Aufatmen in Brüssel: Die befürchtete Eskalation im Zollstreit mit den USA ist vorerst abgewendet. In einem Telefongespräch mit US-Präsident Donald Trump hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine neue Schonfrist bis zum 9. Juli vereinbart. Das zunächst angedrohte Ultimatum zum 1. Juni ist damit vom Tisch.
Trumps Drohung mit einem Strafzoll von 50 Prozent auf alle EU-Exporte steht zwar weiter im Raum – doch immerhin gibt es nun wieder Raum für Verhandlungen. Außerdem sei der Zollstreit zur Chefsache geworden, freute sich von der Leyens Sprecherin: „Jetzt gibt es endlich auch Gespräche auf der Ebene der Präsidenten.“
Worüber die USA und die EU verhandeln, wollte die Kommissions-Sprecherin nicht verraten. Von der Leyen hat bereits die beiderseitige Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter vorgeschlagen und eingewilligt, mehr Flüssiggas aus den USA abzunehmen.
Regularien ein Dorn im Auge
EU-Handelskommissar Maros Sefcovic soll zudem angeboten haben, über zusätzliche Käufe von Hochleistungs-Chips für Künstliche Intelligenz zu sprechen und gemeinsam mit den USA gegen chinesische Überkapazitäten im Handel vorzugehen. Auch Waffenkäufe sind ein Thema.
Trump reicht dies jedoch nicht. Die Gespräche mit Brüssel führten „nirgendwo hin“, erklärte er am vergangenen Freitag. Der US-Präsident will nicht nur über den Handel, sondern auch über sachfremde Themen sprechen – etwa über die EU-Internetgesetze DSA und DMA, die X-Chef Elon Musk und anderen Trump-Buddys ein Dorn im Auge sind.
Das lehnt von der Leyen ab – jedenfalls bisher. EU-Gesetze ließen sich nicht einfach wegverhandeln, heißt es in Brüssel. Allerdings hat die EU-Kommission bereits mehrere laufende Prüfverfahren nach dem Digitale-Dienste-Gesetz DSA auf die lange Bank geschoben – offenbar aus Rücksicht auf Trump und Musk. Zu welchen Zugeständnissen die Brüsseler Behörde am Ende bereit sein wird, lässt sich schwer abschätzen. Von der Leyen braucht Trump nicht nur für einen Deal im Handel, sondern auch in der Ukraine-Politik. Die EU will die USA zu neuen gemeinsamen Sanktionen gegen Russland überreden – auch dies spielt im Hintergrund eine wichtige Rolle.
EU-Delegation in den USA
Rückendeckung bekommt die EU-Kommission vom Europaparlament. „Nach dem ‚Schlingerkurs‘ der letzten Tage sei Trump offenbar doch an Verhandlungen interessiert“, sagte der Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD). „Wenn der US-Präsident aber nur darauf aus sein sollte, dass die EU seine Forderungen abnickt, ist er auf dem falschen Dampfer. Befehle nimmt die EU nicht entgegen.“
Lange und weitere Vertreter des Handelsausschusses haben sich am Montag auf den Weg nach Washington gemacht, um Vertreter der US-Administration und Konzernchefs zu treffen. Die EU-Delegation will ausloten, wie eine gemeinsame transatlantische Agenda aussehen könnte. Für eine solche Agenda hat sich auch die deutsche Bundesregierung ausgesprochen.
Trump sieht dies offenbar anders. Ihm geht es nicht nur darum, die deutschen und europäischen Exportüberschüsse abzubauen. Er verspricht sich von Strafzöllen auch höhere Staatseinnahmen und neue Anreize für ausländische Unternehmen, sich in den USA anzusiedeln. Mit Großbritannien und China hat er sich bereits auf erste Deals geeinigt; nun geht das Tauziehen mit der EU in die heiße Phase.
De Maart
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