Für Interpretationen ließ die glasklare Botschaft des Gastes aus Washington kaum Raum. Russland habe den Energiekonzern NIS 2008 für „eine kleine Summe“ erworben und ziehe nun „mehr Geld aus Serbien, um es in der Ukraine ausgeben zu können“, so der US-Diplomat James O’Brien bei seiner Belgrad-Visite zu Wochenbeginn: „Wir wollen, dass dieser Geldfluss versiegt.“ Die einzige Art und Weise, „das Risiko auf null zu reduzieren“, sei, dass die russische Beteiligung an der NIS „auf null schrumpft“.
Hartnäckig hat sich das zwischen West und Ost schlingernde Serbien bisher der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Moskau verweigert. Nun machen dem russophilen EU-Anwärter die kurz vor dem Abtritt des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden drastisch verschärfte US-Sanktionen gegen Russland zu schaffen. Diese treffen mit dem von der Gazprom kontrollierten NIS-Konzern auch ein serbisches Schlüsselunternehmen: Washington will Belgrad zur Übernahme der Mehrheitsbeteiligung der Gazprom an NIS zwingen.
Als eine Art Morgengabe für Moskaus diplomatische Unterstützung in Serbiens Windmühlenkampf gegen die abgelehnte Unabhängigkeit des Kosovos hatte Belgrad 2008 eine Mehrheitsbeteiligung von zunächst 51 Prozent an der NIS zum Schleuderpreis von 400 Millionen Euro an die Gazprom verscheuert. Mittlerweile halten Gazprom Neft und Gazprom 56 Prozent an dem hochprofitablen Unternehmen. Serbiens Staat ist noch zu 29,78 Prozent beteiligt, die restlichen 13,89 Prozent verteilen sich auf Kleinanleger.
Obwohl Serbien nur noch einen Minderheitsanteil hält, ist die Bedeutung der 5.000 Beschäftigte zählenden NIS für die Wirtschaft und Staatsfinanzen enorm. Laut Berechnungen der Wochenzeitschrift Radar machen die NIS-Umsätze in den letzten Jahren zwischen 4,5 und 6,7 Prozent von Serbiens Sozialprodukt aus: Der Staatshaushalt wird ihr zufolge 2023 gar zu 13 Prozent von den NIS-Abgaben und Zahlungen finanziert.
Die USA forderten den „völligen Ausstieg des russischen Kapitals“ aus der NIS in 45 Tagen, informierte Staatschef Aleksandar Vucic letzte Woche seine Landsleute über die verordnete „Eigentumstransformation“: Bis Ende Februar „müssen wir alles mit Russland geregelt haben“.
Zwar scheint Vucic gewillt, der US-Vorgabe Folge zu leisten. Doch auf welche Weise sich Belgrad aus der amerikanisch-russischen Energiezwickmühle winden will, scheint noch ungewiss. Mit einer bloßen Verringerung der Gazprom-Beteiligung auf unter 50 Prozent will sich Washington keineswegs zufriedengeben. Mit einer „feindlichen Übernahme“ der Gazprom-Beteiligung würden die Belgrader Machthaber nicht nur die Brüskierung ihrer russophilen Wählerklientel, sondern auch ein offenes Zerwürfnis mit Moskau riskieren.
Vucic hofft auf Trump
Zwar beteuert Vucic, dass Serbien bereit sei, die Russen „anständig“ für die Abtretung ihrer NIS-Beteiligung zu bezahlen. Doch für einen marktgerechten Preis in Milliardenhöhe wäre eine erhebliche Neuverschuldung vonnöten. Zudem scheint Moskau zu einem Verkauf kaum gewillt. Die USA und die EU übten Druck auf die „serbischen Freunde“ aus, um Russland zu „verraten“, schäumte in dieser Woche Moskaus Außenminister Sergej Lawrow.
Laut der serbischen „Fonet“-Agentur sollen die USA bereits das Einfrieren von NIS-Mitteln veranlasst haben. Nach starken Kursverlusten ist die NIS-Notierung an der Belgrader Börse diese Woche vorläufig ausgesetzt worden. Ökonomen schließen derweil nicht aus, dass Belgrad sich mit Moskau auf ein „Gentleman-Agreement“ zur offiziellen Übernahme der Gazprom-Beteiligung verständigen könnte, um diese nach Ende des Ukraine-Kriegs wieder rückgängig zu machen.
Der Machtwechsel in Washington dürfte laut Beobachtern zwar kaum zu einer baldigen Zurücknahme der verschärften US-Sanktionen führen. Serbiens Regierungspresse verbreitet jedoch die Hoffnung, dass Belgrad nach der Amtsübernahme von Donald Trump in Washington mehr Gehör finden könnte.
Einerseits pflegt Vucic mit dessen früherem und vermutlich auch künftigem Sonderbeauftragten Richard Grenell enge Kontakte. Andererseits hat Belgrad mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner einen „Deal“ zur Errichtung eines Luxushotels auf dem Gelände der Ruine des 1999 von der NATO zerbombten Generalstabs vereinbart. Vucic schlägt derweil für Belgrad als Austragungsort eines Gipfeltreffens zwischen Trump und Putin die Werbetrommel, von dem möglicherweise auch die Gastgeber profitieren könnten: „Nirgendwo in Europa“ sei die Unterstützung für Trump so groß wie in Serbien.
 
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Wie sieht es eigentlich mit israelischen sanktionen gegen Moskau aus?
Da scheint mir fast nichts zu laufen und Washington macht auch keinen sichtbaren druck.
Irgendwie seltsam😀😀😀