Samstag1. November 2025

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Verteidigung„Trump-Flüsterer“ Mark Rutte tritt diese Woche als neuer NATO-Generalsekretär an

Verteidigung / „Trump-Flüsterer“ Mark Rutte tritt diese Woche als neuer NATO-Generalsekretär an
Ruttes Sicht auf Russland ist seit 2014 durch den Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs MH17 über der Ostukraine geprägt Foto: AFP/Mikko Stig/Lehtikuva

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Drei Monate lang war Mark Rutte weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden, am Dienstag steht er wieder im Rampenlicht. Dann tritt der Niederländer den Posten des NATO-Generalsekretärs an. Im Brüsseler Hauptquartier übernimmt der frühere Regierungschef den Stab von dem Norweger Jens Stoltenberg, der Berichten zufolge zur Münchner Sicherheitskonferenz wechselt.

Rutte übernimmt den Posten in Krisenzeiten. Der 57-Jährige muss die Ukraine-Hilfen mit organisieren, Kriegsdrohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin kontern und die Allianz bei einem möglichen Sieg des früheren US-Präsidenten Donald Trump gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris Anfang November zusammenhalten.

In seiner Politiker-Karriere bekam Rutte so einige Spitznamen ab. Zum Beispiel „Trump-Flüsterer“, weil es ihm gelang, den damaligen US-Präsidenten zu besänftigen. Dies könnte wichtig für die NATO werden, sollte Trump nach der US-Präsidentschaftswahl am 5. November ins Weiße Haus zurückkehren.

In seiner ersten Amtszeit hatte Trump die NATO für „obsolet“ erklärt, für hinfällig. Einen NATO-Gipfel mit Trump rettete Rutte im Jahr 2018 nach Angaben von Teilnehmern, indem er den US-Präsidenten im Dauerstreit um die angeblich zu niedrigen Verteidigungsausgaben der Europäer milde stimmte.

Zudem gab er Trump bei einem Besuch im Weißen Haus Widerworte, als der Republikaner behauptete, ein Handelsstreit mit der EU sei positiv für die USA. „Nein, das ist nicht positiv, wir müssen uns einigen“, sagte Rutte freundlich, aber bestimmt. So viel Direktheit machte selbst Trump sprachlos.

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar nahm Rutte ebenfalls kein Blatt vor den Mund. „Das ganze Gejammere und Genörgele über Trump“ müsse aufhören, forderte der 1,93-Meter-Mann. Die Europäer müssten mit jedem US-Präsidenten zusammenarbeiten, „der auf der Tanzfläche ist“.

In den Niederlanden heißt Rutte auch „Teflon-Mark“, weil Skandale an ihm abzuperlen schienen. Letzteres ermöglichte es ihm, 14 Jahre lang Regierungschef zu bleiben – so lange wie niemand vor ihm. Im November verlor Rutte mit seiner liberal-konservativen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) dann allerdings deutlich die Parlamentswahlen gegen den Rechtspopulisten Geert Wilders.

Mit vielen Vorschusslorbeeren startet Rutte nun in das Amt an der NATO-Spitze. US-Präsident Joe Biden hält ihn für „exzellent“. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nennt ihn eine „gute Wahl für Freiheit und Sicherheit“. Der bisherige Generalsekretär Stoltenberg lobt den Niederländer als „echten Transatlantiker, starken Anführer und Konsens-Vermittler“.

Pianist, Manager, Politiker

Die Niederlande sind federführend an der F-16-Koalition beteiligt, die Kampfjets an die Ukraine liefert. Auf Betreiben Ruttes erfüllt das Land zudem knapp die NATO-Vorgabe, mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Verteidigung auszugeben.

Im russischen Angriffskrieg steht Rutte für Kontinuität. „Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen – für ihre und unsere Sicherheit“, sagte der Niederländer kürzlich. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin nannte er kurz nach dem Überfall im Februar 2022 „kalt, brutal, rücksichtslos“. Ruttes Sicht auf Russland hatte aber bereits ein Schlüsselereignis von 2014 verändert: der Abschuss des Malaysia-Airlines-Flug MH17 über der Ostukraine mit 196 Niederländern unter den knapp 300 Toten.

Privat ist Rutte nach eigenen Worten glücklicher Single. Der Sohn protestantischer Eltern mit sechs älteren Geschwistern beschreibt sich als „Mann der Gewohnheit und der Tradition“. Als junger Mann träumte er zunächst von einer Karriere als Pianist. Doch dann studierte er an der Universität Leiden und arbeitete als Manager beim Konzern Unilever.

In Brüssel wird sich Rutte deutlich einschränken müssen. Mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren wie in Den Haag ist aus Sicherheitsgründen bei der NATO nicht möglich. Auch einkaufen kann der Niederländer künftig nicht mehr ohne Personenschützer. (AFP)