Sonntag19. Oktober 2025

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EditorialVerkehrsberuhigung ist nicht optional

Editorial / Verkehrsberuhigung ist nicht optional
Hätte eine bauliche Verkehrsberuhigung den Unfall in Limpertsberg verhindern können? Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Das Bild ist dramatisch: Ein Auto liegt auf dem Dach, ein weiteres steht direkt daneben. Vor zwei Wochen wurden bei einem Verkehrsunfall in Limpertsberg sechs Menschen verletzt. In einem offenen Brief wenden sich etwa 200 Anwohner und Anwohnerinnen mit einer Forderung an die Gemeinde: konkrete Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit im Viertel. Richtig, denn eine 30er-Zone ohne ausreichende Verkehrsberuhigungsmaßnahmen ist keine 30er-Zone.

Der Grund für den Unfall ist bisher nicht offiziell bekannt. Laut Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) sei ein Auto  „wahrscheinlich mit enormer Geschwindigkeit unterwegs“ gewesen. Dass Geschwindigkeit die dominierende Ursache für Verkehrsunfälle ist, bestätigt sich jedes Jahr aufs Neue. Laut der Unfallbilanz des Verkehrsministeriums waren 22 Prozent der Schwerverletzten und 42 Prozent der Todesopfer im Jahr 2023 auf überhöhte oder unangemessene Geschwindigkeit zurückzuführen. Umso wichtiger, darauf zu achten, dass die Geschwindigkeitsbegrenzungen eingehalten werden – und dafür reichen ein paar Schilder nicht aus.

Das wissen auch die Anwohner und Anwohnerinnen von Limpertsberg, die in ihrem Brief die Einführung struktureller Maßnahmen fordern, „um die Einhaltung der 30-km/h-Beschränkung in Limpertsberg in der Umgebung von Schulen zu gewährleisten“. Die Reaktionen der Gemeindeverantwortlichen wirken wenig überzeugend. Bürgermeisterin Polfer weist darauf hin, dass Busse durch die betroffenen Straßen fahren müssen. Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, die den Busverkehr nicht unnötig behindern – als würde es das nicht geben. Aber man muss es auch wollen. Mobilitätsschöffe Patrick Goldschmidt (DP) sagt währenddessen, die Fahrbahn der Victor-Hugo-Straße sei bereits verengt. Dort würde man automatisch langsamer fahren, „wenn man sich normal benimmt“. Aber genau das ist das Problem: Bauliche Verkehrsberuhigungen sollen die „unnormalen“ Fahrer davon abhalten, „unnormal“ zu fahren.

Diesem Umstand wird allerdings auch bei der Neugestaltung der rue de Gasperich in Luxemburg-Stadt keine Beachtung geschenkt. Dort soll das Tempolimit auf 30 km/h gesenkt werden – laut Oppositionsmitglied Christa Brömmel von „déi gréng“ ohne bauliche Maßnahmen, wie sie am Montag während des Gemeinderats kritisierte.

Dabei dürfte die Umsetzung für die Gemeinde kein Problem darstellen. Geld und personelle Ressourcen sind genug vorhanden. Und: Es gibt ein Handbuch, das genau erklärt, wie Kommunen vorgehen können, um die beste Lösung für die Verkehrsberuhigung zu finden und umzusetzen. Das Dokument heißt passenderweise „Verkehrsberuhigung“ und wurde 2023 vom Mobilitäts- und Innenministerium zusammengestellt. „Das bloße Aufstellen von Verkehrsschildern zur Geschwindigkeitsbegrenzung kann nicht als wirksame Verkehrsberuhigungsmaßnahme angesehen werden“, steht in dieser Leitlinie.

Schlussendlich fehlt oft der Wille, diese Bauarbeiten durchzuführen. Das ist nicht nur in Luxemburg-Stadt ein Problem, viele andere Gemeinden scheinen diese Maßnahmen ebenfalls als optionales „Nice-to-have“ anzusehen. Doch das sind sie nicht: Sie helfen dabei, Leben zu retten.