes, und ein seltener Moment dazu, erklärt der Regierungschef. Denn besagte Lieutenants hat es bisher nur fünf gegeben. Außerdem gebe es diesen Titel in anderen Ländern der Europäischen Union nicht. „An der Spitze unseres Landes, so sieht es unsere Verfassung vor, steht der Großherzog als Staatschef“, betont Frieden. „Die konstitutionelle Monarchie, die wir in Luxemburg haben, basiert darauf, die Monarchie mit dem demokratischen Parlamentarismus zu verbinden. Es verbindet die Stabilität und die Kontinuität an der Spitze des Staates mit dem regelmäßigen Ausdruck des Wählerwillens.“

Der Stellvertreter

Die Verfassung sehe vor, erklärt der Premierminister weiter, „dass sich der Großherzog vertreten lassen könne von einer anderen Person, die ein direkter Nachkomme von Großherzog Adolphe sein muss. Und das geschieht heute.“ Frieden verweist darauf, dass es eine verfassungsrechtliche Seltenheit sei. Die Idee stamme aus dem 19. Jahrhundert, als der niederländische König zugleich Großherzog von Luxemburg war. König Willem III. hatte damals seinen Bruder Prinz Henrik zu seinem Stellvertreter in Luxemburg bestimmt. Es war demnach zuerst ein gänzlich praktisches Arrangement. Heute sei es, wie beim Großvater und auch beim Vater des neuen „Lieutenant-Représentant“, so der Regierungschef weiter, eine institutionelle Vorbereitung auf seine zukünftige Rolle als Staatschef.

Die dahinterstehende Idee sei, dass der Staatschef nicht alles selbst machen müsse, sondern seine Aufgaben delegieren könne. Es handele sich also um eine Art Vollmacht vom Großherzog, zum Beispiel um Gesetze und Erlasse zu unterschreiben. Letzterer sei und bleibe alleiniger Staatschef. Großherzog Henri werde weiterhin seine konstitutionelle Macht ausüben können. Als Staatschef repräsentiere er den Staat. „Er ist und bleibt das Symbol unserer nationalen Einheit und Unabhängigkeit“, betont Frieden.

Der „Lieutenant-Représentant“ bedankt sich
Der „Lieutenant-Représentant“ bedankt sich Foto: Editpress/Julien Garroy

Nachdem sich Prinz Guillaume bedankt hat, verspricht er, seine künftigen Aufgaben gewissenhaft zu erfüllen und seinen Vater zu unterstützen. In Windeseile kommt es zu einem Schauplatzwechsel: Im Plenarsaal des Parlaments nebenan warten bereits die Regierungsmitglieder und Abgeordneten, und auf der voll besetzten Tribüne tummeln sich Bürger und Journalisten. Nach einer kurzen Ansprache des Premierministers ergreift Chamberpräsident Claude Wiseler das Wort und erinnert an die Tradition des „sanften“ Übergangs, „die es sonst fast nirgendwo gibt und die 1841 in unsere Verfassung eingetragen wurde“.

Die Tradition lebt weiter

Der „oberste Bürger Luxemburgs“, wie der Parlamentspräsident oft bezeichnet wird, erklärt unter anderem auch, dass die Abgeordnetenkammer an dieser Tradition auch bei der Verfassungsänderung 2023 festhalten wollte. Sie ist in Artikel 58 niedergeschrieben. „Diese Tradition lebt also weiter“, sagt Wiseler. Der Erbgroßherzog leiste zum ersten Mal diesen Eid vor dem Parlament – und dies in öffentlicher Sitzung, was dem Ganzen noch eine besondere Symbolik verleiht. Tradition und Erneuerung würden damit zusammengeführt, so der Parlamentspräsident, der zudem darauf hinweist, dass sich Prinz Guillaume, seit er vor 24 Jahren Erbgroßherzog wurde, bei zahlreichen Tätigkeiten im Land und bei Wirtschafts- und Finanzmissionen im Ausland für Luxemburg eingesetzt habe.

Novum: Der „Lieutenant-Représentant“ legt den Eid im Parlament ab
Novum: Der „Lieutenant-Représentant“ legt den Eid im Parlament ab Foto: Editpress/Alain Rischard

Prinz Guillaume, auf einem Sessel in der Mitte des Plenarsaals sitzend, seitlich knapp hinter ihm der Premierminister, tritt vor ans Mikrofon und leistet seinen Eid: „Je jure d’observer la Constitution et les lois et de remplir fidèlement mes attributions constitutionnelles.“ In seiner darauffolgenden kurzen Rede bedankt sich der „Lieutenant-Représentant“ bei seinem Vater sowie den Abgeordneten und der Regierung für das ihm entgegengebrachte Vertrauen. Der Eid, den er geleistet habe, verpflichte ihn, „alle in unserer Verfassung verankerten grundlegenden Werte nicht nur zu respektieren, sondern sie auch jederzeit zu verteidigen“. Für ihn, seine Frau und seine Kinder beginne ein neuer Lebensabschnitt. Alle Anwesenden im Saal zollen ihm schließlich lange Beifall.

Monarchie und Alltag

Als der Erbgroßherzog aus der Abgeordnetenkammer tritt, erhält er einmal mehr Applaus. Er geht zu der Menge, schüttelt mehreren Zuschauern die Hände, wechselt einige Worte. Unter den Jubelnden ist eine Gruppe junger Irinnen, die sich das Ereignis nicht entgehen lassen wollten. Auch ein US-Amerikaner ist begeistert. „So etwas haben wir nicht“, klingt er fast schon neidisch. Ob er Republikaner oder Demokrat sei, ist an diesem Tag von ihm nicht zu erfahren. Es scheint, als wolle er von der US-Politik zumindest in diesem Moment nichts wissen.

Auch Bernard und Dominique freuen sich. Als der Prinz zu den Zuschauern getreten ist, nutzen sie die Gelegenheit für einen Smalltalk. Sie würden noch etwas bleiben, sagt Dominique später. „Und ganz sicher wiederkommen“, fügt Bernard hinzu. Spätestens zur Thronbesteigung, mit der sie in zwei, drei Jahren rechnen, sind sie wieder hier „in unserer zweiten Heimat“.

Der stolze Vater: Großherzog Henri
Der stolze Vater: Großherzog Henri Foto: Editpress/Julien Garroy

Für einen Moment scheinen die Probleme, denen sich die Politik aktuell stellen muss, von den innenpolitischen bis hin zu den weltpolitischen, wie ausgeblendet. Balsam für die Seelen statt Überdruss. Vielleicht liegt in der Verbindung von Tradition und Moderne wirklich ein Schlüssel zu vielen Lösungen in der Politik. Ein „sanfter“ Übergang, wie er an diesem Tag mehrfach anklang, hat in der Tat Seltenheitswert bekommen. Doch der Alltag ist schnell wieder zurück.

Die Kontinuität via Monarchie gehört nicht zuletzt zu den Pfeilern eines konservativen Staatsverständnisses – muss es aber nicht unbedingt. In vielen Ländern haben auch linke bis Mitte-Links-Regierungen mit Königen harmoniert, sei es beispielsweise in Schweden oder heute noch in Spanien und dem Vereinigten Königreich. Auch hierzulande hat die Gambia-Regierung (2013-2023) die Monarchie nicht in Frage gestellt.

Der Prinz beim Shake-Hands mit der Menge
Der Prinz beim Shake-Hands mit der Menge Foto: Editpress/Alain Rischard

In einem Podcast haben Großherzog Henri und Prinz Guillaume unter anderem darüber gesprochen, dass sie die Monarchie als „Dienst an der Nation“ sehen. Sie biete durch Kontinuität, Stabilität und Neutralität Orientierung. Der Großherzog sorge für die Einheit in der Bevölkerung. Eine der Hauptaufgaben des Monarchen sei es, diese nationale Einheit zu wahren. Hierbei diene die familiäre Einheit als Vorbild. Prinz Guillaume sieht durchaus Modernisierungsmöglichkeiten, betont aber die Bedeutung der Tradition.

Familienbild mit Premierminister
Familienbild mit Premierminister Foto: Editpress/Julien Garroy

Schultheis Ben
9. Oktober 2024 - 12.54

Ech froe mech, ob déi Zeremonie do néideg war? Wa mer houfereg sinn als énzecht Land an eiser Verfassung e Passage ze hunn, den 1841 dragesat ginn ass, an dem mer zu dëser Zäit nach esou eng Wichtegkeet zoukomme loossen, dann ass dat éischter eng Ursaach fir ze iwwerdenken, op mer haut nach op déi Wuerzelen ugewise sinn an eis net awer mussen op d'Realitéit vun engem Liewen astelle, wat alles ewéi net romantesch ass a wou eng Partie knallhaart Problemer op eng Léisung waarden.