Dienstag25. November 2025

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Fünfter Tag des Bommeleeër-ProzessesUnvollständige, widersprüchliche und falsche Aussagen stehen im Fokus

Fünfter Tag des Bommeleeër-Prozesses / Unvollständige, widersprüchliche und falsche Aussagen stehen im Fokus
Kurz vor dem Beginn des fünften Verhandlungstags Foto: Editpress/ Hervé Montaigu

Am Montagnachmittag standen die mutmaßlichen Falschaussagen der Angeklagten Guy Stebens und Pierre Reuland im Vordergrund. Die beiden früheren Führungskräfte von Gendarmerie und Polizei sollen im Bommeleeër-Prozess von 2013 und 2014 falsch, unvollständig und widersprüchlich ausgesagt haben.

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Maître Georges Pierret und Guy Stebens

Maître Georges Pierret und Guy Stebens Foto: Editpress/Hervé Montaigu

„Nichts als die Wahrheit“ soll vor Gericht gesagt werden, so heißt es jedenfalls in einem Eid. Auf den früheren Polizeigeneraldirektor Pierre Reuland und den ehemaligen Generalsekretär der Polizei Guy Stebens sollen mehr als ein Drittel der Falschaussagen entfallen, die den insgesamt sechs vor Gericht stehenden Angeklagten vorgeworfen werden: auf Reuland 33, auf Stebens 19. In diesem Sinne wurde der fünfte Verhandlungstag vor der neunten Kriminalkammer mit besonderer Spannung erwartet. Die Ermittler tragen während der Verhandlungen die einzelnen Punkte in ihren Ergebnissen zu den beiden Angeklagten vor.

Dazu sagt Georges Pierret, Verteidiger von Stebens, dass es zwar Widersprüche zwischen den Aussagen der Zeugen gegeben habe, aber dass es keine Falschaussagen gewesen seien, um das Gericht in die Irre zu führen. Sein Mandant hatte sich im Prozess 2013/14 mehrfach in Widersprüche verstrickt. Ihm wurde mehrmals ein selektives Gedächtnis vorgeworfen. Der damalige stellvertretende Staatsanwalt Georges Oswald hatte ihm damals bescheinigt, sich vor Gericht lächerlich gemacht zu haben. Auch jetzt werden ihm Gleichgültigkeit und eine fehlende Bereitschaft bezüglich der damals bestehenden sogenannten Insiderspur in den Bommeleeër-Ermittlungen vorgeworfen.

Insiderspur als roter Faden

Einmal mehr rückt diese Spur, die eng mit der Figur von Ben Geiben verbunden ist, der einst die Brigade moobile der Gendarmerie (BMG) aufbaute und leitete, ins Zentrum. Der oftmals als charismatisch beschriebene Geiben galt eine Zeitlang als Hauptverdächtiger der Bommeleeër-Affäre im Zuge der Insiderspur und wurde im Oktober 1985 beschattet. Er steht weder als Angeklagter noch als Zeuge vor Gericht. Diese Piste sei ein „roter Faden“ und ein Schlüsselelement der gesamten Ermittlungen, so der zuständige Ermittler. Die Spur galt als aussichtsreichste bei der Suche nach den Attentätern. Doch genau diese wurde nach dem Anschlag auf den Justizpalast in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober fallengelassen. Denn Geibens Beschattung wurde abgeblasen. Warum dies so war, haben weder der damalige BMG-Leiter Reuland noch Stebens bis heute beantworten können.

Guillaume Büchler und Pierre Reuland
Guillaume Büchler und Pierre Reuland Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Nach einem Brief des damaligen Staatsanwalts Robert Biever vom 24. Januar 2008 an Luc Frieden, zu jener Zeit Justiz- und Polizeiminister, enthob der heutige Regierungschef sowohl Reuland als auch Stebens von deren Ämtern. Reuland wurde später vorgeworfen, in der Affäre mehr zu wissen, als er sage, die Ermittlungen zu behindern und Informationen zurückzuhalten. Er soll damals Druck auf die Ermittler ausgeübt haben, mit Äußerungen wie: „Ihr kommt bis zu einem bestimmten Punkt, und dann ist Schluss.“ Dies habe er dem ersten Substitut Robert Welter gesagt. Dabei habe er diese Aussage relativiert, betont sein Anwalt Me Roland Assa nach dem fünften Verhandlungstag. Es habe sich um eine „administrative Sprache“ gehandelt, so der Verteidiger am Ende des Verhandlungstages. Reuland fühlte sich demnach falsch verstanden.

„Kleine Fische“ und „Hochgestellte“

Am 18. Oktober 1985 soll es am Sitz der BMG zu einem Treffen zumindest von Stebens mit zwei Gendarmen der „Groupe d’observation et de recherche“ (GOR), einem Agenten des Geheimdienstes (SREL) und Jos Steil, Reulands Stellvertreter bei der BMG, gekommen sein. Ob Reuland dabei war, konnte nicht gesagt werden. Später stellte sich heraus, dass er auf einem Lehrgang und am Abend des Anschlags auf einem Empfang beim Bischof war. Steil hätte schließlich Entwarnung gegeben und gesagt, dass Geiben nicht nach Luxemburg kommen würde. Dabei wurde sein Ex-Vorgesetzter, mit dem er sich später noch traf, noch im Land gesehen.

Welter gegenüber habe Reuland behauptet, dass die Verantwortlichen der Anschläge ganz oben zu suchen seien. Zwar nicht so hoch wie der Großherzog, aber hoch. Außerdem sei es nicht nur eine Person. Man sei ihnen dicht auf den Fersen. Immer wieder habe Reuland seine Aussagen relativiert, so die zuständige Ermittlerin – und hätte sich wohl unter anderem auf das geheime Netzwerk „Stay Behind“ der NATO bezogen. Auch der frühere Generalstaatsanwalt Robert Biever hatte im Bommeleeër-Prozess darauf hingewiesen, dass die Angeklagten Marc Scheer und Jos Wilmes nur „kleine Fische“ seien. Der eigentliche Urheber stehe nicht vor Gericht. Biever sprach von „im Staat hochgestellten Personen“, die für die Anschläge verantwortlich seien. Und die Täter seien Insider. Dass eine weitere Beschattung von Ben Geiben näheren Aufschluss hätte bringen können, liegt heute nahe. Doch dies sollte nicht sein. Warum Reuland bestritten hat, von Geibens Beschattung gewusst zu haben, ist eine zentrale Frage auch in diesem Prozess.

Ihr kommt bis zu einem bestimmten Punkt, und dann ist Schluss

Pierre Reuland, ehemaliger Generaldirektor der Polizei

Zuversichtlich: Pierre Reuland (links) und Maître Roland Assa (Mitte)
Zuversichtlich: Pierre Reuland (links) und Maître Roland Assa (Mitte) Foto: Editpress/Hervé Montaigu