Torhüter Jonathan Joubert: Anekdoten aus 18 Jahren Europapokal

Torhüter Jonathan Joubert: Anekdoten aus 18 Jahren Europapokal

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Der F91-Torhüter Jonathan Joubert bestreitet am Mittwoch gegen den kosovarischen Meister KF Drita sein 50. Europapokalspiel. Es handelt sich um einen Rekord in Luxemburg. Vor 18 Jahren (damals noch beim CS Grevenmacher) gab es im ersten Jahr gleich ein Erfolgserlebnis gegen HJK Helsinki. Geprägt haben den 38-Jährigen aber andere Begegnungen.

Tageblatt: Bevor wir auf deine 49 Spiele im Europacup zurückblicken, erst einmal deine Einschätzung zum KF Drita, dem Meister aus Kosovo, auf den ihr am Mittwoch im Stade Jos Nosbaum (18.00 Uhr) trefft.
Jonathan Joubert: Ehrlich gesagt kann ich noch nicht sehr viel über das Niveau des Gegners sagen. Allerdings denke ich nach den zwei Spielen der Fola (gegen Pokalsieger Prishtina) nicht, dass sie stärker sind als wir. Im Gegenteil. Durch die Analysen dieser beiden Spiele können wir in etwa einschätzen, was auf uns zukommt – und das bedeutet auch: Wir müssen uns qualifizieren. Es dürfte reichen, wenn wir unsere Chancen diesmal besser verwerten.

War die Chancenverwertung denn das Einzige, was dem F91 Düdelingen gegen MOL Vidi (Ungarn) im Weg stand?
Ja, und das meine ich auch ganz genau so. Wir haben uns die Spiele ja noch einmal angesehen. Wir hatten wirklich in den beiden Duellen ausreichend Torgelegenheiten. Aber es fehlte an Realismus vor dem Tor. Warum das so war, keine Ahnung. Aber es ist sehr ärgerlich.

Du hast seit 18 Jahren jeden Sommer am Europapokal teilgenommen und bist damit auch der erste Spieler in Luxemburg, der die 50er-Marke an EP-Spielen knacken wird. Was bedeutet dir diese Zahl?
Für mich sind solche Zahlen natürlich sehr positiv. Es bedeutet nämlich, dass man immer auf mich gezählt hat. Das macht mich sehr glücklich. Andererseits sagt so eine Zahl einem auch, dass es sich langsam, aber sicher auch irgendwann dem Ende zuneigen wird. 2004 war übrigens ein spezielles Jahr, da ich damals für zwei verschiedene Klubs (CSG und F91) gespielt habe, aber das hat alles problemlos geklappt.

Welches war denn in all den Jahren das spektakulärste Spiel im Europapokal?
Da gibt es drei. Eigentlich sind sogar zwei Niederlagen dabei gewesen. Das erste war ein völlig verrücktes Spiel bei MSK Zilina in der Slowakei, das wir am Ende mit 4:5 verloren haben (2007; d.Red.). Dann gab es die 3:4-Niederlage in Salzburg, durch die wir uns trotzdem für die nächste Runde qualifiziert haben. Den spektakulärsten Sieg erlebte ich dagegen in Mostar. Gruszczynski traf in der Nachspielzeit, sodass es nach dem 0:1 aus dem Hinspiel in die Verlängerung ging. Danach haben wir dann sogar noch zwei- oder dreimal getroffen (dreimal; d.Red.). Es war das erste Mal, dass wir eine Runde überstanden hatten (es war 2005 übrigens auch das erste Mal, dass ein Luxemburger Klub eine Champions-League-Runde überstanden hatte; d.Red.).

Die größte Enttäuschung im Europapokal?
Auch davon gibt es mehrere. Dass wir zum Beispiel gegen die Studenten des UC Dublin ausgeschieden sind, war eine riesige Enttäuschung. Das hätte nie passieren dürfen. Auch das Ausscheiden gegen MOL Vidi tut in dieser Hinsicht weh, denn wir hätten die Qualifikation schaffen müssen.

Welches war rückblickend das beste Spiel des F91 auf europäischer Bühne?
Egal, wie man sich dreht und wendet, man endet immer wieder beim Weiterkommen gegen Salzburg. Wir haben es 2012 geschafft, das Heimspiel ohne Gegentor zu überstehen und diesen wichtigen Treffer zu machen. Das war wohl die beste kollektive Leistung, die man sich vorstellen kann.

Welches war der schwerste Abend als Düdelinger?
Eindeutig jedes Mal, wenn es gegen Maribor ging. Und ausgerechnet diesen Gegner bekamen wir gleich zweimal zugelost. Keine der vier Begegnungen war einfach zu überstehen, genau wie bei Ludogorets Rasgrad. Dort ging alles sehr schnell, sie ließen den Ball schnell laufen und griffen uns permanent an.

Die größte Sensation?
Da wären wir dann wieder bei Salzburg …

In den 18 Jahren durftest du ja auch einige Siege feiern. Welcher war der schönste?
Es gab ja auch nicht unbedingt eine Unmenge davon (lacht) … (insgesamt zehn Siege, sieben Unentschieden und 32 Niederlagen; d.Red.). In Mostar war die Stimmung aber ganz besonders. Ich erinnere mich an die Vereinsverantwortlichen, die nach dem Spiel in den Umkleidekabinen vor Freude geweint haben. Alle waren an diesem Abend sehr emotional und die ganze Mannschaft verkörperte eine Einheit, eine Familie. Perfekt war es damals auch nicht, aber es handelte sich um ein super Team. Im Laufe der Jahre hat sich der Fußball entwickelt. Die Mentalitäten und Spieler haben sich verändert und die Qualität innerhalb der Mannschaft hat sich damit auch jedes Jahr gesteigert. Trotzdem, das war wohl eine sehr besondere Gruppe damals.

Welche Reise war mit den meisten Strapazen verbunden?
Noch mal Ludogorets. Zuerst ging es mit dem Bus nach Frankfurt. Von dort dann mit dem Flugzeug nach Budapest, bevor wir erneut drei Stunden Busfahrt vor uns hatten. Die Tage kommen einem einfach unendlich vor.

Und was gab es in all dieser Zeit für lustige und unerwartete Zwischenfälle?
Es muss auf der Reise nach Zilina gewesen sein … Wir saßen schon alle angeschnallt im Flugzeug, bis dahin also auch nichts Ungewöhnliches. Der Pilot versuchte dann allerdings zwei, drei Mal, Vollgas zu geben, um abzuheben. Doch es funktionierte irgendwie nicht. Wir wurden logischerweise alle etwas ungeduldig und nervös. Als dann ein Mechaniker mit seiner Werkzeugkiste auftauchte, wurde es nur noch schlimmer. Doch am Ende ging alles gut. Die andere Anekdote stammt wieder aus Mostar. Bevor wir den Rückflug antreten durften, musste jeder von uns auf die Waage, da wir zu viel Gepäck für die Heimreise dabei hatten. Das Problem war nämlich, dass das Flugzeug gleich beim Start über einige Berge hinwegkommen musste. Bei mir persönlich hat sich die Flugangst über die Jahre gelegt, aber diese Erfahrung war damals nicht ganz ohne …

Und verschwundenes Gepäck?
In Tel Aviv waren wohl einige nach dem Spiel spätabends noch zum Strand, und zwei Spieler haben dann morgens in der Hektik ihre Koffer in einen falschen Bus gepackt. Es war alles weg, was sie dabei hatten.

Und zum Abschluss: An welche Auswärtsreise erinnerst du dich besonders gern?
2012, noch unter Trainer Didier Philippe, haben wir einen Kurztrip nach Italien gemacht. Damals standen wir in der ersten Runde der Champions League Tre Penne aus San Marino gegenüber. Wir sind dann gemeinsam nach Rimini gefahren und haben dort am Strand ein Beachturnier organisiert. Tel Aviv ist eine wunderschöne Stadt, auch wenn man eigentlich nicht viel davon sieht. Kosovo ist in dieser Hinsicht nicht unbedingt top, aber wir fahren auch nicht dahin, um etwas zu sehen, sondern um uns zu qualifizieren.