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US Open Von Schmach zurück ins Endspiel: Anisimova greift nach Titel

US Open  / Von Schmach zurück ins Endspiel: Anisimova greift nach Titel
Freude bei Amanda Anisimova nach dem Einzug ins Finale der US Open Foto: AFP/Charly Triballeau

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Ihr Wimbledon-Finale ging als Debakel in die Tennis-Historie ein. In New York gibt Amanda Anisimova ein imposantes Comeback auf der Grand-Slam-Bühne. Im Endspiel kann sie es krönen.

Im Moment ihres zweiten Finaleinzugs auf der schillernden Grand-Slam-Bühne kniete Amanda Anisimova auf dem blauen Hartplatz nieder. Ein paar Mal schlug sie mit der Hand auf den Boden. Dann beugte sich die amerikanische Tennisspielerin nach vorn, legte ihre Stirn ab und hielt inne. Was für einen Unterschied acht Wochen machen können. Keine zwei Monate nach dem geschichtsträchtigen wie denkwürdigen 0:6, 0:6 und Tränen im Wimbledon-Endspiel kann Anisimova bei den US Open am Samstag ein Tennis-Märchen schreiben. Im packenden Halbfinale rang sie Japans Tennisstar Naomi Osaka 6:7 (4:7), 7:6 (7:3), 6:3 nieder. Eindrucksvoll zeigte sie, dass sie sich von Wimbledon erholt hat.

Mit einem Erfolg gegen Titelverteidigerin und Topfavoritin Aryna Sabalenka könnte sie sich als US-Open-Siegerin in die Tennis-Geschichte eintragen. Im Wimbledon-Halbfinale hatte sie die Nummer eins der Tennis-Welt besiegt.

Gegen Zweifel gestemmt

„Es bedeutet mir die Welt. Ein Traum wird wahr“, sagte Anisimova wenige Minuten vor 1.00 Uhr Ortszeit. „Ich bin jetzt im Finale und versuche, mich darauf vorzubereiten. Ich bin einfach nur aufgeregt – es ist etwas ganz Besonderes.“ Zumindest im Halbfinale zeigte sie, dass sie Zweifel überwinden und mit Druck, der für eine US-Spielerin in der Heimat höher sein mag, umgehen kann. Als sie ihre emotionale Achterbahnfahrt gegen Osaka erklären sollte, lächelte sie. Sie habe die meiste Zeit gedacht, das Match würde ihr entgleiten, räumte sie ein. 

Sie ließ sich nicht unterkriegen von Rückständen, von einem schwachen ersten Tiebreak mit zu vielen vermeidbaren Fehlern. Nicht davon, dass Osaka kurz vor dem Sieg stand. Nicht von ihren zwei vergebenen Matchbällen. Erfolgreich kämpfte sie gegen die negativen Gedanken an, mit denen sie ins Match gegangen war. „Ich hatte das Gefühl, dass ich wegen meiner Nervosität nicht mein Tennis spielen konnte“, erzählte Anisimova. Immer wieder habe sie sich aber eingetrichtert, es schaffen zu können. Schon den ganzen Tag.

Anisimova hat in ihrem Leben schon Schlimmeres durchgemacht als eine Klatsche im Wimbledon-Finale. Einst entzückte sie als Teenagerin die Tenniswelt. Im Alter von 17 stand sie im Halbfinale der French Open, wenig später starb ihr Vater und Trainer Konstantin mit 52 Jahren. Anisimova kehrte nach einer kurzen Auszeit auf die Tennis-Tour zurück, doch sie verlor irgendwann die Lust. Im Mai 2023 teilte sie mit, dass sie mit mentalen Problemen und Burnout kämpfe. 

Revanche geglückt

An diese schlechten Zeiten erinnerte sie auch in New York. Und mit dem Wimbledon-Finale musste sie sich zwangsläufig auseinandersetzen. Am 12. Juli war sie gegen Iga Swiatek überfordert gewesen, hatte danach bitterlich geweint. Eine solche Schmach hatte es zuvor nur 1911 beim Rasenklassiker gegeben. In der modernen Ära der Grand Slams verpasste nur Steffi Graf 1988 im Finale der French Open Natascha Zwerewa diese Höchststrafe. 

Das Drama war nicht vergessen, als Anisimova im Viertelfinale der US Open der Polin Swiatek wieder begegnete. Und so schmerzhaft es war, sie schaute sich das Wimbledon-Endspiel vorher noch einmal an, um daraus zu lernen, zu sehen, was sie vermeiden müsse. Und dann revanchierte sie sich gegen Swiatek – in zwei Sätzen. Auf ihr nächstes Grand-Slam-Finale gegen Sabalenka fühlt sie sich besser vorbereitet. Die Weißrussin kam mit einem 4:6, 6:3, 6:4 gegen Anisimovas Landsfrau Jessica Pegula zum dritten Mal in Serie ins New Yorker Endspiel. 

In Wimbledon sei sie nach jedem Sieg vor Überraschung „total geschockt“ gewesen, blickte Anisimova zurück. „Ich habe wirklich an mir gearbeitet, um mit solchen Momenten umgehen zu können und an mich zu glauben, auch wenn es sich so anfühlt, als gäbe es nichts, woran man glauben könnte.“ Schon den Halbfinaleinzug hatte sie als „surreal“ bezeichnet. Es kann vielleicht noch surrealer werden … (dpa)